Besuchen Sie uns auf LinkedIn
Samstag, 20. April 2024
Recht im Handel – Handeln im Recht

Verletzungsgefahr am POS – wie muss sich ein Händler eigentlich absichern?

Hintergrund | Dr. Nina Ollinger | 13.10.2019 | |  Wissen
Beschäftigen wir uns also wieder mit dem vorweihnachtlichen Geschäft und den Geschenken, die in kürze viele Menschen suchen werden. Aus rechtlicher Sicht vielleicht für Sie interessant ist, wie am POS agiert werden soll bzw welch rechtlicher Rahmen in Hinblick auf Verletzungsgefahr, Beschädigungen von Geräten oder überhaupt Produktvorführungen besteht.

Verletzungsgefahr

Generell kann am POS Verletzungsgefahr herrschen, auch das Produkt selbst kann eine Verletzungsgefahr in sich bergen. Der Händler ist angehalten, im Rahmen der ihn treffenden sogenannten „Verkehrssicherungspflicht“ dafür zu sorgen, dass Groß und Klein und damit auch Kinder nicht im Rahmen der Ausstellung von Geräten verletzt werden. Er hat sich daher zu überlegen, wie der Fluss der Kunden läuft, wie und wo Geräte platziert werden, dass diese nicht herabfallen oder einen Mechanismus auslösen, wo insbesondere Kinder sich ihre Finger einzwicken und Ähnliches. Im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht trifft jeden, der einen „Weg“ eröffnet, die Pflicht, dafür zu sorgen, dass dieser Weg von Kunden und sonstigen Personen verletzungsfrei durchschritten werden kann.

Soweit Geräte selbst Verletzungsgefahren in sich bergen, ist zu berücksichtigen, dass bei gefahrenträchtigen Geräten selbstverständlich Aufklärungspflichten zu erfolgen haben. Das kann durch die Gebrauchsanweisung erfolgen, durch einen Aufdruck auf der Verpackung und auch durch einen Hinweis des Händlers. Es empfiehlt sich hier immer, schriftlich zu agieren und jedenfalls eine schriftliche Gebrauchsanweisung dem Produkt beizulegen bzw dafür zu sorgen, dass nur solche Produkte im eigenen Geschäft verkauft werden, die diesen Anforderungen gerecht werden. Denn auch ein mündlicher Hinweis des Händlers ist nur wenig wert, wenn man nicht nachweisen kann, dass man diesen ausgesprochen hat. Schriftlich ist daher auch in diesem Zusammenhang jedenfalls zu bevorzugen.

Beschädigung des Gerätes

Beschädigt nun ein Kunde ein Gerät, ist das eigentlich aus juristischer Sicht relativ eindeutig. Im Rahmen der Schadenersatzpflicht hat der Kunde das Gerät zu ersetzen. Vielfach verzichten Verkäufer zwar darauf; ab einem gewissen Betrag für ein zB Elektrogerät, hält sich da die Kulanz wohl in Grenzen und der Händler ist hier auch auf der juristisch sicheren Seite. Wird freilich das Gerät derart platziert, dass ein Herunterfallen des Gerätes allzu wahrscheinlich ist, wird ein Verschulden des Kunden kaum vorliegen und entfällt damit wohl im Einzelfall auch die Ersatzpflicht.

Der Kunde ist im Übrigen auch nicht berechtigt, Verpackungen wahllos zu öffnen; wenn er bei der Öffnung der Verpackung diese nicht beschädigt und auch den Inhalt dadurch unversehrt belässt, wird der Kunde wohl berechtigt sein, die Verpackung zu öffnen. Wenn eine Versiegelung aufgebrochen wird, darf der Kunde dies grundsätzlich nur dann mit Einverständnis des Händlers machen, wenn das Produkt danach unverkäuflich wird (wie zB bei Lebensmitteln). Möchte man nicht, dass Versiegelungen (zB von CDs) aufgebrochen werden, empfiehlt sich ein schriftlicher Hinweis, dass im Fall des Versiegelungsbruchs die Ware auch gekauft werden muss.

Ausprobieren von Geräten

Grundsätzlich ist es nicht erforderlich, dass der Händler die Möglichkeit bietet, dass Geräte ausprobiert werden können. Es empfiehlt sich sicher bei gewissen Geräten, dass der Händler dies ermöglicht, insbesondere dort, wo die Vorstellungen der Kunden auseinanderdriften und es für den Händler besser ist, wenn der Kunde genau weiß was er kauft, damit nicht allzu viele Reklamationen erfolgen. Insbesondere kann ein sogenannter Irrtum über die Beschaffenheit des Produktes vorliegen, der den Kunden bisweilen auch zur Auflösung des Kaufvertrages berechtigt. Hier kann der Händler wählen, für welches Produkt ein Ausprobieren oder Vorführen für ihn Sinn macht.

Weitere Aufklärungen

Sinnvoll ist es jedenfalls auch, zB bei E-Rollern oder Drohnen auf Geschwindigkeitsobergrenzen bzw Registrierungspflichten und Ähnliches hinzuweisen, andernfalls auch hier der Konsument berechtigt ist, wegen des bereits erwähnten Irrtums vom Kaufvertrag zurückzutreten, etwa weil der Konsument davon ausging, ein Gerät bis zu einer höheren Geschwindigkeit oder in einem anderen Rahmen benutzen zu dürfen, als dies tatsächlich vielleicht vorgesehen ist. Eine grundsätzlich rechtliche Pflicht zur Aufklärung über alle Punkte ist jedoch nicht gegeben; im Einzelfall kann jedoch ein unzufriedener Kunde die Auflösung des Kaufvertrages begehren, wenn er mit dem, was er bekommen hat, letztlich nicht zufrieden ist und das Produkt von seinen Vorstellungen abweicht. Es bleibt Abwägung des Händlers, wie weit er aufklärt.

Zusammengefasst ist es wie meistens: Als Händler und damit Unternehmer ist es sinnvoll, sich im Detail mit den vielen Möglichkeiten, die sich einem bieten, auseinanderzusetzen und dann die entsprechenden Entscheidungen zu treffen und seinen Weg zu gehen. Wer da verunsichert ist, dem bleibt der Weg zu einer konkreten Rechtsberatung, um sich letztlich bestmöglich abzusichern.

RA Dr. Nina Ollinger, LL.M
02231 / 22365
office@ra-ollinger.at
www.ra-ollinger.at

Diesen Beitrag teilen

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

This site is protected by reCAPTCHA and the Google Privacy Policy and Terms of Service apply.

An einen Freund senden