Leadership ist gefragt
Dominik Schebach
Wenn man die Energiewende so wie ich grundsätzlich begrüßt, dann möchte man manchmal an der langsamen Umsetzung verzweifeln. Für das Ziel, die bis 2030 die Elektrizitätserzeugung in Österreich auf 100% Erneuerbare umzustellen, lässt sich die Bundesregierung unverständlich viel Zeit.
Natürlich kostet die Umstellung Geld – sehr viel sogar. Aber gleichzeitig geht es um Chancen, wie auch Vera Immitzer, PV Austria Geschäftsführerin, gegenüber E&W erklärte. Ich möchte hinzufügen, das dabei nicht nur die Installations- bzw Mischbetriebe profitieren können, sondern jeder Elektrofachhändler, der sich als Energieberater seiner Kunden positionieren kann. Schließlich ist die nicht verbrauchte kWh noch immer die umweltfreundlichste.
Aber nicht nur aus der Sicht der Branche bietet die Energiewende eine große Chance. Auch für die österreichische Wirtschaft als Ganzes hält die Umstellung der Versorgung viel positives Potenzial bereit. Ein Hightech-Standort wie Österreich mit einer aufgeschlossenen Bevölkerung bietet gute Rahmenbedingungen für die Entwicklung von neuen Umwelttechnologien – wenn dafür der entsprechende Heimmarkt bereitsteht. Die Energiewende wird damit nicht nur Umwelt-, sondern auch Wirtschaftspolitik. Hier legen wir die wirtschaftlichen Fundamente für die kommenden Jahrzehnte jenseits von Erdöl und Erdgas. Da sollte es doch möglich sein, die notwendigen Prioritäten zu setzen. Dem wird wohl jeder zustimmen und auch lauthals eine entsprechende Förderung der eigenen Industrie einfordern.
Dh aber auch im Umkehrschluss, dass man einige bestehende Pfründe beschneiden muss – auch bei den „eigenen“ Leuten. Da ist Leadership gefragt. Dh nicht, dass man über das Gegenüber drüber fährt, sondern ehrlich versucht, möglichst viele Player an Bord zu holen, und auch frühzeitig erklärt, warum in manchen Bereichen Einschnitte passieren müssen. Diese Leadership vermisse ich allerdings bei unseren Politikern wieder einmal, wenn ich mir den Tanz um das neue Erneuerbare Ausbau Gesetz ansehe. Statt dessen sehe ich bloß ein Herumlavieren.
Wir stehen als Unternehmer aber auch im Privatleben immer wieder vor Entscheidungen, bei denen wir es nicht allen recht machen können, wo man auch selbst einmal ein Opfer bringen muss. Da ist die Versuchung groß, das Thema auszusitzen bzw vor sich herzuschieben. Das kann manchmal funktionieren. Wenn man sich allerdings um diese Probleme auf Dauer herumdrückt, dann rächt sich dies früher oder später. Das ist ungefähr genauso, als ob man den längst überfälligen Besuch beim Zahnarzt immer wieder aufschiebt. Denn manche Probleme lösen sich eben nicht von selbst, sondern werden schlimmer, und als Draufgabe werden die damit verbundenen Chancen von anderen genutzt. Dann hat man zwar die Kosten aus der Umstellung, die Ernte fahren allerdings andere ein. Und das kostet uns, um auf die Frage der Energiewende zurückzukommen, langfristig mehr, als der kurzfristige Schmerz, weil irgendwo eine Förderung zurückgefahren wird.
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