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Donnerstag, 25. April 2024
Editor's ChoiceUpdate! Abschaffung der 22 Euro-Mehrwertsteuerfreigrenze

Vehement: Handelsverband wehrt sich gegen Fristverlängerung

Hintergrund | Stefanie Bruckbauer | 09.03.2020 | | 6  Wissen
Handelsverband GF Rainer Will plädiert: „Die 22 Euro-Freigrenze ist Gift für unsere Wettbewerbsfähigkeit! Eine gleichzeitige Umsetzung des EU-Mehrwertsteuerpakets und der Abschaffung der 22 Euro Freigrenze in allen Mitgliedstaaten bis spätestens 1. Jänner 2021 ist unumgänglich!“ (Bild: Rainer Sturm/ pixelio.de) Handelsverband GF Rainer Will plädiert: „Die 22 Euro-Freigrenze ist Gift für unsere Wettbewerbsfähigkeit! Eine gleichzeitige Umsetzung des EU-Mehrwertsteuerpakets und der Abschaffung der 22 Euro Freigrenze in allen Mitgliedstaaten bis spätestens 1. Jänner 2021 ist unumgänglich!“ (Bild: Rainer Sturm/ pixelio.de) Am 1. Jänner 2021 sollte EU-weit die 22 Euro-Mehrwertsteuerfreigrenze abgeschafft werden. Der Handelsverband und die WKÖ Bundessparte Handel setzen sich schon länger dafür ein, dass dieser Zeitpunkt vorverlegt wird. Nun drängen andere EU-Länder darauf, den Termin sogar weiter nach hinten zu verschieben – ein Umstand, der dem Handelsverband nicht gefällt. Bundesgremialobmann Wolfgang Krejcik sagt: „Das wird nicht passieren!“

Letzte Woche informierte der Handelsverband darüber, dass bei einem internen Treffen der europäischen Zollbehörden in Brüssel von Deutschland und den Niederlanden ein Aufschub für die Abschaffung der 22 Euro Mehrwertsteuer-Freigrenze beantragt wurde. Nun scheint es laut Handelsverband, der sich dabei auf informelle Informationen bezieht, fix zu sein: „Deutschland drängt auf eine Verschiebung von 8 bis 12 Monaten, die Niederlande plädiert sogar für eine noch längere Übergangsfrist. Als Grund wird ein nicht einsatzbereites IT-System bis zum eigentlichen Umsetzungszeitpunkt am 1. Jänner 2021 angegeben“, so der Verband.

„Der Handelsverband setzt sich – wie Sie wissen – seit Jahren für eine vorzeitige Abschaffung der 22 Euro-Mehrwertsteuerfreigrenze ein“, so sagt Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will. „Eine Verschiebung des seit Jahren festgelegten EU-weiten Umsetzungszeitpunktes um ein weiteres Jahr ist für die europäischen Händler völlig inakzeptabel und entgegen jeder Logik. Die Argumentation Deutschlands kann in Zeiten der Digitalisierung und angesichts der mehrjährigen Vorlaufzeit nicht ernst gemeint sein. Gerade die europäischen KMU im Handel erleiden reihenweise Schiffbruch, da das Fass immer mehr Löcher hat. Ein großes davon ist die unfaire Praktik der vorsätzlichen Falsch- oder Minderdeklaration. Damit werden nicht nur Steuerzahlungen umgangen, sondern auch noch Fake-Produkte mit teils giftigen Chemikalien um die halbe Welt geschickt, wo sie die Gesundheit der Verbraucher gefährden. Machen wir endlich Schluss mit diesem kriminellen Massenphänomen, das überdies einen wesentlichen Beitrag zur Ausdünnung unserer Stadt- und Ortskerne gerade in strukturschwachen Regionen leistet.“

Der Hintergrund

Jährlich gelangen mehr als 600 Millionen Pakete im Crossborder-Handel über dominante chinesische Versandhändler in die Europäische Union. 97% dieser Sendungen kommen gänzlich zoll- und mehrwertsteuerfrei in die EU. Möglich wird diese Steuerumgehung durch die EU-Einfuhrumsatzsteuerbefreiung für Postlieferungen aus Drittländern unter 22 Euro Warenwert sowie durch die Zollfreigrenze von 150 Euro.

Das Problem

Der Handelsverband beschreibt das Problem wie folgt: „Viele asiatische Onlinehändler nutzen diese Freigrenzen mit allen Mitteln aus, ua. indem sie ihre Sendungen bewusst falsch deklarieren. Den EU-Staaten entgehen dadurch Millionen an Steuereinnahmen, gleichzeitig werden heimische Händler aus dem Markt gedrängt, da die asiatische Konkurrenz ihre Billigprodukte noch günstiger anbieten kann. Das Schadensausmaß liegt allein in Österreich bei rund 150 Millionen Euro jährlich, europaweit sind es mehr als 7 Milliarden Euro.“

Damit sollte eigentlich bis 1. Jänner 2021 Schluss sein: Das EU-Mehrwertsteuerpaket, das die Abschaffung der 22 Euro-Mehrwertsteuerfreigrenze vorsieht, ist nämlich unionsweit bis Anfang 2021 verpflichtend umzusetzen.

Rainer Will: „Eine gleichzeitige Umsetzung des EU-Mehrwertsteuerpakets und der Abschaffung der 22 Euro Freigrenze in allen Mitgliedstaaten bis spätestens 1. Jänner 2021 ist unumgänglich, um das längst überfällige level playing field zwischen Drittstaaten und dem innereuropäischen Handel wiederherzustellen. Ein weiterer Aufschub würde allein Österreich rund 150 Millionen Euro kosten. Das ist viel Geld, das der Staatshaushalt gut gebrauchen kann.“

Länderspezifische Eigeninteressen innerhalb der EU müssten hier dringend hintangehalten werden, da lokale Händler aller EU-Staaten unter der Fortschreibung der Wettbewerbsverzerrung leiden würden. Die Konsumenten würden weiterhin vielen Fake-Produkten ausgesetzt sein, die falsch deklariert in deren Hände geraten. „Gerade die Eigeninteressen von Deutschland und den Niederlanden sind offenkundig, da sich in diesen beiden Staaten internationale Verteilerzentren befinden, die rund 60% aller geringfügigen Sendungen aus Drittländern in die EU abwickeln“, so Will und: „Die von den beiden Staaten vorgebrachten Argumente, dass eine datentechnische Umsetzung bis Jahresende nicht möglich sei, greifen ins Leere. Schweden hat eine Umstellung bereits 2018 erfolgreich umgesetztinnerhalb von nur nur Monaten. Es gibt IT-Lösungsanbieter in der Europäischen Union mit ausreichend Kapazitäten, um einem der größten kriminellen Massenphänomene unserer Zeit, die unregistrierte Inverkehrbringung von Fake-Produkten aus Drittstaaten zu Lasten unserer Volkswirtschaften und deren Bürger, Einhalt zu gebieten.“

Alle Politiker aufgerufen

Wir rufen alle Politiker, die auf EU-Ebene aktiv sind, auf, hier mit aller Vehemenz dagegen zu halten und erwarten uns ein starkes Veto gegen eine weitere Verschiebung. Die 22 Euro-Freigrenze ist Gift für unsere Wettbewerbsfähigkeit und darf nicht mehr länger geduldet werden – weder aus ökonomischer noch aus ökologischer Sicht“, appelliert Rainer Will.

Update! „Wird nicht passieren“

Zur Aussendung bzw. Information des Handelsverbandes, dass von Deutschland und den Niederlanden ein Aufschub für die Abschaffung der 22 Euro Mehrwertsteuer-Freigrenze beantragt wurde, sagt Bundesgremialobmann Wolfgang Krejcik: „Eine Verschiebung des Umsetzungszeitpunktes am 1. Jänner 2021 kann nur nach einem einstimmigen Beschluss im EU-Rat erfolgen.“ Das heißt, es müssten alle EU-Länder gemeinsam für einen Aufschub stimmen. „Das wird allerdings nicht passieren. Davon bin ich 100% überzeugt!“, so Krejcik.

 

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Kommentare (6)

  1. Die Meinungen hier sind von Endkunden und nicht von Händlern. natürlich ist es im ersten Moment für den Endkunden ganz toll einen Kopfhörer um 1,76 ohne Porto zu kaufen.
    Ich suche noch eine Antwort auf die Frage — Wer bezahlt den Postler bei uns in Österreich bei 0 Porto–?
    Mich würde auch interessieren was die Kunden so sagen würden wenn sie den gleichen Stundenlohn wie der Chinese der den Kopfhörer einpackt bekommen würden?
    So wie ich das in unserem Umfeld sehe sind die grössten Schmarotzer genau die, die bei uns ohnehin gut verdienen.
    Leute auch wenn es verlockend ist, auch kann man bestellen solange es noch möglich ist, aber BITTE ein wenig weiter Denken wäre schon angebracht.

  2. Ich wurde auch dazu befragt
    2 Dinge empfehle ich
    1.) Sammelbestellungen, damit sich die 10 Euro Postzollstellgebühr auzahlen
    2.) Jetzt auch Waren mit höherem Warenwert zu bestelln, die demselben Produkt wie bei uns entsprechen. Denn der Chinakäufer hat gelernt, daß z.B Ali sehr kulant ist und wie der Vorposter schreibt der Kopfhörer auch unverschämt teuer.

    Und es bleibt zu hoffen, dass es in den EU Lagern bald ein größeres Warensortiment gibt, was eh schon aufgebaut wird. Triest als Hafen der Chinesen ist ein Fortschritt.

    Um es auch klarzustellen, ich hab in erster LInie Elektronik zu wenigen Europreisen gekauftm die es ind er EU und erst recht nicht in OE gibt. Aber auch ich werde gem. meiner Empfehlunen umdenken…

  3. Beispiel: ein bluetooth Kopfhörer (Ohrstöpsel) kostet in China 1,76 € (kein Schreibfehler 1,76€) inkl. Versand. Das gleiche (!) Produkt beim grossen Elektronik Händler ca. 15 €. Was soll sich da ein Konsument denken? Und die Wirtschafts-Kämmerer schwafeln nur Allgemeinplätze. Pro Tag kommen derzeit angeblich ca. 20.000 Päckchen aus China. Was glauben die Kämmerer denn, ab 2021, wie viele Kunden es dann jeden Tag *mehr* in Österreich gibt?

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  4. Was da für Argumente gegen die 22 EUR Grenze zusammengezogen werden um die Freigrenze zu Fall zu bringen ist schon abenteuerlich. Nur eines darf man auch nicht vergessen, der Handel hat viele Jahre unverschämt extreme Margen aufgeschlagen und damit den Kunden zum riskanten Kauf in China gedrängt. Jetzt kaufen eh alle in China und da wird der Fall der Freigrenze dem Handel auch keinen höheren Umsatz bescheren. Nur die Bürokratie und die paar Cent EinfuhrUSt wird alle treffen und die Gebühren kassiert der Staat und die Post. Danke Herr K, sie gehen eh bald in Pension

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  5. Wirklich toll diese Ust Thematik, ich wäre gerne bereit die 20% zu zahlen, aber nicht der Post die 10 Euro Zollstellunggebühr
    Solche Sharing Projekte aus den USA , wie dieses https://oshpark.com/#aboutus sind dann obsolet für die EU ohne in der EU eine Alternative zu habben
    Danke!!!

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  6. In meiner Naivität stelle ich mir vor, dass in EDV Programmen ein Steuersatz für gewisse Produkte aus einem Land hinterlegt ist (SAP hat das z.B.) , und wenn ich dort eine Freigrenze von 22 Euro inaktiv setze, wäre das ganze sozusagen erledigt. In Wahrheit ist es wahrscheinlich viiiiieel aufwändiger – oder?

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