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Freitag, 19. April 2024
Editorial E&W 4/2020

Vom richtigen Zeitpunkt

Hintergrund | Wolfgang Schalko | 05.04.2020 | Bilder | |  Meinung

Wolfgang Schalko
Viele von Ihnen haben selbst Kinder und sind daher bestens mit folgendem Bild vertraut: In den Wochen und Monaten vor der Geburt bereitet man sich penibelst auf alle – einem in dieser Phase möglich erscheinenden – Eventualitäten vor, holt sich allerseits gute Tipps und Ratschläge und malt sich in geradezu kitschig anmutender Naivität gemeinsam mit dem Partner aus, wie schön es wohl sein würde, wenn das Zwutschkerl das Licht der Welterblickt. Nur um dann festzustellen, dass alles völlig anders ist als gedacht. „Wenn ich das gewusst hätte…“ gehört zum Standard-Repertoire in der täglichen Kommunikation junger Eltern.

So ähnlich ist es meinen Kollegen Mario Ernst, Dominik Schebach und mir ergangen, als wir vor einigen Monaten damit begannen, die Gründung der E.P.I.K. Media GmbH in die Wege zu leiten: Wir haben getüftelt, wir haben geplant, wir haben vorbereitet, wir haben auf den Tag X hingearbeitet – und dann kam Corona.

Eines muss man diesem verflixten unsichtbaren Ding lassen: Es hat die Gründung jener Gesellschaft, die seit 1. April hinter E&W und elektro.at steht (mehr dazu in der kommende Woche erscheinenden E&W-Printausgabe), zwar nie ernsthaft gefährdet, aber doch für einige spürbare Turbulenzen gesorgt. Indem das Coronavirus inklusive aller damit verbundenen Aspekte eine Dimension erreicht hat, von der jede andere Thematik förmlich erschlagen wird, mussten nicht nur Redaktionspläne laufend adaptiert, sondern auch einige Projekte und Vorhaben, mit denen wir Sie in dieser – „unserer” ersten – E&W Printausgabe überraschen wollten, hintangestellt werden.

Ich durfte in meiner noch jungen Unternehmerlaufbahn somit etwas lernen, das mir aus der Rolle des Vaters bereits seit mehreren Jahren nur allzu gut vertraut ist: Die Vorstellung vom „richtigen“– im Sinne von: am besten passenden – Zeitpunkt ist nur eine Illusion, nichts weiter als ein Wunschtraum. Rückblickend kann man sich natürlich der Gedankenspielerei hingeben, wann dieses oder jenes vielleicht besser gewesen bzw leichter gegangen wäre. Doch es ist müßig, sich überhaupt damit zu befassen, da es ja nichts am Hier und Jetzt ändert. Man muss die Dinge nehmen, wie sie kommen. Es braucht eine große Portion Pragmatismus, geistige Agilität – und natürlich gute Nerven.

Umso erbaulicher ist es gerade in Zeiten wie diesen, wenn Menschen zu ihrem Wort stehen und/oder Dinge zumindest halbwegs so funktionieren, wie sie geplant waren. Wir mussten zwar ein wenig zittern und schlussendlich konnte das Interview nicht in Form eines persönlichen Treffens stattfinden, aber – der modernen Kommunikationstechnologie sei Dank – Steffi Bruckbauer bekam dennoch Gelegenheit, sich sehr ausführlich mit Thomas Pöcheim zu unterhalten. Dieser Name war bis zum vergangenen Herbst beinahe drei Jahrzehnte lang praktisch untrennbar mit Media-Saturn verbunden. Wie erwartet hatte der Mann jede Menge zu sagen. Zugegebenermaßen bin ich – sind wir – ziemlich stolz darauf, die neue E&W-Ära mit dieser Coverstory einzuläuten. Auch wenn das die Latte für die Zukunft ziemlich hoch legt.

Apropos Zukunft: Wissen Sie, was laut dem von Accenture zu Jahresbeginn veröffentlichten Report „Trends 2020“ zur größten Herausforderung für Unternehmen in den kommenden 12 Monaten werden würde? Sinnstiftung. „Immer mehr Menschen stellen die Frage: Welchen ‚Purpose‘ haben Marken und Unternehmen – also was ist ihr Daseinsgrund und woraus ziehen sie ihre Berechtigung, Geld zu verdienen? Die meisten Unternehmen bleiben die Antwort bislang schuldig“, umriss Accenture Österreich-Chef Markus Höfinger das Problem. Finanzieller Erfolg tauge demnach nicht länger als entscheidende Größe unternehmerischen Erfolgs. Kunden – auch in Österreich – würden Unternehmen immer stärker an deren Errungenschaften für die Gesellschaft wie Inklusion, Diversität und Mitarbeiterbefinden messen. Bemerkenswerter Zusatz: Für Arbeitskräfte gewinnt der Purpose eines Unternehmens ebenfalls an Bedeutung. Auch wir haben den „Neustart” von E&W zum Anlass genommen, uns die Sinnfrage zu stellen und nach Stellschrauben zu suchen, die das Rating in puncto Daseinsberechtigung weiter nach oben treiben könnten.

Wie so oft ist auch die für uns entscheidende Antwort auf die Sinnfrage nicht aus stundenlangen Meetings oder mühselig entworfenen Konzepten hervorgegangen, sondern wurde unmittelbar von der Praxis, dem journalistischen Tagewerk, gegeben. Und sie lautet: Relevanz. Die Corona-Krise stellt uns alle vor enorme Herausforderungen und bringt den Einzelnen an die Grenzen seiner – physischen wie psychischen – Leistungsfähigkeit. Verständlicherweise suchen viele daher gerade den berühmten „Fels in der Brandung”. Einen solchen bildet in der gegenwärtigen Situation der seriöse, faktenbasierte Journalimus. Andrea Fronaschütz, Geschäftsführerin des Gallup Instituts, erklärte kürzlich im Rahmen einer Erhebung, wie gut sich die Österreicher über alle Aspekte der Corona-Krise informiert fühlen: „In Krisen wie dieser haben verlässliche Informationen eine Schlüsselrolle für das Funktionieren der Gesellschaft. Professionell gestaltete Informationen sind für die Menschen noch wichtiger als sonst. Wer sich ausreichend informiert fühlt, fühlt sich einfach besser.” Die Zugriffszahlen auf elektro.at erreichten im März ein absolutes Rekordniveau. Wir werten Ihr Vertrauen und Ihren Zuspruch als klaren Auftrag.

Der Vollständigkeit halber soll hier noch der eingangs begonnene Satz zu Ende gebracht werden: Wenn ich das gewusst hätte… – ich hätte es trotzdem getan! Und ich würde es sofort wieder tun. Nicht nur, aber auch, weil viele Freunde, Partner und Vertraute in der Branche meinen Kollegen und mir zu unserer Entscheidung, diese Gelegenheit beim Schopf zu packen, gratulierten und uns ihre Unterstützung zusicherten. Dafür an dieser Stelle ein aufrichtiges „Danke!” im Namen des gesamten alten und neuen E&W-Teams. Wie meinte jemand in einem dieser Gespräche doch gleich: „Eine schöne Lösung. So bleibt‘s in der Familie.” Das ist natürlich nicht korrekt – irgendwie aber auch nicht ganz falsch.

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