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Donnerstag, 28. März 2024
Keine Updates mehr für ältere Lautsprecher – die User rebellierten

Sonos: Recycling-Modus, Shitstorm und der Kniefall

Multimedia | Wolfgang Schalko | 30.01.2020 | | 4  Unternehmen, Wissen
Bei Sonos sollte einiges raus – nicht unbedingt zur Freude der User. Bei Sonos sollte einiges raus – nicht unbedingt zur Freude der User. (© Sonos) Wie schnell eine Aktion heutzutage nach hinten los gehen kann, musste Sonos dieser Tage feststellen: Man kündigte an, ab Mai keine Updates mehr für ältere Sonos-Geräte bereitzustellen, weil deren Leistung nicht für die problemlose Kompatibilität mit neuen Modellen ausreiche. Zugleich initiierte man eine Rabatt-Aktion, um die Nutzer zum Kauf aktueller Produkte zu animieren – verbunden mit einem vom User zu aktivierenden „Recycling-Modus”. Die Community überrollte den Hersteller daraufhin jedoch nicht mit reißender Nachfrage, sondern mit deftiger Kritik. CEO Patrick Spence sah sich zu einer offiziellen Entschuldigung gezwungen.

Die Marketing-Abteilung von Sonos hatte es wohl schon als genialen Schachzug gefeiert und der Vertrieb des Herstellers vermutlich bereits im Hinterkopf die Umsätze in Richtung Himmel addiert, als man die Sonos-Community darüber informierte, dass zwar „ab Mai 2020 einige unserer ältesten Produkte keine Softwareupdates oder neue Funktionen mehr erhalten werden”, man jedoch „betroffene Produkte im Rahmen des Sonos Trade Up Programms durch neue Sonos Produkte ersetzt” – mit 30% Nachlass auf Neuware in Verbindung mit dem so genannten Recycling Modus.

Einziger Haken: Die User waren von der Idee nicht annähernd so angetan wie der Hersteller, zumal die Erklärungsversuche fast zu schön anmuteten, um wahr zu sein. Im offiziellen Sonos-Blog war zu lesen:

Seit der Markteinführung unserer ersten Produkte haben sich die technologischen Möglichkeiten in rasantem Tempo weiterentwickelt – von Streamingdiensten und Sprachassistenten bis hin zu drahtlosen Netzwerk- und Bluetooth-Verbindungen. Im Laufe dieses technologischen Wandels haben wir kontinuierlich neue Funktionen über Softwareupdates bereitgestellt. Wir sind sehr stolz darauf, dass unsere Produkte über so viele Jahre hinweg bei Sonos Nutzern auf der ganzen Welt zuhause sind. Tatsächlich sind 92 Prozent der Produkte, die wir jemals ausgeliefert haben, auch heute noch im Einsatz. Das ist einzigartig in der Welt der smarten Unterhaltungselektronik. Allerdings haben wir einige unserer ältesten Produkte inzwischen an ihre technischen Grenzen in Bezug auf Arbeitsspeicher und Rechenleistung gebracht.

Ab Mai erhalten einige unserer ältesten Produkte daher keine weiteren Softwareupdates oder neue Funktionen mehr: unsere ursprünglichen Zone Player, der Connect und Connect:Amp (verkauft 2006 bis Ende 2015), die erste Generation des Play:5 (Verkaufsstart 2009), CR200 (Verkaufsstart 2009) und Bridge (Verkaufsstart 2007). Alle Speaker bleiben jedoch weiterhin funktionstüchtig.

Heute ermöglicht die Sonos Experience dank einer smarten und vernetzten Systemplattform Zugriff auf mehr als 100 Streamingdienste sowie mehrere Sprachassistenten und Steuerungsoptionen wie Apple AirPlay 2. Ohne neue Softwareupdates können der Zugriff auf Dienste und die Gesamtfunktionalität des Soundsystems künftig irgendwann jedoch nicht mehr vollumfänglich bereitgestellt werden, vor allem, wenn Partner ihre Technologien weiterentwickeln.

Für Sonos User mit betroffenen Speakern in ihrem System gibt es zwei Möglichkeiten:

  • Option 1: Betroffene Produkte der ersten Generation werden bis Mai 2020 softwareseitig unterstützt und auch anschließend weiterhin wie bisher genutzt, künftig allerdings mit den oben beschriebenen Einschränkungen.
  • Option 2: Betroffene Produkte werden im Rahmen des Sonos Trade Up Programms durch neue Sonos Produkte ersetzt. User erhalten dabei für jedes der oben genannten Produkte einen Gutschein von 30% auf ein beliebiges neues Sonos Produkt. Diese Option steht jederzeit zur Verfügung.

Sonos Nutzer können unter „System“ in ihrem Sonos Account prüfen, ob sie ein betroffenes Produkt in ihrem System haben.

Wer sich für die Teilnahme am Trade Up Programm entscheidet, setzt das betroffene Produkt in den Recycling Modus. Damit werden personenbezogene Daten gelöscht und das Produkt wird für die ordnungsgemäße Entsorgung vorbereitet. Zudem schützt der Recycling Modus auch ahnungslose Personen vor dem Kauf von Altprodukten, die sich dem Ende ihrer Nutzungsdauer nähern und nicht die Sonos Experience bieten, die Kunden heute erwarten. Der Recycling Modus gilt nur für die oben aufgeführten Produkte.

Der Umwelt zuliebe bitten wir Sonos Nutzer, die entsprechenden Produkte ordnungsgemäß zu entsorgen – entweder im städtischen Wertstoffhof, per kostenlosem Rückversand an Sonos oder in allen Filialen unseres Trade Up Partners Conrad Electronics.

Im Idealfall halten alle unsere Produkte ewig, aber im Moment setzt uns die bestehende Technologie noch Grenzen. Unsere Verantwortung erstreckt sich daher über drei Bereiche: Wir entwickeln Produkte, die überdurchschnittlich lange halten; Wir suchen ständig nach neuen Möglichkeiten, um Material, Verpackung und Lieferketten zu optimieren und so unsere Produkte immer umweltfreundlicher zu gestalten; Und wir unterstützten unsere Nutzer bei den nächsten Schritten, wenn sich ihre Produkte dem Ende ihrer Nutzungsdauer nähern.

Der Hauptkritikpunkt am Recycling Modus lautet, dass damit eigentlich noch funktionstüchtige Lautsprecher per Software unbrauchbar gemacht werden. Oder wie es in der Sonos-eigenen Beschreibung heißt: Wenn du ein qualifiziertes Produkt recycelst, entscheidest du dich dafür, es dauerhaft zu deaktivieren. Sobald du bestätigt hast, dass du dein Produkt recyceln möchtest, kann die Entscheidung nicht rückgängig gemacht werden. Die Deaktivierung erfolgt 21 Tage nach der Entscheidung, das Sonos Produkt zu recyceln. Der 21-tägige Countdown kann nicht abgebrochen werden. Du kannst das Produkt auch sofort deaktivieren, indem du auf der Registerkarte „Einstellungen“ den Bereich „System“ auswählst. Sobald das Sonos Produkt deaktiviert ist, löscht es alle personenbezogenen Daten, bevor es in den Recycling-Modus übergeht.

Was die betroffenen User zusätzlich auf die Palme brachte war die Information, dass sämtliche im Netzwerk befindlichen Geräte auf der gleichen Software-Version sein müssen, um Updates erhalten zu können. Anders gesagt: Befinden sich ältere Geräte im Netzwerk, bekommen auch neuere Geräte kein Update mehr. Eine mögliche Lösung für dieses Problem besteht darin, ältere Geräte in ein eigenes Netzwerk auszulagern.

Das prompte Zurückrudern

Nur zwei Tage nach dem obigen Eintrag erreichte die Sonos-Nutzer „Ein Brief von unserem CEO”, in dem Sonos-CEO Patrick Spence Stellung bezog und erklärte, dass alle Sonos Produkte auch nach Mai noch funktionieren würden:

Wir nehmen deine Meinung ernst. Wir haben einen Fehler gemacht. Ich möchte mich dafür entschuldigen und dich persönlich über die kommenden Schritte informieren.

Zunächst einmal sei gewiss: Wenn es ab Mai keine neuen Software-Updates für unsere alten Produkte mehr gibt, werden diese genauso weiter funktionieren wie bisher. Wir machen diese Produkte nicht unbrauchbar, zwingen dich nicht, sie außer Betrieb zu nehmen, und entfernen auch keine Funktionen. Viele von euch haben eine Menge in ihre Sonos Systeme investiert. Daher möchten wir diese Investition so lange wie möglich unterstützen. Auch wenn veraltete Sonos Produkte keine neuen Software-Features erhalten, verpflichten wir uns, sie so lange wie möglich mit Fehlerbehebungen und Sicherheitspatches auf dem neuesten Stand zu halten. Wenn wir auf ein grundlegendes Problem für die Sonos Experience stoßen, das nicht direkt behoben werden kann, werden wir eine alternative Lösung anbieten und dich über alle Änderungen informieren, die dich betreffen.

Zweitens haben wir deine Bedenken zum Thema alte und moderne Produkte verstanden, die bei dir zuhause nicht nebeneinander existieren können. Wir arbeiten an einer Möglichkeit, dein System so aufzuteilen, dass moderne Produkte zusammen funktionieren und die neuesten Features erhalten, während ältere Produkte ebenfalls zusammen funktionieren und in ihrem aktuellen Zustand bleiben. Wir sind dabei, die Einzelheiten auszuarbeiten und werden in den kommenden Wochen mehr darüber berichten.

Wir haben eine Menge hervorragender Produkte und Features geplant. Allerdings möchten wir, dass unsere Kunden nur auf die neuesten und besten Produkte aufrüsten, wenn sie von diesen Produkten begeistert sind, und nicht, weil sie sich dazu gezwungen fühlen. Das ist die Absicht des Trade Up Programms, das wir für unsere treuen Kunden eingeführt haben.

Vielen Dank, dass du ein Sonos Kunde bist. Danke auch, dass du dir Zeit für Feedback genommen hast. Ich hoffe, du kannst unseren Fehler entschuldigen und gibst uns die Chance, dein Vertrauen zurückzugewinnen.

Fortsetzung folgt…

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Kommentare (4)

  1. Ich habe so viel Geld für Sonos Produkte in mein Haus gesteckt und war Kunde der ersten Stunde..
    Habe Freunden mit Freude alles gezeigt….. Und dann das…. War so sauer auf Sonos, dass ich mir ganz sicher keine neuen Geräte mehr von Sonos kaufen wollte… Gut das man sich doch einen Kopf über uns Altkunden gemacht hat!

  2. Es ist einfach lächerlich, Geld zu verbrennen, weil ein CEO meint er müsse sich durchsetzen. Meine Anlage hat bisher wunderbar funktioniert und ich denke nicht im Traum daran, diese zu entsorgen.

  3. Gut dass Sonos die Vertrieb an sich gerissen hat – sonst wären wir Händler wieder Schuld gewesen.
    Übrigens: Aus Sonos kann man getrost verzichten – es gibt zwischenzeitlich genügend bessere Produkte!

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  4. Stimmt, ich habe viel in meine Sonos Komponenten investiert, werde mich aber jetzt davon trennen und mich wieder auf altbewährtes reduzieren. Meine nun schon über 40 Jahre alten Dynaudio LS und ein fast ebenso alter Denon Verstärker liefern bis heute kein schlechteren Hörgenuß. Ich werde halt auf die multiroom Funktionen verzichten, dafür aber unabhängig bleiben.

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