Besuchen Sie uns auf LinkedIn
Mittwoch, 24. April 2024
Buchhaltung auf Abwegen

Geheimcode „KuRikonColMesse”

Hintergrund | Andreas Rockenbauer | 25.11.2018 | |  Archiv
(Foto: w.r.wagner/pixelio.de) (Foto: w.r.wagner/pixelio.de)

Selbst im reifen Alter bin ich ab und zu noch blöd genug, mein Bauchgefühl zu ignorieren. Sonst hätte ich das Abo nämlich nicht bestellt. Aber ich hab´s getan, obwohl mich eine innere Stimme warnte: Lass die Finger von einem Verlag, der seine Produkte anbietet, wie ein Supermarkt eingeschweißtes Aktionsfleisch in der Familienpackung („Cyber Week! Kaufe 3 - zahle 2!"). Andererseits hätte ich sonst nicht erlebt, zu welcher Höchstform die Buchhaltung eines großen deutschen Verlags auflaufen kann...

(Foto: w.r.wagner/pixelio.de)

Es klang ziemlich gut: 13 Ausgaben McLife-Magazin inklusive ePaper für schlanke 49,99 Euro im Auslandsversand. Der Verlag nicht unbekannt: Falkemedia mit immerhin 20 Magazinen und 11 Webportalen im Repertoire. Also bestellte ich Ende Oktober (noch lange vor dem ganzen Cyber-Week-Schwachsinn, dafür pünktlich zum Halloween-Quatsch) und bekam wenige Tage später die Rechnung.

So weit so gut, wäre mein Blick nicht an der Rechnungssumme hängen geblieben: EUR 66,78. Wie das? Ja, das fragte ich mich auch und stolperte über eine seltsame Zeile: „Zuzahlung KuRikonColMesse 16 Euro”. Also rief ich beim Aboservice des Verlags an und fragte eine nette Dame, was es mit dieser ominösen Zeile auf sich hätte.

Das könne sie mir nicht sagen, gab sie zu, mutmaßte aber ins Telefon, dass es sich dabei vermutlich um eine Prämie für die Abobestellung handle. Als ich ihr mit Nachdruck versicherte, bloß ein Abo bestellt zu haben und auf eine Prämie – noch dazu eine, die eine Zuzahlung erforderte – dankend verzichten würde, gab sie sich nicht nur höflich, sondern auch einsichtig und versprach, mir eine korrigierte Rechnung zusenden zu lassen.

Die flatterte auch exakt sieben Tage später in mein eMail-Postfach. Ich öffnete das PDF-Attachement frohgemut und – glaubte meinen Augen nicht zu trauen: Die Rechnungssumme löste – Sie ahnen es vielleicht – ein Déjá-vu-Erlebnis aus: 66 Euro und 78 Cent. Eine alte Bekannte also. Und ja, auch die „Zuzahlung KuRikonColMesse” war wieder da.

Ich wählte die Nummer des Aboservices und konnte dieser Aktion bei allem Ärger auch etwas Gutes abgewinnen: Vielleicht würde ich ja diesmal erfahren, was sich hinter „KuRikonColMesse” versteckte. Nun, ich wurde enttäuscht: Die Dame am anderen Ende der Leitung (diesmal eine andere, aber auch sehr freundlich) hatte nicht den blassesten Schimmer, vermutete aber, dass es sich dabei um eine Prämie … Da unterbrach ich sie und sagte, dass das schon ihre Kollegin geraten hätte, ich aber auf dieses „Was-auch-immer” keinen Wert legte. „Überhaupt kein Problem”, beteuerte auch diese, ich würde eine neue Rechnung ohne Prämie bekommen. Auch das hätte mir schon ihre Kollegin versprochen, wandte ich leicht bockig ein, gab mich jedoch zufrieden, als sie beteuerte, dass das nun „ganz sicher” klappen würde.

Abermals sieben Tage später dann eine Überraschung, die einer gewissen Kreativität nicht entbehrte: Ich bekam nämlich gleich zweimal elektronische Post von Falkemedia. Und jede eMail enthielt – ich lüge nicht – tatsächlich eine Rechnung mit je einer eigenen Rechnungsnummer. Einmal für ein McLife-Abo über 49,99 und einmal 16 Euro für „Zuzahlung KuRikonColMesse”. Ich gebe zu, dass ich da mal ein bisschen sprachlos war.

Als ich mich soweit wieder fit fühlte, um meine Gedanken in verständlichen – nicht allzu beleidigenden Worten zu artikulieren, wählte ich – ja, wieder einmal – die Nummer des Aboservices und ich bin nicht stolz darauf, dass ich zu der (eh auch wieder netten) Dame am anderen Ende der Leitung dann etwas gemein wurde. Nein, ich beschimpfte sie nicht, dazu hatte ich mittlerweile viel zu großen Gefallen an diesem absurden Theater gefunden. Außerdem war Sie persönlich ja nicht verantwortlich für diesen Mist.

Aber ich konnte nicht anders, als mich an diesem armen Wesen, dessen Job es ja bloß ist, die Fehler Anderer abzufedern, mit einem ganzen Haufen Spott abzuarbeiten. Ich glaube, ich lachte sogar immer wieder und das Wort „Fasching” kam auch ein paar Mal vor. Vielleicht auch ein lustiges „Sauhaufen” – aber das kann ich nicht beschwören.

Jedenfalls war die Dame hart im Nehmen und nahm mir das nicht übel: „Im System sehe ich nur eine offene Forderung über 49,99.“ Auf den Einwand, warum ich dann eine zweite Rechnung bekommen hätte, meinte sie, ich solle diese einfach ignorieren. „Ja, das sagen Sie jetzt”, wandte ich ein, „und dann bekomme ich irgendwann eine Mahnung über die 16 Euro”. Nein, das würde nicht geschehen, versprach sie und wiederholte: „Im System sehe ich nur eine offene Forderung von 49,99.”

Ob sie denn zumindest wüsste, wofür dieses „KuRikonColMesse” … „Nein, das kann ich Ihnen leider nicht sagen”, bedauerte sie und überraschte mich damit irgendwie nicht so arg. Aber so schnell wollte ich dann doch nicht aufgeben: „Was ist das eigentlich für eine merkwürdige Buchhaltung, wo Rechnungen verschickt werden, die man dann – ohne zumindest eine Gutschrift bekommen zu haben – nicht zahlen muss? Und wie soll man das als Kunde wissen?”

Darauf packte sie ihren letzten Trumpf aus: „Das ist durch die Umstellung des Abos bedingt” Hääääh? „Ich hatte noch nie ein Abo bei Ihnen.” „Das nicht”, erklärte sie geduldig, aber nach meiner Weigerung mich mit einer – kostenpflichtigen – Prämie „belohnen” zu lassen, musste mein Abo intern umgestellt werden und da würde dann die stornierte Prämie in eine zweite Rechnung „ausgelagert”. Aber ich solle mir kein Sorgen machen, da sei ein Mahnstopp aktiviert, ich müsste diese also nicht zahlen. 

Ich widerstand dem starken Drang, einen ausführlichen Diskurs über buchhalterisches Gebaren zu führen, bedankte mich artig, überwies im Anschluss des Telefonats 49,99 Euro an Falkemedia und bin nun stark verunsichert, ob ich in punkto Buchhaltung und den damit verbundenen Prinzipien nicht möglicherweise Grundlegendes missverstanden habe… Oder einfach über zu wenig Phantasie verfüge. Nun, bis dato habe ich zumindest noch keine Mahnung bekommen. Aber das kann sich ja noch ändern…

Nachtrag

Für alle, die vor zwei Wochen meine kleine Microsoft-Geschichte gelesen haben: Es sieht so aus, als würde das Drama mit kafkaesken Zügen über die volle Distanz gehen: Nach einigen rührenden Interventionen des Microsoft-Supports (das ist nicht ironisch gemeint, der Mann, der mein Support-Ticket wahrscheinlich als Verlierer einer Art russischen Roulettes zugewiesen bekam, ist tatsächlich extrem bemüht – wir lachen bereits beide herzhaft über die ganze Sache und versichern uns regelmäßig unserer gegenseitigen Wertschätzung) hat man dort nun aufgegeben, weil man das Problem nicht lösen kann. Jetzt wurde ich aufgefordert, ein neues(!) Support-Ticket bei „Central Payment” zu aktivieren und dort mein Problem zu schildern. Fünf Wochen nach meinem ersten Hilferuf…

Diesen Beitrag teilen

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

This site is protected by reCAPTCHA and the Google Privacy Policy and Terms of Service apply.

An einen Freund senden