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Freitag, 29. März 2024
Versuch über die Zweisamkeit

Irgendwo im Süden…

Über den Rand | Andreas Rockenbauer | 03.11.2019 | | 1  Menschen
Die Idee des Sonntags-Newsletters war es ja, ganz persönlichen Betrachtungen Raum zu geben, die im besten Fall gar nichts mit jenen Dingen zu tun haben, mit denen wir uns tagtäglich – in gebotenem Ernst – auf dieser Plattform beschäftigen. Diesmal möchte ich diesen Freibrief weidlich nutzen und einen Text (in Dialogform) bringen, der schon ein paar Jahre alt ist, mir aber aus mehreren Gründen für heute passend erscheint: Erstens hat er nichts, aber auch gar nichts, mit unserer Branche zu tun, zweitens jedoch mit einem Thema, das fast jeder auf die unterschiedlichste Weise kennt, drittens spielt er zu einer Jahreszeit, von der uns einige Monate Kälte und Dunkelheit trennen und die man sich auf diese Art vielleicht kurz vergegenwärtigen kann und viertens regt er neben einem Quäntchen Selbstreflexion hoffentlich auch zum stillen Schmunzeln an. Dass die Personen im Text frei erfunden sind, versteht sich von selbst...

Das Setting: Irgendwo im Süden, es ist etwa elf Uhr Vormittags, ein Ehepaar sitzt am Pool.

Er (blickt in die Ferne): Schau, wie die Sonne langsam aufsteigt. Ein Schauspiel der Natur. Da wird einem ganz warm um´s Herz. Atemberaubend.

Sie (fächelt sich mit einer Illustrierten Luft zu): Verdammt heiß wird´s heute wieder.

Er: Wie in einem Theaterstück. Jeden Tag tritt die Sonne auf der Bühne vor das staunende Publikum, wandert auf ihrer vorgegebenen Bahn, verzaubert die Zuschauer und tritt wieder ab. Um im nächsten Akt wiederzukommen. Ein ewiger Kreislauf. Der Inbegriff von Verlässlichkeit. Schön.

Sie (cremt sich die Beine ein): Ich mag´s nicht, wenn das Gewand auf der Haut pickt.

Er: Weißt du, was merkwürdig ist? Man sagt ja, dass – wenn die Sonne untergeht – die Nacht über einen herein bricht. Dabei kommt die Dunkelheit ja eigentlich von unten. In den Bergen ist es im Tal längst dunkel, da ist es weiter oben auf den Gipfeln noch hell. Eigentlich müsste man sagen, dass sich alles mit Dunkelheit füllt. Von unten hinauf.

Sie: Nicht einmal in der Nacht kühlt sich´s  g´scheit ab. Duschen nützt nix. Alles pickt an einem. Grauslich.

Er: Weißt du, ich glaub ja eigentlich nicht an einen Gott, aber wenn man das alles beobachtet, da könnten einem schon so Gedanken kommen…

Sie: Bei der Hitze muss man viel trinken. Und dann schwitzt man alles wieder raus. Und alles pickt. Und der Sand reibt die Haut auf – bis in die Bikinihose. (Sie schüttelt sich angwidert)

Er: Ich habe gelesen, dass auf Santorin der Sand ganz schwarz sein soll. Vom Lavagestein. Das würde ich gerne einmal sehen.

Sie: Und dann kriegt man lauter Brandblasen an den Fußsohlen. Von der Hitze. Na super!

Er: Glaubst DU, dass es einen Schöpfer gibt?

Sie: Wenn du früher aufgestanden wärst, könnten wir jetzt im Schatten liegen. Scheinbar muss man schon um sechs Uhr die Liegen reservieren. Bevor die ganzen Hausmeister kommen. In der Sonne brauch ich einen 50er Faktor. Wenn ich nicht aufpass´, schau ich bald aus wie ein Pergament.

Er: Manchmal denk ich mir, dass es da schon irgendetwas geben muss. Etwas Höheres. (Er zeigt auf den Pool) Schau einmal, wie sich die Sonne im Wasser spiegelt. Licht und Wasser – Symbole des Lebens. Die Natur spricht zu uns, wir müssen ihr nur zuhören.

Sie: Zu Hause wär´s jetzt viel schöner. Und nicht so heiß. Da wär mir sogar Regen lieber.

Er: Ja, Kälte kann auch etwas Feines sein, da spürt man sich so richtig. Und erst der Regen – belebend. Der Geist wird frisch. Und wach.

Sie: Hier wird mir nur das Hirn sauer. Alles pickt.

Er: Dann geh ins Wasser und erfrisch dich.

Sie: Na sicher, und komm mit einem Vaginalpilz wieder heraus.

Er: Das Wasser wird jeden Tag kontrolliert.

Sie: In der Früh vielleicht. Jetzt ist es elf. Schau einmal, wer da aller drinnen ist.

Er: Dann musst du eben bis Mittwoch warten.

Sie: Fahren wir dann nach Hause?

Er: Nein, dann kommt eine Kaltfront.

Sie: Was?

Er: Ja, dann ist es vorbei mit der Hitze. Zehn Grad weniger, Regen.

Sie: Sauwetter!

Er: Geh scheißen!

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