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Freitag, 29. März 2024
Betrachtungen zum Begriff „gut”

Was braucht‘s, um zu genügen?

Wolfgang Schalko | 06.11.2018 | |  
Schon seit Längerem geistert mir immer wieder folgende Frage durch den Kopf: „Ist gut heutzutage noch genug?” Damit hat es eigentlich etwas vermeintlich recht Simples auf sich: Kaum eine Produktvorstellung, ein Vermarktungskonzept oder ein (Dienstleistungs-)Angebot kommt ohne den Begriff „gut” aus. Und mehr man über die Bedeutung bzw Tragweite dieser drei Buchstaben nachdenkt, umso undurchsichtiger wird das Ganze.

Der Versuch, „gut“ definieren oder erklären zu wollen, fördert nämlich einige jener Schwierigkeiten zu Tage, die symptomatisch für die Entwicklung der Branche sowie der Handelslandschaft sind.

Zunächst ist „gut“ ein wertender Begriff, dem am anderen Ende der Skala „schlecht“ gegenüber steht und wo „brauchbar“, „ok“ oder Ähnliches dazwischen liegt. Mehr würde es für eine grundsätzliche Klassifizierung (fast) aller Dinge gar nicht brauchen. Vorwiegend dem überbordenden „Eifer“ der Marketing- und PR-Agenturen ist es jedoch zu verdanken, dass wir mit Superlativen und Wortschöpfungen konfrontiert werden, die uns glauben machen, es könne alles gar nicht gut genug und mit Sicherheit noch viel besser sein. Spätestens an dieser Stelle wird klar, was das größte Problem dabei ist: „Gut“ und „gut“ sind nicht vergleichbar. Und das treibt in unserer zusehends zahlengetriebenen Welt sämtliche Beteiligte in den Wahnsinn. Denn die wollen werten, Ranglisten erstellen und auf Punkt und Komma zu jeder Zeit ganz genau wissen, was Sache ist. Kurzum: Eine Welt aus Schwarz und Weiß, und ja nur kein bisschen Grau!

Wohin dieser wahnwitzige Versuch, qualitative Aspekte in ein quantitatives Korsett zu zwängen, führen kann, hat nun eine Marke bewiesen, von der niemand – wirklich NIEMAND – noch vor wenigen Jahren auch nur im Traum gedacht hätte, dass es einmal soweit kommen würde: Bose. Fakt ist, dass der US-Konzern – und das sei hier ausdrücklich gesagt: vormals das unbestrittende Liebkind des Fachhandels – kurzerhand vielen von jenen das Vertrauen entzogen und die Partnerschaft gekündigt hat, die ihn über viele Jahre durch ihren unermüdlichen Einsatz groß und erfolgreich gemacht haben. Hätte Bose schon früher begonnen, willkürlich und ohne Berücksichtigung der individuellen Verhältnisse des jeweiligen Händlers (Einzugsgebiet, Betriebsgröße, Bekenntnis zur einzig astrikt Marke, etc.) die Zusammenarbeit an strikten Umsatzgrenzen fest zu machen, wäre man wohl nicht dahin gekommen, wo man heute ist. Denn kaum einer hätte in all den Jahren solchen Vorgaben stets voll genügen können.

Szenenwechsel: Was für eine Genugtuung war es also, im Rahmen der HIGH END-Auftaktpressekonferenz ausgerechnet aus dem Munde der berufsbedingt zahlengetriebenen GfK-Expertin Bettina Steinbrenner in Bezug auf Nutzer von Streamung-Diensten folgenden Satz zu hören: „Hier will gerade auch die junge Zielgruppe von guten Produkten abgeholt werden.“ Und damit wollen wir’s dann auch gut sein lassen…

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