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Mittwoch, 24. April 2024
Internationaler James Dyson Award 2019

Kunststoffalternative aus Fischabfall

Über den Rand | Stefanie Bruckbauer | 14.11.2019 | |  Auszeichnungen
Aus Fischabfall eine biologisch abbaubare Kunststoffalternative bieten: Lucy Hughes aus England überzeugt mit ihrer Erfindung MarinaTex die Jury und gewinnt den diesjährigen internationalen James Dyson Award. (Foto: Dyson) Aus Fischabfall eine biologisch abbaubare Kunststoffalternative bieten: Lucy Hughes aus England überzeugt mit ihrer Erfindung MarinaTex die Jury und gewinnt den diesjährigen internationalen James Dyson Award. (Foto: Dyson) Die Gewinnerin des diesjährigen internationalen James Dyson Award steht fest. Sie heißt Lucy Hughes, kommt aus England und hat es geschafft, aus Fischabfall eine biologisch abbaubare Kunststoffalternative zu entwickeln.

Dyson hat vor 15 Jahren den James Dyson Award ins Leben gerufen. Mit diesem internationalen Wettbewerb möchte das Technologienunternehmen Ingenieur- und Designstudierende inspirieren und fördern. Dieses Jahr räumt Lucy Hughes aus England mit ihrer innovativen Erfindung „MarinaTex“ den internationalen James Dyson Award ab.

Lucy Hughes widmet sich mit ihrem Projekt MarinaTex einem der aktuellsten Probleme der Menschheit. „Schätzungsweise werden weltweit 40% der für Verpackungen hergestellten Kunststoffe nur einmal verwendet und anschließend sofort entsorgt. Im Jahr 2016 produzierten die über 7 Milliarden Menschen auf der Erde über 320 Millionen Tonnen Kunststoff. Das entspricht dem Gewicht von über 800.000 Eiffeltürmen. Die Lösung hierfür könnte MarinaTex sein. Die 24-jährige Lucy Hughes von der englischen Universität Sussex gewinnt mit ihrer biologisch abbaubaren Kunststoffalternative den diesjährigen James Dyson Award“, berichtet Dyson.

James Dyson, Gründer und Erfinder des internationalen Designwettbewerbs meint: „Dieses Jahr haben mehr weibliche Teilnehmerinnen denn je teilgenommen, was uns besonders freut. Letztendlich haben wir uns für die Idee entschieden, auf die die Welt am wenigsten verzichten kann.“ Weiter kommentiert er stolz: „MarinaTex wird sich durch weitere Forschungs- und Entwicklungsschritte weiterentwickeln und ich hoffe, dass es irgendwann Teil der globalen Antwort auf das Überangebot von Einwegkunststoffen wird.“

Aus Fischabfall Kunststoffalternative entwickelt

Lucy Hughes führte laut eigenen Angaben über 100 verschiedene Experimente durch (die meisten auf dem Küchenherd in ihrem Studentenwohnheim), um das Material und den Prozess zu verfeinern. Schließlich schuf sie mit MarinaTex ein konsistentes und kunststoffähnliches Material, das sowohl biologisch abbaubar als auch lichtdurchlässig ist. (Foto: Dyson)

MarinaTex ist ein Biokunststoff aus lokal gewonnenen Rotalgen und organischen Fischabfällen, die normalerweise auf einer Deponie landen oder verbrannt werden. Daraus lässt sich ein transparentes und flexibles Folienmaterial, das ideal für Einwegverpackungen geeignet ist, herstellen. Laut Hughes kann ein Kabeljau so viel organischen Abfall erzeugen, wie für die Herstellung von 1.400 MarinaTex Sackerl benötigt wird.

Obwohl MarinaTex wie Kunststoff aussieht und sich auch so anfühlt, gibt es sonst keine weiteren Ähnlichkeiten zwischen den beiden Materialien. Bei der Herstellung von MarinaTex wird eine einzigartige Formel aus Rotalgen verwendet, bei der die aus Fischabfällen gewonnenen Proteine gebunden werden. Somit verfügt es über starke, sich überlappende Bindungen, die dem Material Stärke und Flexibilität verleihen, wie beschrieben wird.

„MarinaTex ist relativ ressourcenschonend und bei der Herstellung werden nur wenig Energie und Temperaturen unter 100 °C benötigt. Es baut sich nach vier bis sechs Wochen vollständig biologisch ab und ist für die Heimkompostierung geeignet. Des Weiteren gibt es keine Giftstoffe ab, so dass keine eigene nationale Entsorgungsinfrastruktur notwendig ist. Da für MarinaTex Nebenprodukte aus der Fischereiindustrie verwendet werden, ergänzt es den Kreislauf eines bestehenden Abfallstroms und fördert eine längere Produktlebensdauer“, erläutert die Erfinderin.

Fischhäute und Schuppen als Grundstoff

Abfälle aus der fischverarbeitenden Industrie erzeugen einen riesigen Abfallstrom. Innereien, Fischhäute, Schuppen, Blut und Exoskelette von Krusten- und Schalentieren landen eher auf der Deponie als auf dem Teller. Bei ihren umfangreichen Versuchen fand Hughes heraus, dass Fischhäute und Schuppen die vielversprechendste Grundlage für einen Biokunststoff bilden, da sie starke und flexible Proteinstrukturen enthalten.

„Kunststoff ist ein wunderbares Material, aber als Designer und Ingenieure sind wir inzwischen zu sehr darauf angewiesen. Es ergibt für mich überhaupt keinen Sinn, dass wir Kunststoff, ein unglaublich langlebiges Material, für Produkte mit einem Lebenszyklus von weniger als einem Tag verwenden. Für mich ist MarinaTex mein Engagement für eine innovativere Materialauswahl, indem ich nachhaltige, lokale und recycelbare Werte in das Design einbeziehe“, so die 24-jährige Studentin.

Damit sich diese Proteine aneinanderbinden können, um ein völlig neues Material zu schaffen, entwickelte Hughes ein organisches Bindemittel. Sie wollte die Lösung lokal halten, um Transportwege zu reduzieren, und suchte die Antwort an der englischen Küste vor ihrer Haustür. Dabei experimentierte sie mit verschiedenen organischen Bindemitteln aus dem Meer, aber entschied sich schließlich für Agar. Sie führte laut eigenen Angaben  über 100 verschiedene Experimente durch (die meisten auf dem Küchenherd in ihrem Studentenwohnheim), um das Material und den Prozess zu verfeinern. Schließlich schuf sie mit MarinaTex ein konsistentes und kunststoffähnliches Material, das sowohl biologisch abbaubar als auch lichtdurchlässig ist.

Lucy Hughes freut sich sehr, dass MarinaTex mit dem James Dyson Award ausgezeichnet wurde: „Die Erfindung steckt noch in den Kinderschuhen und ich hätte nie gedacht, dass sie es überhaupt so weit schaffen würde. Es spornt mich sehr an, dass das Potenzial dieses Materials durch eine so renommierte Auszeichnung bestätigt wird.“ Mit dem gewonnen Preisgeld von 30.000 Pfund wird die junge Engländerin die Forschung an ihrem Projekt weiter vorantreiben, wie sie sagt. Dies um alle Einsatzmöglichkeiten von MarinaTex unter Berücksichtigung von Form, Funktion und Platzbedarf zu ergründen.

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