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Dienstag, 23. April 2024
Hot!Media-Saturn gegen Majdic

Redcoon-Rückabwicklung: Theaterdonner oder Altlasten?

Hintergrund | Dominik Schebach | 30.06.2017 | |  Archiv

Die Story von der beabsichtigen Rückabwicklung des Redcoon-Kaufs durch Media-Saturn hat uns nicht ruhen lassen. Die Neubewertung von Redcoon in der Chefetage von Media-Saturn-Mutter Metro kommt jedenfalls nach einer Steuernachzahlung in Millionenhöhe, die zusätzlich zum operativen Verlust die Konzernbilanz belastet hat.

300 Millionen Euro fordert Metro vor einem Schiedsgericht von den ehemaligen Gesellschaftern von Redcoon – darunter auch Hannes Majdic – zurück. Das kann man als Theaterdonner oder Aufarbeitung von frisch zu Tage tretenden Altlasten werten. Als Begründung werden von der deutschen Lebensmittelzeitung, die als erste über die Absicht von Metro berichtete, 60 Verstöße gegen das Kartellrecht genannt, die bis ins Jahr 2009 zurückgehen. Dabei hatte sich Metro-CEO Pieter Haas bei der Vorstellung des Finanzergebnisses für das 2. Quartal 2016/17 Ende Mai noch zur Zukunft von Redcoon bekannt. Das war am 31. Mai 2017.

Am 9. Juni berichtete allerdings die deutsche Lebensmittelzeit von einer Steuernachzahlung von mehreren Millionen Euro, die Redcoon wegen eines Mehrwertsteuer-Karussells nachzuzahlen hatte. Die Staatsanwaltschaft Würzburg hatte wegen der Sache gegen einen Mitarbeiter von Redcoon ermittelt. In dem Fall, der im vergangenen Jahr durch die deutschen Medien geisterte, hatten sich der Online-Händler und Media-Markt immer selbst als Opfer dargestellt. Die verkürzte Mehrwertsteuer muss das Unternehmen nach einer Einigung mit der Steuerbehörde trotzdem nachzahlen. Es ist daher möglich, dass damit die Basis zur Berechnung des ursprünglichen Kaufpreises nicht mehr gestimmt hat. Dieser betrug laut Jahresbericht 2011 125 Mio Euro. – In der Bilanz selbst wurde der Unternehmenswert von Redcoon damals übrigens mit 83 Mio Euro beziffert. Davon hatte Metro im Geschäftsjahr 2015/16 laut Jahresabschluss bereits 34 Mio Euro abgeschrieben. – Was darauf hindeutet, dass schon vorher die Geschäfte beim Pureplayer nicht so gut liefen.

Ob die oben genannte Steueraffäre die Gesamtheit der Altlasten darstellt, muss man abwarten. Media-Saturn selbst gibt zu dem laufenden Schiedsgericht-Verfahren keine Auskunft. Im Quartalsabschluss Q2 206/17 heißt es allerdings unter dem Punkt „Übrige Rechtsangelegenheiten“ zu Redcoon kryptisch:Gesellschaften der METRO GROUP sind Partei beziehungsweise Beteiligte in gerichtlichen und schiedsgerichtlichen Klageverfahren sowie Kartellverfahren in diversen europäischen Ländern. Dazu gehören auch die Ermittlungen der EU-Kommission gegen die Media-Saturn-Unternehmensgruppe und die Redcoon GmbH, die mit Durchsuchungen wegen des Verdachts auf wettbewerbsbeschränkende Abreden mit Lieferanten 2013 beziehungsweise 2015 eingeleitet wurden. Für diese Verfahren wurde, sofern die Verpflichtung hinreichend konkretisiert ist, eine angemessene Risikovorsorge gebildet.“

Ablenkungsmanöver?

Der Zeitpunkt – sechs Jahre nach dem Kauf von Redcoon – lässt allerdings auch andere Interpretationen zu. Media-Saturn-Minderheitseigentümer Erich Kellerhals hält mit seiner Einschätzung nicht hinterm Berg. „Das Tochterunternehmen Redcoon hat Pieter Haas verantwortet, durch seine Fehlentscheidungen wurden große Beträge vernichtet. Jetzt versucht Pieter Haas den Kauf Rückgängig zu machen um von seinem Versagen abzulenken. Solche Gerichtsverfahren dauern Jahre, damit wird vom Versagen vorerst abgelenkt“, schreibt Kellerhals auf seiner Seite.

Metro steht unmittelbar vor der Aufspaltung in einen Lebensmittel- und einen Elektrohandelskonzern, die danach an die Börse sollen. Wie sich das angestrebte Schiedsgerichtverfahren in dieser Situation auswirkt, bleibt offen.

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