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Freitag, 29. März 2024
Vorbild Deutschland?

Online-Handel: Marktplatzhaftung versechsfacht UST-Einnahmen

Hintergrund | Dominik Schebach | 08.01.2020 | |  
Derzeit müssen sich Online-Händler aus Fernost kaum um die Umsatzsteuer in Österreich kümmern, was eine wahre Paketflut zur Folge hat. Mit einer Marktplatzhaftung könnte diese Benachteiligung des österreichischen Handels wirksam bekämpft werden, ist der Handelsverband überzeugt. Derzeit müssen sich Online-Händler aus Fernost kaum um die Umsatzsteuer in Österreich kümmern, was eine wahre Paketflut zur Folge hat. Mit einer Marktplatzhaftung könnte diese Benachteiligung des österreichischen Handels wirksam bekämpft werden, ist der Handelsverband überzeugt. (© Post AG) Viele Online-Händler aus Fernost operieren an der Finanz vorbei, zum Schaden des heimischen Handels. Wie man dieser Praxis einen Riegel vorschieben kann, demonstriert Deutschland seit einem Jahr. Mit der Einführung der Marktplatzhaftung hat die Bundesrepublik Deutschland 2019 Mehreinnahmen von 146 Mio Euro erzielt und zeigt damit, wie Fairplay im Onlinehandel funktioniert.

Wie der Handelsverband berichtet, verzeichnete das zuständige Finanzamt Berlin-Neukölln bei den Umsatzsteuereinnahmen von Online-Händlern aus der Volksrepublik China, Hongkong, Macao sowie Taiwan einen Anstieg von 34 Mio Euro im Jahr 2017 auf rund 200 Mio Euro im Jahr 2019. Das liegt daran, dass Händler, die auf Internetplattformen Produkte in Deutschland verkaufen, seit Jänner 2019 zwingend eine deutsche Steuernummer benötigen.

Grundlage dafür ist die im Vorjahr eingeführte Marktplatzhaftung. Da es in der Praxis de facto unmöglich ist, von Online-Händler am anderen Ende der Welt Steuern wie die UST einzutreiben, hält sich die Bundesrepublik an den Betreiber der Marktplätze, wie z.B. Amazon. Diese müssen nun in bestimmten Fällen gegenüber den betreffenden Händlern Konsequenzen ergreifen, wenn sie nicht selbst für deren illegales Handeln aufkommen wollen – denn dafür können sie nun haftbar gemacht werden. Damit haftet der Betreiber eines elektronischen Marktplatzes für die nicht entrichtete Steuer aus der Lieferung eines Online-Händlers, die über diesen Marktplatz zu Stande gekommen sind. Deswegen haben die Plattform-Betreiber natürlich das größte Interesse, dass sich ihre Händler beim entsprechenden Finanzamt registrieren und diese auch nachweisen – womit auch für mehr Steuergerechtigkeit gesorgt ist.

Vertragsverletzungsverfahren

Allerdings gibt es hier einen Haken, denn Deutschland hat wegen der Marktplatzhaftung derzeit ein Vertragsverletzungsverfahren der EU am Hals. Denn nach Ansicht der EU-Kommission sei die Verpflichtung, eine Bescheinigung in Papierform vorlegen zu müssen, ineffizient und behindere den Zugang europäischer Unternehmen zum deutschen Markt. Dies stehe damit im Widerspruch zur Strategie für einen digitalen Binnenmarkt. Die Kommission vertritt in diesem Zusammenhang die Ansicht, dass die bereits beschlossene EU-Richtlinie dazu effizientere Maßnahmen zur Bekämpfung des Mehrwertsteuerbetrugs biete. Diese EU-Richtlinie ist von den Mitgliedsstaaten bis zum 1.1.2021 in nationales Recht umzusetzen. Allerdings will die deutsche Bundesregierung an ihren weiter gefassten Maßnahmen festhalten und die Regelung zur Marktplatzhaftung im Dialog mit der EU-Kommission verteidigen.

Keine Zeit

Für den Handelsverband ist Deutschland ein Vorbild im Umgang mit Versandhändlern aus Drittstaaten. Denn der Handel könne nicht mehr auf den in der EU-Richtlinie vorgegebenen Zeitpunkt (1.1.2021) warten. „Die Paketflut aus China beschert dem deutschen Fiskus zumindest eine Steuereinnahmenflut, da die Marktplätze entsprechend reguliert werden. Die Versechsfachung der Umsatzsteuereinnahmen bei chinesischen Onlinehändlern seit 2017 zeigt, welche positiven Effekte eine Plattformhaftung von Marktplätzen auch für Österreich haben könnte. Beschließen wir diese Plattformhaftung in Österreich analog zu Deutschland schon vor dem 1.1.2021. Jeder Tag zählt. Genug verwaltet. Verlieren wir keine Zeit mehr“, drängt Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will deswegen zur Eile.

In der Bundesrepublik ist jedenfalls die Zahl der registrierten chinesischen Unternehmen allein im Vorjahr von rund 450 auf fast 29.000 angestiegen. Aktuell gehen bei den deutschen Stellen pro Woche ungefähr 300 Anträge auf Erteilung einer Steuernummer ein.

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