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Donnerstag, 25. April 2024
Deutschland: Warenvernichtung bei Retouren via „Obhutspflicht" einschränken

Handelsverband sieht Regulierung von Retouren kritisch

Hintergrund | Stefanie Bruckbauer | 08.08.2019 | |  Markt
Das deutsche Bundesumweltministerium will per Gesetz die Vernichtung zurückgegebener Neuwaren etwa durch Online-Händler einschränken. Der österreichische Handelsverband kann diesem Vorschlag nichts abgewinnen, wie er in einer Aussendung erläutert. (Bild: Rainer Sturm/ pixelio.de) Das deutsche Bundesumweltministerium will per Gesetz die Vernichtung zurückgegebener Neuwaren etwa durch Online-Händler einschränken. Der österreichische Handelsverband kann diesem Vorschlag nichts abgewinnen, wie er in einer Aussendung erläutert. (Bild: Rainer Sturm/ pixelio.de) Die Deutschen schicken jedes Jahr hunderte Millionen Produkte an Versandhändler zurück, viele davon werden vernichtet. Das deutsche Bundesumweltministerium möchte das per Gesetz einschränken. Der österreichische Handelsverband kann dem deutschen Vorschlag allerdings nichts abgewinnen, wie er in einer Aussendung klarmacht.

Das Problem sind die vielen Millionen retournierter Pakete, von denen ein großer Teil einfach vernichtet wird. Das deutsche Bundesumweltministerium will diese Vernichtung zurückgegebener Neuwaren etwa durch Online-Händler per Gesetz einschränken. Das Ministerium bereite derzeit einen gesetzlichen Rahmen vor, der die Vernichtung von Neuware reglementieren solle, teilte das Umweltministerium im Sommer mit. Es solle eine „Obhutspflicht“ verankert werden mit dem Ziel, rechtlich gegen die „unmittelbare Vernichtung von Retouren oder sonstiger Neuwaren vorgehen zu können“.

Blackbox

Nun reagierte der österreichische Handelsverband auf dieses Vorhaben. Er schreibt: „Was Händler mit neuwertiger Retour- und Lagerware machen, sei eine Blackbox, sagt die deutsche Umweltministerin Svenja Schulze. Daher will sie Handelsunternehmen nun per Gesetz zu mehr Transparenz zwingen und Dokumentationspflichten einführen. Darüber hinaus sollen Betriebe in Deutschland verpflichtet werden, keine zurückgegebenen Neuwaren zu vernichten.

Die Händler sollen über eine sogenannte ‚Obhutspflicht‘ angewiesen werden, Waren gebrauchstauglich zu halten – etwa durch Sorgfalt bei Transport und Aufbewahrung, ermäßigten Verkauf oder Produktspenden. Um die Pflicht konkret auszugestalten, müsste die deutsche Bundesregierung allerdings noch eine Verordnung erlassen und das Kreislaufwirtschaftsgesetz ändern.

„Heimische Händler vernichten keine funktionsfähigen Artikel“

Der österreichische Handelsverband kann dem deutschen Vorstoß nichts abgewinnen. Der Grund: „Es mag im Onlinehandel durchaus Betriebe geben, die Retouren vernichten. Das sind aber keine europäischen Händler, sondern in erster Linie chinesische Anbieter, die ihre Billigware über eCommerce-Plattformen wie Amazon, AliExpress oder Wish in Europa anbieten“, sagt Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will.

Wenn Retouren im eCommerce vernichtet werden, handle es sich in der Regel um geringwertige Artikel, bei denen eine Aufbereitung mehr Geld kosten würde als das Vernichten. „Unsere heimischen Händler vernichten schon aus wirtschaftlichem Interesse keine funktionsfähigen Artikel„, betont Will.

Marktplätze aus Asien & USA in die Pflicht nehmen

Eine Obhutspflicht für deutsche oder europäische Händler hätte demnach keinerlei positive ökologische Wirkung. Im Gegenteil, sagt Will: „Die Verordnung würde lediglich den heimischen Webshops und KMU-Händlern zusätzliche bürokratische Hürden auferlegen. Profitieren würden einmal mehr die milliardenschweren Marktplätze aus Asien und den USA.“

„Seit Jahren weisen wir auf die Ungerechtigkeiten zwischen heimischen und internationalen Onlinehändlern hin – von der dringend erforderlichen Versteuerung ab dem ersten Cent über die Schaffung EU-weiter Konditionen bei der pauschalen Palettenverzollung bis hin zur Einführung einer Plattformhaftung für die Verpackungsentpflichtung. Wir haben bereits drei Löcher im Fass. Kümmern wir uns doch mal um diese drei, bevor wir ein viertes Loch bohren“, appelliert Rainer Will.

Retourenquote 2019 in Österreich gesunken

Im weltweiten Onlinehandel werden mittlerweile rund 286 Millionen Pakete pro Jahr zurückgeschickt, wie der Handelsverband vorrechnet – „würde man all diese Pakete aneinanderreihen, könnte man damit fast 3 Mal die Erde umrunden.“

Wie der Handelsverband anführt, geht die Retourenquote im Onlinehandel hierzulande hingegen nach konstanten Anstiegen in den letzten Jahren erstmals wieder zurück. „Dies da Produkte auf Webshops immer besser beschrieben werden und die vielen positiven oder negativen Kundenbewertungen zu klaren Erwartungshaltungen der Kunden führen. Während 2018 noch 43% der Online-Shopper bestellte Produkte zumindest teilweise wieder retourniert haben, liegt die Retourenquote 2019 bei 41%.“ Eine hohe Retourquoten weise vor allem das Modesegment auf, gegenüber dem Vorjahr zeigt sich jedoch auch hier ein Rückgang. „So ist die Retourenquote bei Bekleidung von 54% auf 50% gesunken“, berichtet Will.

Auf die Frage, was mit zurückgesendeten Waren passiert, erläutert der Handelsverband GF:

  • „Funktionsfähige Artikel (A-Ware; die überwiegende Mehrheit aller Retouren)) werden aufbereitet und wiederverpackt.
  • Artikel, die noch in Ordnung sind, aber kleinere Fehler, Flecken oder Risse aufweisen (B-Ware), werden über eigene oder fremde Abschleuß-Schienen vergünstigt weiterverkauft.
  • Ausschließlich kaputte, nicht reparaturfähige Artikel (C-Ware) werden tatsächlich vernichtet, wenn eine Wiederverwertung aufgrund der starken Beschädigung nicht mehr möglich ist und aus Kundensicht keinen Nutzen hätte.“
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