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Dienstag, 16. April 2024
Untersuchung im stationären Einzelhandel

Gekommen, um zu schauen

Hintergrund | Stefanie Bruckbauer | 26.06.2013 | | 3  Archiv
Eine SMP-Studie belegt: Kunden nutzen die stationären Geschäfte häufig nur noch zur Information – kaufen aber im Internet. (Foto: Julien Christ/ PIXELIO/ www.pixelio.de) Eine SMP-Studie belegt: Kunden nutzen die stationären Geschäfte häufig nur noch zur Information – kaufen aber im Internet. (Foto: Julien Christ/ PIXELIO/ www.pixelio.de)

Die einen sagen „Showrooming“, die anderen nennen es „Beratungsklau“. Gemeint ist das selbe: Der Kunde holt sich die Informationen im Geschäft, lässt sich beraten, um dann im Internet zuzuschlagen. Mehr als 81% der von SMP befragten Verbraucher haben das schon einmal gemacht, sie haben sich trotz fester Kaufabsicht im Ladengeschäft mindestens einmal entschieden, online zu kaufen. Eine Befürchtung wird immer größer: Stationäre Einzelhändler verlieren durch die Digitalisierung der Einkaufswelt zunehmend ihre Machtstellung.

Kunden nutzen die stationären Geschäfte häufig nur noch zur Information – kaufen aber im Internet. Das belegt eine repräsentative Handelsstudie der Strategieberatung SMP AG. Mehr als 81% der befragten Verbraucher haben sich trotz fester Kaufabsicht im Ladengeschäft mindestens einmal entschieden, online zu kaufen. Mehr als 92% werden dabei ihrem Händler untreu und wechseln zur Konkurrenz. „Die Händler sprechen von der Showrooming-Bedrohung, bei der ihre stationären Flächen nur noch zum Schauen, Anfassen und Beraten dienen“, erklärt Fritze von Berswordt, SMP-Partner und Autor der Studie, die einmal im Jahr erhoben wird.

Der Blick auf einzelne Anbieter zeigt, dass reine Handelsunternehmen mit vergleichbaren Produkten besonders unter der Transparenz im Markt und zwischen den Kanälen leiden. Sie verlieren die meisten Kunden, wenn diese statt im Laden im Netz zuschlagen: Unter den zehn am stärksten von „Wechslern“ betroffenen Unternehmen arbeiten neun nach diesem Geschäftsmodell. „Einige Branchen steuern auf einen Online-Verkaufsanteil von 30% oder mehr zu.“

Im Rahmen der Studie wurden Endkunden unter anderem nach ihrem Kauf- und Wechselverhalten bei bestimmten Händlern befragt. Die Antworten zeigen: „Besonders unter Kundenschwund im stationären Geschäft leiden derzeit die Elektronikanbieter.“ Allein bei Media-Markt in Deutschland wechseln knapp 60% der Kunden von stationär zu online und gleichzeitig zur Konkurrenz. Aber auch Kaufhäuser mit Schwerpunkt Textilien verlieren eine große Menge von Kunden, wenn diese nach dem Showrooming im Internet kaufen.

Gerade das breite, preislich vergleichbare und überall zu beziehende Sortiment macht Einzelhändler zu leichten Opfern für Online-Shops“, sagt von Berswordt. Eine stärkere Stellung haben im Vergleich dazu die vertikalisierten Händler. So wandern bei Deichmann und C&A lediglich ein Fünftel aller Kunden zu anderen Anbietern ab, sobald sie vom stationären Laden ins Internet wechseln. Bei H&M sind es 31%, bei S. Oliver 36%. „Wer ein vertikalisiertes Konzept besitzt, hat gleichzeitig mehr Alleinstellungsmerkmale.“ Doch auch stationären Handelsunternehmen kann es gelingen, sich online zu profilieren – wenn sie konsequent Strategien für ein wettbewerbsfähiges Online-Angebot umsetzen. „Eine relevante Sortimentsgröße, wettbewerbsfähige Preise und Serviceleistungen sind Faktoren, mit denen man sich erfolgreich vom Wettbewerb abgrenzt“, ist von Berswordt überzeugt.

Auch im deutschen Handelsverband sieht man eher die Chancen. „Es ist keine Einbahnstraße“, so Sprecher Hertel gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. „Wir sehen es nicht so, dass der stationäre unter dem Online-Handel leidet.“ Mit gut verknüpften Angeboten auf beiden Kanälen ließen sich zusätzliche Kunden locken.

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Kommentare (3)

  1. Lokale Strukturen Vs. World Wide Web.

    Jeder kleine Fachhändler hat ein überschaubares Sortiment auf ebenso überschaubarer Fläche mit jeweils individuellen Stärken und Schwächen.
    Dies akzeptiert jeder Kunde!

    Um langfristig überleben zu können muss man, meiner Meinung nach, die Erwartungen der eigenen Kunden zu erfüllen.
    Wenn nun firmeneigene Aussagen (durch Werbung, Koop-Werbung, ect.) nicht im vollen Umfang erfüllt werden, so wird möglicherweise auch die Erwartung der Kunden, die aufgrund solcher Aussagen ins Geschäft kommen, enttäuscht.
    Und das verzeihen mögliche Kunden nicht!

    Darum: „Nichts versprechen, was man dann auch nicht halten kann! Intensiv mit den Kunden kommunizieren (Werbung, Mailings ect.).

    Ich glaube auch, dass man eigentlich nur erfolgreich im Wettbewerb bestehen kann, wenn man sich positiv erlebbar vom lokalen oder regionalem Mitbewerb unterscheidet und seinen Betrieb permanent „steuert“ – agiert, nicht reagiert – in Bewegung bleibt.
    Das bedeutet, ständig an sich zu arbeiten, denn wir werden jeden Tag von unseren Kunden „gefordert und geprüft“! Es werden eigentlich keine Durchschnittsleistungen akzeptiert! Man muss „besser“ als alle anderen sein – permanent Spitzenleistungen bringen!
    Wie man das anstellen soll? Das ist gerade die große Kunst – den richtigen Weg für den eigenen Betrieb zu finden!

    „Sinkende Spannen“ zwingen uns zu „höheren Umsätzen“ und daher in eine Abhängigkeit von wenigen Lieferanten und auch dazu, „die Ellbogen auszufahren“ um uns beim Jahre lang befreundeten Mitbewerb „unbeliebt zu machen“, weil wir dazu auch „dessen Gebiet bearbeiten müssen“!

    Das „Internet“ und auch der „Flächendiskont“ arbeitet leider nicht mehr nur mit dem Ellbogen, sondern mit der großen Keule! Aber auch mit klaren Versprechen, die immerhin erfüllt werden!
    Und das akzeptiert auch jeder Kunde!

    Nur: „WER ist UNSER KUNDE – und vor allem WARUM kauft er/sie manchmal bei uns ein und WIESO nur bestimmte Produkte und WAS aus WELCHEN GRÜNDEN nicht?“

    Sehr viele Fragen in einem Satz!

    Was hindert uns eigentlich daran, unseren Kunden solche Fragen zu stellen (Fragen gewissenhaft ausarbeiten z. B. mit Gewinnspiel – auch im Internet)? Und dann aus den erhaltenen Antworten „hoffentlich“ die richtigen Schlüsse für eine erfolgreiche, neue oder geänderte Firmenstrategie zu ziehen, Daten zu Interessensgebieten und Wünschen von Kunden zu erhalten (eigentlich genial, oder?). Diejenigen Kunden, die dabei mitmachen, wollen ja eigentlich bei uns kaufen!

  2. Am Mond 🙁

    Dass der Einzelhandel zunehmend in Bedrängnis ist, kann eigentlich niemandem entgehen. Außer man hat ein Einkommen, welches es nicht nötig macht Preise zu vergleichen. Das dürfte wohl bei manchen Funktionären in höheren Positionen der Fall sein.

    Wenn ich mich recht erinnere, hat Hartlauer es vor einigen Jahren mal mit „Beratungsgutscheinen“ versucht, welche man (vor Weihnachten oder so) kaufen konnte und die beim Kauf eines Produktes dann abgezogen wurden. Habe ich danach aber nicht mehr gesehen. Schätze das hat auch nicht funktioniert.

    Auch ich habe ein Durchschnittseinkommen und vergleiche Preise. Ich wäre auch bereit im Einzelhandel mehr zu bezahlen, wenn ich dort ordentliche Beratung bekommen würde. Leider muss ich aber auch immer wieder feststellen, dass diese „Ware“ beim Großteil der Verkäufer nicht „erhältlich“ ist. Resignierend trete ich dann die Recherche nach Produkt-Eigenschaften/Eignung im Web an, lese Kommentare und Berichte von Anwendern in der Hoffnung dass diese Real sind. Das ist auch zeitaufwändig und diese Zeit würde ich gerne dem Verkäufer im lokalen Geschäft vergüten. Wenn ich aber nach 1-2 Stunden Web-Lesen ein Produkt besser kenne (oder zumindest dies glaube) als der Verkäufer im Ort… warum soll ich dem 10-20% mehr bezahlen als beim OnlineShop XY??

    Ich schätze den stationären Handel sehr und war auch selbst dort tätig. Aber da wurden noch Fachmagazine gelesen und jeder Kollege hat sich in seinem Bereich neue Produkte angesehen und Informationen darüber beschafft. Nie wusste ein Kunde mehr über ein Produkt, als der Verkäufer. Heute sind wir „overshopped“ wie der Gewinn gerade geschrieben hat. Zu viele Verkäufer im gleichen Einzugsgebiet erhöhen das Risiko an eine Niete zu kommen. Das frustriert zusätzlich und treibt die Leute erst recht zum Online-Shoppen.

    Ich fürchte es werden noch viele stationäre Händler verschwinden (gute und schlechte).

  3. „Wir sehen es nicht so, dass der stationäre unter dem Online-Handel leidet.“

    Lieber Gott sag mir doch wo lebt denn dieser Handelsverband?

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