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Freitag, 29. März 2024
Geschichten vom Nachtkastel - Teil 3

Die Macht der Worte

Hintergrund | Andreas Rockenbauer | 29.10.2017 | Bilder | |  Archiv
Jeden Abend die Qual der Wahl: Welches darf´s denn heute sein... Jeden Abend die Qual der Wahl: Welches darf´s denn heute sein...

Und wieder sind ein paar Wochen ins Land gezogen, in denen sich nicht nur die politische Landschaft in Österreich verändert hat, sondern auch – in meinem ganz persönlichen Nachtkastel-Mikrokosmos – die Zusammensetzung des Stapels von zu Büchern gebundenem Papier. Trotz der ständigen Veränderungen ist er mir aber dennoch eine liebgewonnene Konstante. Und das wird auch so bleiben... 😉

Nach dem Zuspruch zu meinem monatlichen Outing über die Bewegungen auf meinem Nachtkastel zu urteilen, gibt es in der Branche vermutlich mehr ABNs (Anonyme BücherNarren) als AAs (Anonyme Alkoholiker). Was angesichts der Herausforderungen, denen sich jeder täglich stellen muss, ein schönes Zeichen ist. Eine Unsicherheit bleibt jedoch: Ich weiß nicht, wie groß die Zahl derer ist, die gleichzeitig ABNs und AAs sind…

Ein letztes Mal noch zur Erklärung:

Ich möchte elektro.at am Sonntag nutzen, um einmal im Monat zu berichten, was sich gerade auf meinem Nachtkästchen befindet und warum. Welches Buch den anderen gerade die Show stiehlt oder welches schon Staub ansetzt und dennoch nicht ins Bücherregal muss. Oder welches schon auf der Abschussliste steht und ganz sicher bald verschwinden wird.

 

Was bevölkert aktuell mein Nachtkastel?

Die Fabrikation des Feindes und andere Gelegenheitsschriften (Umberto Eco; dtv)

Träumer – Bekannte und unbekannte Texte (Georg Danzer, Herausgegeben von Franz Christian Schwarz; Ueberreuter)

Hundert schwarze Nähmaschinen(Elias Hirschl; Jung und Jung)

Gespräche über Bewußtsein (Susan Blackmore; Suhrkamp)

Das trügerische Gedächtnis – Wie unser Gehirn Erinnerungen fälscht (Julia Shaw; Hanser)

Unerklärlich ehrlich – Warum wir weniger lügen, als wir eigentlich könnten (Dan Ariely; Droemer)

 

Die Fabrikation des Feindes

Obwohl Umberto Eco, wohl einer der gebildetsten Gelehrten seiner Zeit, vergangenes Jahr im Februar verstorben ist, leben seine Worte in Form zahlreicher Romane und Essay-Sammlungen weiter. Eines davon liegt derzeit auf meinem Nachtkastel und es ist jedesmal eine Freude, es zur Hand zu nehmen. Dem Urteil des Verlags kann ich nur zustimmen: „Einzigartige Geistesblitze eines großen Autors und Gelehrten”.

Klappentext: „Der Mensch kann offenbar ohne Gegner, ohne Feindbilder nicht sein. Das ist das Fazit des titelgebenden Textes in diesem Band, der pointierte Betrachtungen zu aktuellen Fragen sowie Themen aus Kunst, Religion, Geschichte und Geographie enthält.

Von dem Mythos der einsamen Insel bis zur imaginären Astronomie, von eigentümlichen Feinschmeckereien in der Literatur bis zum ´Gespenst des Relativismus´. Anregende, unterhaltsame und immer überraschende Stellungnahmen eines faszinierend kenntnisreichen und leidenschaftlichen Beobachters.”

Nachtkastel-Prognose: Eine Lektüre, die mir noch einige Zeit große Freude machen wird. Allerdings kein Buch, das „in einem Rutsch“ ausgelesen wird.

 

Träumer

Als bekennender Fan des – bei aller Verehrung – letztlich doch immer wieder unterschätzten österreichischen Austropoppers, habe ich eines seiner allerletzten Konzerte vor seinem viel zu frühen Tod besucht, und denke noch gerne daran zurück. Vor allem auch an die Geschichten, die er damals zu jedem Lied erzählte – über dessen Entstehung und den inneren Antrieb, aus einer Idee einen Song zu basteln – mit unter die Haut gehenden Melodien und starken Texten. Unvergessen: ”Loch amoi”, „Es tuat ma lad”, „Lass mi amoi no d´Sunn aufgeh´ segn” und „Des is mei Frau” (vielleicht eines der schönsten Liebeslieder aller Zeiten).

Danzer: „Ich spüre die drehende, kreisende Bewegung meiner Existenz, wie sie eine Schallplatte spüren mag, die den Saphir unausweichlich auf ihr Zentrum zukommen sieht.”

Klappentext: Georg Danzer verstand es meisterhaft, seine Melodien mit Worten zu verstehen, er verfasste aber auch zahlreiche Erzählungen und Kurzgeschichten. Eine Auswahl dieser zum Teil noch unveröffentlichten Werke hat Herausgeber Franz Christian Schwarz in diesem wunderschönen Danzer-Lesebuch versammelt.”

Nachtkastel-Prognose: In diesen schönen Texten werde ich die nächsten Wochen gerne schmökern. Außerdem inspirieren sie mich derzeit, wieder verstärkt Danzer-Songs zu hören…

 

Hundert schwarze Nähmaschinen

Wer mich kennt weiß, dass ich ein Faible für verrückte Bücher habe, die auf eine ganz eigene Art abgedrehte Geschichten erzählen. Bücher, die sich zwar nicht unbedingt experimenteller Sprache bedienen (das strengt mich an und ich kann oft keinen Sinn dahinter erkennen als die Leser zu nerven), sondern solche, die einfach gut und flott geschrieben und ein bisschen irre sind. Vor kurzem bin ich auf meiner Suche (nach dem Franzosen Laurent Binet – „Die siebte Sprachfunktion”) auf den österreichischen Autor Elias Hirsch und seinen – mittlerweile dritten – Roman gestoßen…

Klappentext: „Den Zivi nennen alle nur den Zivi, den sogenannten Betreuer in der Wohngemeinschaft für psychisch Kranke, wo er seinen Zivildienst ableisten soll, nicht anders als die sogenannten Klienten.

Die Schule hat er hinter sich, vorbereitet hat sie ihn aber nicht auf das, was ihn erwartet. Dass es verrückt zugeht, okay. Aber dass es ihm zunehmend schwer fällt zu erkennen, warum die Betreuer Betreuer und keine Klienten sind, macht ihm zu schaffen. Zumal er bald selbst nicht mehr weiß, wohin er gehört, sosehr läuft in seinem Leben plötzlich alles aus dem Ruder

In diesem aberwitzig einfallsreichen, grandios schrägen Roman sind viele Schrauben locker. Elias Hirschl zieht sie an, bis die Zähne vor Lachen knirschen, und dreht sie dann alle noch ein Stück weiter.”

Nachtkastel-Prognose: Das Buch wir bald ausgelesen zurück ins Bücherregal wandern. Und anschließend besorg ich mir die beiden ersten Romane von Hirschl

 

Gespräche über Bewusstsein

Seit etwa einem Jahr zählen die unzähligen ungeklärten Fragen rund um das menschliche Bewusstsein zu meinen (philosophischen) Leidenschaften. Das vorliegende Buch ist ganz hervorragend und bietet einen sehr guten Einstieg in das Thema.

Für viele Neurowissenschafter und Philosophen ist die Existenz des Bewusstseins und damit verbunden jene Frage, wie aus einer Ansammlung aus etwa 100 Miliarden Gehirnzellen und ihren geschätzten 100 Billionen(!) Verbindungen so etwas wie ein Ich-Gefühl entsteht, eine der ganz großen ungeklärten und rätselhaften Fragen unserer Zeit.

Klappentext: „Gespräche über Bewusstsein bietet einen leichtverständlichen Überblick über das gesamte Spektrum gegenwärtiger Bewusstseinsforschung mit all ihren faszinierenden und kontroversen theoretischen Details.

David Chalmers etwa erklärt, warum das Bewusstsein ein solch schwieriges Problem ist, und Susan Greenfield, was man schon bei Sophokles und Euripides Interessantes über Willensfreiheit lernen kann.

Francisco Varela spricht über Zombies, Roger Penrose über John Searle, Searle über Immanuel Kant. Wir erfahren von Vilayanur Ramachandran, warum er nicht meditiert, und von Thomas Metzinger, inwiefern das bewusste Selbst eine Illusion ist.

Das Buch gewährt darüber hinaus einen sehr persönlichen Einblick in das leidenschaftliche Denken der herausragenden Forscher auf diesem Gebiet.”

Nachtkastel-Prognose: Das Buch begleitet mich schon viele Monate und ich lese es bereits zum dritten Mal. Es wird nicht das letzte Mal gewesen sein… Prädikat: Sehr packend!

 

Das trügerische Gedächtnis

Seit jeher interessiert mich das Thema, wie unser Bild von der Wirklichkeit entsteht und wie stark wir uns darauf verlassen können, dass es einigermaßen mit einer (objektiven) Realität übereinstimmt. Das Buch von Julia Shaw wurde mir empfohlen und entpuppte sich als Volltreffer. Es relativiert viel von dem, was ich über die Sicherheit meiner Erinnerungen zu wissen dachte. Beruhigend und zutiefst beunruhigend zugleich. Zumindest wird vieles klarer…

Klappentext: „Wir sind die Summe unserer Erinnerungen. Stimmen diese aber auch? Haben prägende Ereignisse unseres Lebens überhaupt so stattgefunden, wie wir glauben?

Die Rechtspsychologin Julia Shaw erklärt, warum unser Gedächtnis ähnlich wie eine Wikipedia-Seite funktioniert: Sie selber können den Inhalt verändern, aber jeder andere kann es auch. Dabei stützt sich Shaw auf ihre bahnbrechende Forschung, in der sie Probanden davon überzeugte, sie hätten Straftaten begangen, die in Wahrheit nie verübt wurden.

Shaws Erkenntnisse haben kaum zu überschätzende Auswirkungen auf die Arbeit von Polizei und Justiz. Doch das Tappen in die Erinnerungsfalle hat auch fernab der Gerichtssäle Konsequenzen: Wir können uns auf unser Gedächtnis nicht verlassen. Ein verblüffender Einblick in die Mechanismen unseres Gehirns – nach dessen Lektüre Sie Ihren Erinnerungen endgültig nicht mehr trauen werden.”

Nachtkastel-Prognose: Das Buch nehme ich regelmäßig und gerne zur Hand. Es liest sich spannend und bietet interessante Erkenntnisse. Werde ich bis zum Ende aufsaugen…

 

Unerklärlich ehrlich

Die Bücher von Dan Ariely sind stehts ein Lesegenuss. Enttäuscht hat mich bislang nur „Ist doch logisch!”, das mir etwas banal und wenig erhellend erschien. Das vorliegende aber ist nicht nur spannend geschrieben, sondern erzählt auch überaus interessante und lehrreiche Geschichten rund um unser aller Bezug zu Lüge und Wahrheit

Klappentext: „Täglich täuschen wir Kollegen und Bekannte. Aber es ist doch erstaunlich, dass wir weit weniger schwindeln, als wir eigentlich könnten. Dan Ariely, Autor des Bestsellers ´Denken hilft zwar, nützt aber nichts´, eröffnet eine völlig neue Sichtweise auf unser Verhalten und erklärt, warum wir trotz aller lockenden Vorteile keine notorischen Falschspieler sind.”

Nachtkastel-Prognose: Da sich das Buch wie ein spannender Roman liest, wird es erst von meinem Nachtkastel verschwinden, wenn ich den letzten Satz auf der letzten Seite gelesen habe…

Ich wünsche Ihnen allen spannende Lektüre (mit ihren ganz persönlichen Bestsellern) und freue mich immer über Buchempfehlungen!

Fortsetzung folgt…

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