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Donnerstag, 25. April 2024
„Im Elektrohandel Andrang verhalten“

Handelsverband: Erste Bilanz zur schrittweisen Öffnung

Die Branche | Stefanie Bruckbauer | 15.04.2020 | |  Unter der Lupe
Der Handelsverband zieht eine erste Bilanz zur schrittweisen Öffnung des österreichischen Handels. Der Andrang im Elektrohandel war verhalten, wie Handelsverband GF Rainer Will ua. sagt. (Foto: Handelsverband) Der Handelsverband zieht eine erste Bilanz zur schrittweisen Öffnung des österreichischen Handels. Der Andrang im Elektrohandel war verhalten, wie Handelsverband GF Rainer Will ua. sagt. (Foto: Handelsverband) Seit Dienstag nach Ostern haben rund 80% der heimischen Händler wieder geöffnet – „ein erster Schritt Richtung ‚neue Normalität‘“, sagt der österreichische Handelsverband, der ein erstes Resümee zur schrittweisen Öffnung des heimischen Handels abgibt und teils kritisch beleuchtet.

Der Handelsverband berichtet: „Insbesondere die Baumärkte und Gartencenter in urbanen Regionen wie Wien haben gestern den erwarteten Ansturm verzeichnet. Es gab in vielen Märkten längere Warteschlangen und teilweise Blockabfertigung, um die strengen Sicherheits- und Hygienevorgaben einhalten zu können. Bei vielen Konsumenten haben derzeit offenkundig Cocooning & Balkonien Hochsaison.“

Auch viele Buchhandlungen hätten gestern überproportionale Frequenzen und Umsätze verzeichnet, besonders in kleineren Städten gab es auch hier vereinzelt Schlangen vor den Geschäften. Ähnliches gelte auch für Brillenfachgeschäfte, für den Sportartikelhandel sowie für Geschäfte mit Papier & Schulwaren.

Elektrofachhandel: Andrang verhalten

„Im Elektrohandel wiederum war der Andrang wie erwartet noch etwas verhalten“ sagt der Handelsverband und: „Vergleichsweise stark performt haben in diesem Segment die Handyläden, wo die Kundenfrequenz insbesondere gestern Vormittag und am frühen Nachmittag ganz gut war.“

Den Mode- und Schuhhandel treffe die Corona-Krise besonders hart, wie der Verband feststellt. „Das gesamte Fashion-Segment leidet in Zeiten von Social Distancing und HomeOffice an einer geringeren Nachfrage. Sowohl in den kleinen Boutiquen als auch im filialisierten Modehandel war am 14. April vergleichsweise wenig los. In A-Lagen wie der Mariahilferstraße verzeichnen die Händler Frequenzrückgänge von ca. -40%, in B- und C-Lagen sogar -50 bis -90% im Vergleich zu einer Durchschnittswoche vor Corona. Allerdings gibt es auch hier Nischenanbieter (etwa für Stoffgesichtsmasken oder Nähbedarf) die einen überdurchschnittlichen Andrang verzeichnet haben. Große Nachfrage verzeichnet derzeit auch der Handel mit Kindertextilien.“

Teilweise verkürzte Öffnungszeiten

Generell sei noch zu sagen, dass einige Händler diese Woche aufgrund der geringeren Kundenfrequenz auf verkürzte Öffnungszeiten (zB. 9.00 bis 15.00 Uhr) setzen, oder vereinzelte Geschäfte/Filialen in Randlagen gar nicht aufsperren (zumindest nicht am Samstag), weil es betriebswirtschaftlich keinen Sinn machen würde oder sie noch auf die großen Frequenzbringer (Flagship-Stores) warten, die bekanntlich erst am 2. Mai aufsperren dürfen. „Wir haben demnach nicht ohne Grund empfohlen, dass alle Händler unabhängig von ihrer Größe und Lage gleichzeitig am 14. April wieder öffnen dürfen sollten“, betont Handelsverband GF Rainer Will.

Offene Fragen an das Gesundheitsministerium

Konkrete Umsatzdaten habe der Verband derzeit noch nicht vorliegen, man gehe allerdings für diese Woche im Non-Food Handel branchenübergreifend von einem Gesamtumsatz aus, der rund 50% des Umsatzes einer durchschnittlichen Woche vor Corona entsprechen werde. „Vor diesem Hintergrund gibt es rund um die schrittweise Öffnung im Handel noch einige Fragen, die seitens des Gesundheitsministeriums dringend beantwortet werden müssen“, sagt Will und führt weiter aus:

  • Warum ist Click&Collect nicht für alle Händler ab sofort erlaubt?
  • Wenn Händler trotz Öffnungserlaubnis ihre Geschäfte bis auf weiteres aus betriebswirtschaftlichen Gründen geschlossen halten – können sie weiterhin COVID-19 Förderungen (zB. Zuschüsse) beziehen?

„Hier hoffen wir auf eine zeitnahe Aufklärung durch den Gesundheitsminister“, so Will.

Umsatzeinbußen von 1 Mrd. Euro pro Shutdown-Woche

Der Handelsverband geht davon aus, dass der gesamte stationäre Einzelhandel pro Shutdown-Woche bis zu einer Milliarde Euro an Bruttoumsatz verloren hat. „Bei jenen Non-Food Einzelhändlern, die zumindest bis 14. April vom Corona-Shutdown betroffen waren, lag der tägliche Umsatzverlust laut Berechnungen von Standort + Markt bei mindestens 113 Mio. Euro. Das wahre Schadensausmaß liegt allerdings noch deutlich höher, weil hier die Umsatzverluste aus der Gastronomie und konsumnahen Dienstleistungsbetrieben wie Friseure, Fitnesscenter oder Kosmetiksalons noch nicht eingerechnet sind“, so der Verband, laut dem es Branchen wie den Spielwarenhandel und den Sporthandel besonders stark getroffen habe, da denen im Prinzip das komplette Ostergeschäft verloren gegangen sei. Ähnliches gelte für den Modehandel sowie für den Luxusgüterbereich, weil die kaufkräftigen Touristen aus dem Ausland fehlen.

Insgesamt musste der österreichische Handel (Einzelhandel + Großhandel + KFZ-Handel) während des 4-wöchigen Corona-Shutdowns Umsatzeinbrüche von rund 6,7 Mrd. Euro verkraften“, sagt Will. Davon werden laut Agenda Austria 5,1 Milliarden Euro (also rund drei Viertel) von den Konsumenten später nicht mehr nachgeholt. Mittelfristig werde für den Handel in Österreich natürlich auch entscheidend sein, welche Auswirkungen Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit – verbunden mit Einkommenseinbußen in der Bevölkerung – auf das Konsumverhalten haben werden. „Zuletzt hat ja auch der IWF von der schwersten Wirtschaftskrise seit 1929 und einer globalen Rezession in 2020 gewarnt. Das zurückhaltende Kaufverhalten ob der Krise wird jedenfalls noch einen langen Schatten werfen“, sagt Will.

„Onlinehandel kann Umsatzverluste im stationären Handel nur zu einem kleinen Teil ausgleichen“

Viele der vom Corona-Shutdown betroffenen Unternehmen – mit immerhin 490.000 Beschäftigen – haben natürlich versucht, den Internethandel zu forcieren. „Einen Teil der Umsatzverluste kann man damit schon auffangen, allerdings reden wir hier von maximal rund 50 Millionen Euro“, sagt Will, laut dem der heimische Onlinehandel aktuell zwei- bis dreistellige Umsatzsteigerungen verzeichnet – etwas bei Haushalts- und Sportgeräten, sowie bei Spielekonsolen, Drucker, Wandfarben und Spielzeug. Sortimentsbereiche wie Mode und Schuhe würden hingegen schwächeln.

Als erfreulich bezeichnet Rainer Will, das deutlich gestiegene Interesse seitens der Konsumenten am regionalen Einkauf. So habe sich etwa der Umsatz auf der heimischen eCommerce-Plattform shöpping.at seit dem Start der Corona-bedingten Schutzmaßnahmen der Bundesregierung mehr als vervierfacht. „Auch auf unser Webshop-Verzeichnis eCommerce Austria (www.ecommerceaustria.at) haben wir in den letzten Tagen jeweils deutlich über 20.000 Zugriffe verzeichnet. Hier tut sich was“, so Will.

Amazon & Co endlich in die Pflicht nehmen

Der Handelsverband appelliert nun auch an alle österreichischen Konsumenten: „Gerade jetzt ist die Zeit, um möglichst regional einzukaufen. Kaufen Sie bei heimischen Onlineshops ein und nicht bei den großen Steuervermeidern aus Drittstaaten.“

Gleichzeitig appelliert Will an die Politik, auch die eCommerce-Plattformen aus Drittstaaten endlich in die Pflicht zu nehmen. Am besten durch Einführung einer Plattformhaftung

  • auf Produktfälschungen;
  • auf die Entrichtung der Mehrwertsteuer;
  • sowie auf die Entrichtung der Abfallentsorgungsgebühren.

„Wer in Österreich Gewinne erwirtschaftet, sollte auch hierzulande in die Gesundheits- und Sozialtöpfe einzahlen. Nachdem die Bundesregierung jetzt fast täglich neue Verordnung erlässt, erwartet sich der österreichische Handel, dass dies im Sinne der Fairness auch endlich bei der Plattformhaftung passiert“, sagt Will abschließend.

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