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Donnerstag, 28. März 2024
Verschwörung der Hardware-Hersteller oder doch eher eigenes Verhalten

„Phonespiracy“

Telekom | Dominik Schebach | 03.11.2019 | |  
Die Erwartungen an unsere Smartphone steigen. Wir finden laufend Gefallen an neuen Apps und nutzen die Geräte für immer anspruchsvollere Anwendungen. Dass da irgendwann einmal die Leistung nicht mehr ausreicht und das Gerät wie ein überladener Packesel in die Knie geht, kommt offensichtlich nur den wenigsten in den Sinn. Die Erwartungen an unsere Smartphone steigen. Wir finden laufend Gefallen an neuen Apps und nutzen die Geräte für immer anspruchsvollere Anwendungen. Dass da irgendwann einmal die Leistung nicht mehr ausreicht und das Gerät wie ein überladener Packesel in die Knie geht, kommt offensichtlich nur den wenigsten in den Sinn. Ich muss gestehen, dass ich das Wort „Phonespiracy“ nicht gekannt habe und da auch eher von einer gekonnten Wortschöpfung von HMD ausgehe. Das dahinterliegende Problem ist aber durchaus real: Es geht darum, dass Benutzer sich durch die Hersteller übervorteilt sehen, gleichzeitig aber ihrem eigenen Verhalten eher unkritisch gegenüberstehen.

Glaubt man einer Untersuchung des Herstellers HMD, dem Unternehmen hinter den Nokia Mobiltelefonen, dann ist es um das Vertrauen der Deutschen in ihre Smartphones schlecht bestellt. Weniger als die Hälfte der Befragten „vertrauen“ demnach ihrer Smartphone-Marke und mehr als fünf von sechs wollen zudem, dass ihr Smartphone länger funktioniere als die Laufzeit ihres Handyvertrages. Beinahe jeder Vierte ist zudem laut Untersuchung von HMD überzeugt, dass die Smartphones so konzipiert seien, dass sie bereits nach einem Jahr nicht mehr einwandfrei funktionieren. In Deutschland laufe dies unter dem Schlagwort „Phonespiracy“ – die angeblich bewusst programmierte Verlangsamung, um die Endkonsumenten zum Kauf eines neuen Gerätes zu bewegen.

Im ersten Moment, wie ich die dazugehörige Aussendung gelesen habe, fühlte ich mich an meine ersten PC-Erfahrungen erinnert, als die Leistungssteigerungen auf der Hardware-Seite sofort wieder von den Anforderungen der anspruchsvolleren Software aufgefressen wurden. Oder war es doch umgekehrt, und die neue Generation von Anwendungen machte einfach einen leistungsfähigeren PC notwendig. So sicher konnte man sich da nie sein. Vielleicht war es auch eine Verschwörung von Microsoft und den Hardware-Firmen…

Eigene Verantwortung Fehlanzeige

Ich persönlich tue mir mit solchen Umfragen immer ein wenig schwer, da ich die Fragestellung und Umstände nicht kenne. Aber aus den Ergebnissen spricht dann doch wieder ein Misstrauen gegenüber dem unkontrollierbaren Wirken dunkler Mächte, die einen zum ewigen Konsum animieren möchten. Waren es damals die PCs so sind es heute eben die Smartphones. Dabei wollen die Konsumenten natürlich immer die leistungsfähigsten Geräte, die neuesten Anwendungen und das ganze mit Speicherplatz, schließlich muss man einiges an Apps, Fotos, Videos, Musik usw auf dem digitalen Begleiter seinen Platz finden. – Aber wer will das nicht? Interessanter finde ich allerdings, dass die Konsumenten davon ausgehen, dass ein Gerät sozusagen ohne weiteres Zutun immer up to date bleiben. Hin und wieder wird halt vom Hersteller ein Update eingespielt, aber sonst will man sich eigentlich nicht um das Gerät kümmern. Es soll einfach funktionieren, selbst wenn man dem Smartphone immer mehr aufbürdet. Eigene Verantwortung ist da Fehlanzeige.

Und da liegt im Endeffekt das Problem. Die Erwartungen an unsere Smartphone steigen. Wir finden laufend Gefallen an neuen Apps und nutzen die Geräte für immer anspruchsvollere Anwendungen. Dass da irgendwann einmal die Leistung nicht mehr ausreicht und das Gerät wie ein überladener Packesel in die Knie geht, kommt offensichtlich nur den wenigsten in den Sinn. Die „Phonespiracy“ entpuppt sich als ein Ergebnis der steigenden Anforderungen an die Hardware. Für den Handel ist das natürlich cool. Schließlich kann man den Kunden damit immer neue Geräte verkaufen. Ich sehe eben nur ein Problem: Wir Menschen schieben nur zu gern die Verantwortung ab, weswegen in diesem Fall nicht die eigenen gestiegenen Anforderungen, sondern – erraten – dunkle Machenschaften der Smartphone-Verschwörung für die Unzufriedenheit mit dem digitalen Universalgerät des frühen 21. Jahrhunderts verantwortlich gemacht werden. Wenn man die Konsumenten in dieser Haltung bestärkt, dann erzieht man sich eine Kundenschicht, die jedem neuen Angebot prinzipiell misstrauisch gegenübersteht; jedem Anbieter einer Neuerung zuerst einmal eine unlautere Absicht unterstellt; und gleichzeitig immer mehr fordert.

Dabei können Endkunden selbst viel für die Lebensdauer ihrer Smartphones tun: Ob regelmäßige Updates oder konsequentes Durchforsten der Apps und des Speichers – Möglichkeiten bieten sich an. Ich gehe nicht davon aus, dass jeder Endkunde zum virtuosen Smartphone-Programmierer aufsteigt. Meiner Meinung nach viel wichtiger ist jedoch, dass die Kunden zu einem bewussteren Umgang mit ihrer Hardware angeregt werden. Dieser hilft vielleicht auch einmal, zu erkennen, welche leistungsfähigen Minicomputer wir hier eigentlich mit uns herumtragen – und was die Grenzen der eigenen Hardware sind. Für den Handel muss das kein Nachteil sein. Schließlich hat er es dann nicht mit unzufriedenen Konsumenten zu tun, die angefressen sind, weil ihr Smartphone schon wieder nicht wie gewünscht funktioniert, und deswegen zum Billigstanbieter wechseln, sondern einen interessierten Kunden vor sich, der die angebotenen Geräte auch wirklich zu schätzen weiß – und deswegen auch hegt und pflegt, sowie das angebotene Zubehör kauft. Aber das ist eine andere Geschichte.

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