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Donnerstag, 25. April 2024
Hintergrund-Kommentar E&W 7-8/2018

Gar nicht mehr ironisch

Dominik Schebach | 08.07.2018 | |  Archiv

Bundesgremialobmann Wolfgang Krejcik will mit dem Wettbewerbsrecht gegen den Preisvorteil, den große ausländische Versandhändler beim Einkauf genießen, ankämpfen und setzt dazu bei den Herstellern bzw ihren lokalen Vertretungen an (siehe S 19). Das entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Schließlich haben ja in der Vergangenheit viele Lieferanten unter Berufung auf das Wettbewerbsrecht Wünsche aus dem Fachhandel nach besseren Einkaufsbedingungen abgelehnt.

Aber offensichtlich lässt das Wettbewerbsrecht dann doch einen größeren Interpretationsspielraum zu, zumindest wenn es nach dem vom Bundesgremium in Feld geführten Gutachten geht. Dieses bezieht sich auf den §1 des Nahversorgergesetzes. Der Schlüsselbegriff in der Argumentation des Bundesgremiums ist dabei wohl die vom stationären Fachhandel für eine Marke erbrachte Leistung. Wenn der stationäre Fachhandel aufgrund seiner Liefervereinbarungen objektiv mehr Leistung für eine Marke erbringt, als es beim Distanzhandel der Fall ist, dann dürfe dem Fachhandel auch keine schlechteren Konditionen eingeräumt werden. Dabei  spiele auch die Abnahmemenge keine Rolle. Das klingt schon einmal vielversprechend.

Ob diese Interpretation des Nahversorgergesetzes allerdings so etwas wie Waffengleichheit mit großen internationalen Distanzhändlern herstellt, ist aus mehreren Gründen schwer vorstellbar. Denn die internationalen Online-Plattformen verfügen über eine erhebliche Einkaufsmacht gegenüber ihren Lieferanten und das Gewicht des österreichischen Marktes ist in Europa überschaubar. Außerdem muss man den großen Online-Händlern eines lassen, sie agieren in der Regel unheimlich professionell – bei der Logistik und ihren Online-Shops, in der Kundenansprache, bei der Lagerhaltung und dem Beschwerdemanagement. Die hier erzielten Skaleneffekte lassen sich im stationären Fachhandel allein wohl schwer aufholen. 

 Andererseits gibt das Bundesgremium dem Fachhandel hier wichtige Argumente in die Hand, wenn sie mit ihren Lieferanten verhandeln. Und das Wettbewerbsrecht ist kein Papiertiger. Viele Unternehmen aus der Industrie aber auch im Handel haben in den vergangenen Jahren damit recht schmerzhafte Erfahrungen gemacht. Denn die Wettbewerbshüter auf nationaler wie auf EU-Ebene haben nicht nur die Kapazitäten um solche  – oft extrem langwierige und anspruchsvolle – Verfahren durchzufechten, sie haben auch keine Scheu davor, saftige Geldstrafen zu verhängen, wie sie in der Vergangenheit bei durchaus prominente Fällen bewiesen haben. Ob zB die Bundeswettbewerbsbehörde die Sache aufgreift, bleibt natürlich offen. Aber unter den genannten Gesichtspunkten erscheint der Rückgriff auf das Wettbewerbsrecht durch das Bundesgremium auf einmal gar nicht mehr ironisch. Man darf deswegen gespannt sein, wie das Bundesgremium dieses Werkzeug einsetzen wird. Bleibt es da beim angekündigten Schuss vor den Bug derjenigen Lieferanten, oder geht das Gremium in so einem Fall auf Konfrontationskurs? 

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