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Freitag, 26. April 2024
Neue Angebote erfordern neuen Regulierungsansatz

PROdigitalTV-Symposion: TV- und Web-Inhalte künftig gleichberechtigt

Multimedia | Wolfgang Schalko | 08.10.2013 | |  Archiv
ORS-GF Michael Wagenhofer berichtete vom erfolgreichen DVB-T2-Start in Österreich und warnte vor den Risiken einer völligen Lockerung der Werbezeitenbeschränkung.  ORS-GF Michael Wagenhofer berichtete vom erfolgreichen DVB-T2-Start in Österreich und warnte vor den Risiken einer völligen Lockerung der Werbezeitenbeschränkung.

Beim 31. Medienfrühstück von PROdigitalTV in München war die ORS (Österreichische Rundfunksender) Gastgeber. Die Themen des Symposions lauteten Technologie, Vermarktung und Regulierung in einer neuen Medienordnung.

Michael Wagenhofer und Norbert Grill, Geschäftsführer der Österreichischen Rundfunksender GmbH & Co. KG (ORS) zogen auf dem Symposion eine erste positive Bilanz des vor einem halben Jahr eingeführten neuen Standards DVB-T2. Während in Deutschland noch über die Einführung der nächsten Stufe der digitalen terrestrischen Verbreitung debattiert wird, wurde dieser Standard in Österreich bereits im April dieses Jahres etabliert. simpliTV setzt dabei auf einfaches und bedienungsfreundliches Handling zu kostengünstigen Konditionen.

Der Stellenwert des Video-On-Demand-Marktes in Deutschland war Thema von Dirk Martens, Geschäftsführer des Marktforschungsinstituts House of Research GmbH, Berlin. Hierbei ging es um die wirtschaftlichen Entwicklungschancen und die aktuellen Nutzertrends, die Video-on-Demand-Plattformen (VoD) klar vorne sehen: Während die Videotheken mit ihren physischen Datenträgern schwächeln, steigt die Nutzung webbasierter VoD-Plattformen kontinuierlich an. Ausruhen können sich die ca. 34 deutschen VoD-Anbieter auf guten Prognosen jedoch nicht – durch das Hinzutreten internationaler angebotsstarker Plattformen könnte sich eine rasche Konsolidierung des Marktes ergeben.

Heiko Ahrens, Project & Sales Manager, Axel Springer Digital TV Guide GmbH, und Elmar Möller, stv. Leiter Produktmanagement TechniSat GmbH stellten  Angebot, Inhalt und die Funktionsweise des Online-Dienstes watchmi vor, das in vielen internetfähigen Geräten von TechniSat integriert ist. Mit watchmi können TV-Nutzer individualisierte TV-Kanäle anlegen, die zum Nutzerprofil passende Sendungen vorschlagen und optional auch automatisch aufnehmen. Um das  persönliche  Empfehlungssystem zu konfigurieren, bewerten Nutzer die Programmvorschläge von watchmi. Das System wertet auf dieser Basis die persönlichen Favoriten aus – je länger die Nutzung, desto passgenauer das Programm. Zusätzlich können auf watchmi über 50 voreingestellte redaktionell gepflegte Themenkanäle genutzt werden. Themenkanäle gibt es sowohl für lineares TV als auch für webbasierte On Demand Angebote. Der Nutzer kann mit Hilfe der Fernbedienung umschalten, ohne den Wechsel zwischen linearen TV-Angeboten und webbasiertem Content zu registrieren. Die Finanzierung des Portals soll über personalisierte Werbung erfolgen.

Michael Westphal, CEO & Co-founder TV1.EU-streaming europe stellte mit miniCASTER eine Live Broadcasting- und Streaming-Lösung Live via Internet (KA-band satellite, NewsSpotter) vor, die sich auch an kleinere Anbieter mit hoher Anforderung an Mobilität und Aktualität richtet.

Rundfunk neu erfinden?
In der anschließenden medienpolitischen Diskussionsrunde ging es um die Frage, wie die bereits in der Praxis vollzogene Konvergenz von TV und Internet bei der EU-Regulierung künftig berücksichtigt werden sollte.

Martin Gebrande, Geschäftsführer der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM), sah eine Anpassung des Rundfunkbegriffs, der in Deutschland historisch mit der Entstehung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und dessen Verankerung  im § 5 des Grundgesetzes verbunden ist, als erforderlich, aber auch nicht als unproblematisch an. Man müsse die Frage nach der Abgrenzung, was Rundfunk sei und was nicht, künftig stärker an qualitativen als an verbreitungstechnischen Kriterien bemessen. Die Entwicklung der technischen Möglichkeiten sprenge die herkömmliche Definition von Rundfunk – und auch die Gegebenheiten, auf denen diese Regeln basierten.
Gebrande rechnet für 2017 mit einer EU-weiten Lösung im Bereich der Regulierung und plädierte dabei für eine starke Orientierung am Verbraucherschutz, von dem weitere Fragestellungen abgeleitet werden müssten – wie z.B. der Jugendschutz. Rein quantitative Werbebeschränkungen seien inzwischen obsolet.

Michael Wagenhofer verwies in Bezug auf das geltende Trennungs- bzw. Kennzeichnungsgebot von redaktionellen und werblichen Inhalten auf die wachsende „Medien-Mündigkeit“ der Konsumenten, die daher weniger schutzbedürftig wären als in der Vergangenheit. Er sieht jedoch eine vollständige Lockerung der Werbezeitenbeschränkung kritisch. Eine inflationäre Entwicklung der Werbung führe möglicherweise zum Preisverfall und gefährde damit unter Umständen die Refinanzierungsmodelle anstatt sie zu unterstützen.

Uwe Schnepf, Geschäftsführer des Online Video-Dienstleisters nacamar, plädierte dafür, dass weniger die sich rasch ändernden technischen Rahmenbedingungen, sondern inhaltliche Bewertungen zur Regulierung von Programmanbietern herangezogen werden sollten. Die unterschiedlichen Plattformen mit ihren Geschäftsmodellen sollten sich frei entfalten, und dabei sei entscheidend, die bereits vorhandenen gesetzlichen Regelungen in Bezug auf Jugendschutz, Verbraucher- und Datenschutz einzuhalten bzw. anzuwenden.

Insgesamt bestand Einigkeit darüber, dass weniger Gestaltungsaufsicht, sondern klare Regelungen gegen Missbrauch die Herausforderungen für eine neue EU-Regelung sind, und dass darüber hinaus auch der diskriminierungsfreie Zugang der Anbieter zu den Verbreitungsplattformen entscheidend sei: Das „Must Be Found“ sei das neue „Must Carry“.

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