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Donnerstag, 25. April 2024
Bain-Studie zur Unternehmensführung in der Rezession

Weitsichtige Manager deklassieren die Konkurrenz im Abschwung

Hintergrund | Wolfgang Schalko | 14.06.2019 | |  Wissen
Wie Bain herausfand, sind viele Firmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz nicht ausreichend auf eine konjunkturelle Eintrübung vorbereitet. Wer in der letzten Rezession mutig und antizyklisch gehandelt hat, konnte die Konkurrenz weit hinter sich lassen. Wie Bain herausfand, sind viele Firmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz nicht ausreichend auf eine konjunkturelle Eintrübung vorbereitet. Wer in der letzten Rezession mutig und antizyklisch gehandelt hat, konnte die Konkurrenz weit hinter sich lassen. (© Baim & Company) Auf mittlerweile zehn Jahre des Aufschwung wird irgendwann auch wieder eine Rezession folgen. Für Firmenlenker ist es wichtig, sich jetzt auf einen möglichen Abschwung vorzubereiten, die ersten Signale rechtzeitig zu erkennen und sich dafür zu rüsten, die erstellten Krisenpläne dann konsequent umzusetzen. Denn diejenigen Unternehmen, die das letzte Konjunkturtal 2008 und 2009 optimal genutzt haben, konnten die Konkurrenz in den Folgejahren deklassieren. Das hat die internationale Managementberatung Bain & Company im Rahmen zweier Studien ermittelt.

Beide Studien – „Gipfelstürmer: In Konjunkturzyklen zu Gewinnern werden”, die Industrieunternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz im Blick hat, sowie „Beyond the Downturn: Recession Strategies to Take the Lead”, eine Analyse von weltweit 3.900 Unternehmen – zeigen, dass die weltweit besten Unternehmen, die die letzte Rezession besonders gut gemanagt haben, danach durchschnittlich um 13 Prozent pro Jahr gewachsen sind. Die Krisenverlierer hingegen stagnierten. In Deutschland, Österreich und der Schweiz erzielten die Top-Performer unter den Industrieunternehmen in den vergangenen zehn Jahren eine rund 45 Prozent höhere Aktienrendite als ihre Konkurrenten, die sich zu Beginn der Rezession zögerlich oder falsch verhielten.

„Wenn sich ein Konjunktureinbruch abzeichnet, warten viele Unternehmen einfach zu lange ab”, konstatiert Klaus Neuhaus, Leiter der Industrie-Praxisgruppe von Bain im deutschsprachigen Raum. „Gehen Umsätze und Gewinne dann drastisch zurück, gerät das Management in Panik und versucht, das Unternehmen durch extreme Sparmaßnahmen aus der Gefahrenzone zu navigieren.”

Gewinner auf der Überholspur

Ganz anders verfahren Krisengewinner. Sie erkennen eine konjunkturelle Eintrübung nicht nur rechtzeitig, sondern nutzen die wirtschaftliche Schwächephase auch, um sich langfristig vom Wettbewerb abzusetzen. „Eine Rezession ist die beste Gelegenheit, um Konkurrenten zu überholen, denn jetzt werden die Karten neu gemischt”, betont Bain-Partner Christian von Dewitz. „In der Krise sind Fähigkeiten gefragt, die in langanhaltenden Wachstumsphasen gern in Vergessenheit geraten.”

Vorausschauende Unternehmenslenker vermeiden in der Krise strategische Fehler. 2008/2009 behielten sie die Kosten im Griff und setzten ihre Notfallpläne stufenweise um. Kaum deutete sich die Konjunkturerholung an, stoppten sie ihren Sparkurs und schalteten auf Aufschwung um. „Intelligente Kostenprogramme machen den Unterschied”, erklärt Neuhaus. „Nur wer sein Kerngeschäft exakt definiert hat, weiß, in welchen Bereichen Einschnitte am sinnvollsten sind und in welche Zukunftsprojekte trotz Krise weiter investiert werden muss.”

Mit dem richtigen Plan der Rezession trotzen

Die erfolgreichsten Unternehmen folgen einem Vier-Punkte-Plan. Sie wissen über ihr Kerngeschäft genau Bescheid, nutzen verbindliche Frühwarnsysteme, schnüren rechtzeitig Maßnahmenpakete für den Abschwung und sind in der Lage, diese im Ernstfall zügig umzusetzen.

  1. Strategische Perspektive: Genaue Kenntnisse über Kerngeschäft und Marktsegmente sorgen dafür, dass nötige Einschnitte an den richtigen Stellen gemacht werden. Zugleich lässt sich so ausmachen, wo Einschnitte nachhaltigen Schaden anrichten würden und in welchen Bereichen antizyklisch investiert werden sollte. Ein robuster strategischer Finanzplan, der auch in einer rezessiven Phase besteht, gibt der Firmenleitung den notwendigen Spielraum für weitreichende unternehmerische Weichenstellungen.
  2. Konjunkturfrühwarnsystem: Die besten Unternehmen prüfen kontinuierlich, ob Lagerbestände wachsen, das Geschäftsklima kippt, der Preisdruck steigt, Auftragsbestände zurückgehen oder Margen unter Druck geraten. Bespricht das Management diese Entwicklungen regelmäßig, kann es auf Warnsignale schneller reagieren und unverzüglich entsprechende Schritte einleiten.
  3. Skalierbare Maßnahmenpakete: Der vorbereitete Notfallplan wird stufenweise umgesetzt und startet beispielsweise mit dem Abbau der Bestände oder einem Einstellungsstopp. Bestandteil des Plans ist auch, gegebenenfalls Unternehmensteile zu verkaufen, die nicht zum Kerngeschäft gehören. Das übergeordnete Ziel in dieser Krisensituation ist es, die Margen zu stabilisieren und kostenagil zu bleiben.
  4. Umsetzungskompetenz: Schnelles und effektives Handeln setzt voraus, dass die Mitarbeiter die Notwendigkeit des Krisenplans verstehen und mittragen. Zudem muss allen Führungskräften klar sein, wer welche Maßnahmen verantwortet. So wird eine rasche und konsequente Umsetzung gewährleistet.

Fakt ist, dass sich von Unternehmen, die aus Rezessionen gestärkt hervorgingen, viel lernen lässt. „Allerdings ist die letzte Wirtschaftskrise schon zehn Jahre her und die meisten erfolgreichen Manager von damals sind nicht mehr am Ruder”, so von Dewitz. „Deshalb ist es sehr wahrscheinlich, dass so manches Unternehmen beim nächsten Abschwung dieselben Fehler wieder macht.” Wer zu zögerlich sei, verspiele die einmalige Chance, sich vom Wettbewerb abzuheben: „Denn es gibt keine bessere Zeit als eine Rezession, um die Spielregeln in der eigenen Branche zu verändern.”

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