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Freitag, 29. März 2024
Geschichten vom Nachtkastel – Teil 10

Buntes aus dem Blätterwald

Hintergrund | Andreas Rockenbauer | 28.10.2018 | |  Archiv

Nach etwas längerer Pause sind sie wieder da: Die Geschichten vom Nachtkastel. Und damit es zum Einstieg gleich richtig zur Sache geht, ist die Auswahl durchaus schwergewichtig. Im wahrsten Sinn des Wortes...

Die Zeit der leichten Kost ist vorüber – im Herbst liegen traditionell (ich habe keine Ahnung wieso) eher schwergewichtigere Bücher auf meinem Nachtkastel. Vielleicht hat das mit dem Wetter zu tun… Aber das war die vergangenen Wochen ja fast sommerlich. Egal. Ca. 1.800 Seiten sind es jedenfalls derzeit mit sehr unterschiedlichen – und meiner Meinung nach – hoch spannenden Themen.

Folgende Bücher habe ich gerade „in Arbeit”:

Das Risiko hat seinen Preis – Skin in the Game (Nassim Nicholas Taleb; Sachbuch; Penguin)

Traumwelten (David Lynch und Kristine McKenna, Biografie, Heyne)

Das Feld (Robert Seethaler, Roman, Hanser)

Innovation – Streitschrift für barrierefreies Denken (Wolf Lotter; Sachbuch, Edition Körber)

Neuronale Netze selbst programmieren (Tariq Rashid; Sachbuch; O´Reilly)

 

Das Risiko hat seinen Preis – Skin in the Game

Bekannt geworden ist Nassim Taleb durch seinen weltweiten Bestseller „Der schwarze Schwan”, der mich gefesselt und nachhaltig beeinflusst hat. Sein neuestes Werk ist thematisch wieder hoch aktuell, beginnt zwar etwas holprig, entwickelt sich dann aber durchaus spannend und interessant. „Skin in the game” steht hier für die Haltung, für sein Wirken auch die volle Verantwortung zu übernehmen – sozusagen seine eigene Haut auf´s Spiel zu setzen. Das steht in Widerspruch zum verbreiteten Versuch, bei voller Gewinnmitnahme das eigene Risiko so gering als möglich zu halten, frei nach dem Motto: Wasch mich, aber mach mich nicht nass. Warum es weder Autor noch Übersetzer der Mühe Wert gefunden haben, zu Beginn den Titel zu erklären, bleibt mir ein Rätsel

Klappentext:

Sie dürfen Skin in the Game im hier verwendeten Sinn nicht lediglich für ein Motivationsproblem halten: dass man einfach an den Vorteilen partizipiert (so wird es gemeinhin im Finanzwesen verstanden). Nein. Es geht vielmehr um Symmetrie, eher darum, den Schaden zu teilen, eine Strafe zu zahlen, wenn etwas misslingt.

Dieser Gedanke verknüpft Vorstellungen wie Anreize, Gebrauchtwagenkauf, Moral, Vertragstheorie, Lernen (im realen Leben/an der Universität), den kantischen Imperativ, kommunale Macht, Risikowissenschaft, den Kontakt zwischen Intellektuellen und der Wirklichkeit, die Verantwortlichkeit von Bürokraten, probabilistische soziale Gerechtigkeit, Optionstheorie, anständiges Verhalten, Bullshit-Anbieter, Theologie,…

Mit dem ihm eigenen Furor zeigt Taleb an vielen Beispielen aus unserem Alltag, wo Fairness, Verantwortungsgefühl, Anstand, kurz: Skin in the Game, fehlen und stattdessen billiges Geschwätz, Verantwortungslosigkeit, Egoismus und Blenderei die Oberhand behalten.

Wie „Der Schwarze Schwan” seinerzeit das prophetischste Buch zur weltweiten Finanzkrise war, so ist „Das Risiko uns sein Preis. Skin in the Game” in Zeiten internationaler Turbulenzen und populistischer Bewegungen das Buch der Stunde.

Nachtkastelprognose:

Obwohl die Taleb-Bücher gut lesbar sind, kann man sie dennoch nicht in einem Rutsch auslesen, sondern dazwischen immer wieder Pausen zur Reflexion des Gelesenen einlegen. Wird noch eine Zeit lang mein Nachtkastel bevölkern…

 

Traumwelten

Seit Blue Velvet, Twin Peaks und Wild at Heart ist mir Regisseur David Lynch ein Begriff (weitere Filme: Eraserhead, Der Elefantenmensch, Mulholland Drive,…). Wobei ich mir noch immer nicht sicher bin, welches Gefühl etwa beim mehrmaligen Betrachten von Blue Velvet stärker war: Faszination oder Verstörung… Gewiss ist: Mainstream sieht jedenfalls anders auch. Ganz, ganz anders. Lynch gehört zu den ganz Großen seines Geschäfts und daher ist es auch überaus spannend nachzulesen, wie aus dem kleinen Lynch der große wurde. Das Buch ist nicht nur handwerklich ganz ausgezeichnet gemacht, sondern bietet auch anhaltenden Lesegenuss.

Klappentext:

Ein einzigartiger Einblick in das persönliche und kreative Leben des visionären Künstlers David Lynch, erzählt von ihm selbst und seinen engsten Kollegen, Freunden und Verwandten.

In einer faszinierenden Mischung aus Biografie und Memoire schreibt David Lynch erstmals über seine vielen Kämpfe und auch Niederlagen; wie kompliziert es oft war, seine zahlreichen unorthodoxen Projekte zu verwirklichen.

Lynch kommentiert ungefiltert und auf sehr offene Asrt und Weise die biografischen Ausführungen seiner Co-Autorin Kristine McKenna, die für das Buch über hundert Interviews mit erstaunlich gesprächigen Ex-Frauen, Familienmitgliedern, Schauspielern, Agenten, Musikern und sonstigen Kollegen geführt hat.

Traumwelten ist ein besonderes Buch, das dem Leser tiefe Einsichten in das Leben und die Gedankenwelt eines der schillerndsten und originellsten Künstlers unserer Zeit gewährt.

Nachtkastel-Prognose:

David Lynchs Biografie ist ein Buch, das einen hineinzieht in eine fremde und faszinierende Welt. Es wird – trotz seines enormen Umfangs von weit über 700 Seiten – rasch ausgelesen.

 

Das Feld

Es ist fast ein wenig peinlich, Robert Seethalers „Das Feld” auf dem Nachtkastel liegen zu haben, weil das nicht gerade von großer Individualität und Ideenreichtum zeugt. Warum? Weil es allgegenwärtig ist. Das neueste Buch von Seethaler wurde von der Kritik hymnisch gefeiert und ist in allen Bestsellerlisten des heurigen Jahres zu finden. Nun gut, ich lese es dennoch. Und bin froh darüber… Immerhin ist es nicht mein erster Seethaler und wird wohl auch nicht mein letzter sein.

Klappentext:

Einer wurde geboren, verfiel dem Glücksspiel und starb. Ein anderer hat nun endlich verstanden, in welchem Moment sich sein Leben entschied. Eine erinnert sich daran, dass ihr Mann ein Leben lang ihre Hand in seiner gehalten hat.

Eine andere hatte siebenundsechzig Männer, doch nur einen von ihnen hat sie geliebt. Einer war vernünftig genug, sich seine Träume nicht zu erfüllen. Und einer dachte: Man müsste mal raus hier. Doch dann blieb er.

Wenn die Toten auf ihr Leben zurückblicken könnten, wovon würden sie erzählen? Wäre es eine Geschichte oder die Erinnerung an einen Moment, an ein bestimmtes Gefühl, eine Regung?

Das Feld handelt von den letzten Dingen. Es ist ein Buch der Menschenleben, jedes ganz anders, jedes mit anderen verbunden. Sie fügen sich zum Roman einer kleinen Stadt und zu einem großen Bild menschlicher Koexistenz.

Nachtkastel-Prognose:

Das Feld ist die perfekte Lektüre, um nach einem anstrengenden Tag noch einige Seiten schöner und berührender Prosa zu genießen. Bin schon so gut wie fertig damit. 🙂

 

Innovation

Wolf Lotter kannte ich bislang „nur” von seinen pointierten Einführungs-Essays zum jeweiligen Schwerpunkttheme in meinem Lieblings-Wirtschaftsmagazin brand.eins. Und schätzte ihn, der immerhin zu den Gründungsmitgliedern des Magazins gehört. Der Mann schafft es immer wieder Themen  auf unterhaltsame und scharfsinnige Weise zusammenzufassen und das Wichtigste herauszuarbeiten. Sein neuestes Buch beginnt schon mal vielversprechend…

Klappentext:

Allerorten werden die innovativen Kräfte in Wirtschaft, Technik, Politik und Gesellschaft beschworen – es herrscht eine regelrechte Innovationsinflation. Wolf Lotter, Mitbegründer und ständiger Autor des Wirtschaftsmagazins brand.eins, fordert in seinem Essay einen Kulturwandel: weg von den Routinen der Erneuerung, hin zu einem barrierefreien Denken.

Innovation bedeutet für Lotter die Bereitschaft zu beständiger Infragestellung und zum Experiment. Das heißt, die Forderung nach Interdisziplinarität und Kreativität ernst zu nehmen. Und es heißt auch, den Mut zu Irrtum und Irrweg zu haben und das Feld der Innovation nicht nur den Jungen zu überlassen.

Innovatoren sind Unternehmer”, schreibt Lotter. „Ihre Arbeit braucht Begeisterung, Ausdauer, Nüchternheit, Know-how, Leidenschaft, Pragmatismus, von allem reichlich.”

Nachtkastelprognose:

Zur Lese-Ausstattung dieses Buchs gehört unbedingt ein Notizheftchen inklusive Schreibgerät, um die Ideen, die einem während der Lektüre so einfallen, auch gleich niederschreiben zu können. Wird auch nachdem ich auf der letzten Seite angekommen bin, immer wieder zur Hand genommen werden.

 

Neuronale Netze selbst programmieren

Auf den ersten Blick hat ein solches Buch eher nicht so viel auf einem Nachtkastel zu suchen. Aber erstens ist derzeit das Thema Künstliche neuronale Netze die Basis fast aller Überlegungen Richtung Künstlicher Intelligenz, und zweitens schafft es Tariq Rashid auf unnachahmliche Weise, komplexe Technik nachvollzieh- und verstehbar abzuhandeln. Wer also seinen Fluchtreflex angesichts einiger einfacher mathematischer Formeln kontrollieren kann und genügend Entdeckergeist in sich trägt, wird dieses Buch als Einführung in ein hoch komplexes Thema ganz außerordentlich schätzen. Macht große Lust auf mehr!

Klappentext:

Neuronale Netze sind Schlüsselelemente des Deep Learning und der Künstlichen Intelligenz, die heut zu Erstaunlichem in der Lage sind. Sie sind Grundlage vieler Anwendungen im Alltag wie beispielsweise Spracherkennung, Gesichtserkennung auf Fotos oder die Umwandlung von Sprache in Text. Dennoch verstehen nur wenige, wie neuronale Netze tatsächlich funktionieren.

Diese Buch nimmt Sie mit auf eine unterhaltsame Reise, die mit ganz einfachen Ideen beginnt und Ihnen Schritt für Schritt zeigt, wie neuronale Netze arbeiten:

Zunächst lernen Sie die mathematischen Konzepte kennen, die den neuronalen Netzen zugrunde liegen. Dafür brauchen Sie keine tieferen Mathematikkenntnisse, denn alle mathematischen Ideen werden behutsam und mit vielen Illustrationen und Beispielen erläutert.

Dann geht es in die Praxis: Nach einer Einführung in die populäre und leicht zu lernende Programmiersprache Python bauen Sie allmählich Ihr eigenes neuronales Netz auf. Sie bringen ihm bei, handgeschriebene Zahlen zu erkennen, bis es eine Performance wie ein professionell entwickeltes Netz erreicht.

Im nächsten Schritt tunen Sie die Leistung Ihres neuronalen Netzes so weit, dass es eine Zahlenerkennung von 98% erreicht – nur mit einfachen Ideen und simplem Code. Sie testen das Netz mit Ihrer eigenen Handschrift und werfen noch einen Blick in das mysteriöse Innere eines neuronalen Netzs.

Tariqu Rashid erklärt diese schwierige Materie außergewöhnlich klar und verständlich. Dadurch werden neuronale Netze für jeden Interessierten zugänglich und praktisch nachvollziehbar.

Nachtkastelprognose:

Derzeit pendelt das Buch zwischen Schlaf- und Arbeitszimmer. In letzterem versuche ich die theoretischen Erkenntnisse aus dem Schlafzimmer in die Praxis umzusetzen… 😉

Ich wünsche Ihnen allen spannenden Lektüre (mit Ihren ganz persönlichen Bestsellern) und freue mich immer über Buchempfehlungen!

Fortsetzung folgt…

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