Auf der Waagschale
Wolfgang Schalko Ein Blick auf die Marktzahlen verheißt nichts Gutes: Der Einbruck am TV-Sektor fiel mit -21,5 Prozent im März definitiv heftig aus. Allerdings handelt es sich dabei „nur” um ein in Zahlen gegossenes Bauchgefühl. Und auch „nur” um eine Momentaufnahme, denn bis in den März hinein ist das Geschäft gar nicht so schlecht gelaufen. Wie es weitergeht, wird im Wesentlichen von zwei konträren Entwicklungen abhängen – genauer gesagt, welche davon schwerer wiegt.
Die gute Nachricht zuerst: Die Corona-Pandemie sorgt für eine regelrechte Renaissance des Patschenkinos – die Menschen widmen dem Fernsehen deutlich mehr ihrer Zeit als vor der Krise. Das lässt sich einerseits mit dem Infomationsbedürfnis erklären, das gerade am Anfang der gesetzten Maßnahmen sehr, sehr hoch war. Mittlerweile dürfte dieses mehrheitlich dem Wunsch nach Unterhaltung gewichen sein, wie auch deutlichen Zuwächse bei Streaming-Anbietern wie Netflix & Co. nahelegen. Wer viel Zeit mit dem Konsum von Bewegtbildinhalten verbringt, möchte dies in der Regel auf einem möglichst guten Gerät tun, wobei sämtliche rundherum benötigten Komponenten von diesem Qualitätsanspruch mit eingeschlossen sind. Salopp formuliert könnte man auch sagen: Die Leut‘ wollen g‘scheite Fernseher. Darin sehe ich die große Chance, die sich dem Elektrofachhandel dieser Tage auftut. Gute (=hochwertige) Geräte sind üblicherweise teurer, wenn mehr Geld für etwas ausgegeben soll, kommt die Beratung ins Spiel und damit – Sie wissen schon…
Dem steht jedoch der Umstand gegenüber, dass mit der Corona-Krise für viele Menschen auch eine prekäre finanzielle Situation einhergeht, was sich – ebenso wie die mit jedem Tag der Krise wachsende allgemeine Verunsicherung – in Kaufzurückhaltung und gebremstem Konsum niederschlägt. Hier kommt die Problematik eines Bereiches zutage, der sich nicht – so wie etwa diverse Produktgruppen der Weißware – als klassischer Ersatzgerätemarkt darstellt. Gelingt es, Begehrlichkeiten zu wecken, kann es steil nach oben gehen – gelingt dies nicht oder werden, wie derzeit, äußere Einflussfaktoren schlagend, dann zeigt die Kurve sofort wieder nach unten. Nachdem nicht davon auszugehen ist, dass in den kommenden Wochen sämtliche TV-Geräte der Nation den Geist aufgeben werden, bleibt also das große Fragezeichen, welchen Stellenwert die Konsumenten ihrer eigenen Kurzweil beimessen. Denn auch wenn mehr ferngesehen wird als zuvor, so bleibt der Fernseher doch ein Luxusgut – und damit etwas, das man nicht unbedingt haben muss.
Welcher dieser beiden Fälle den Ton angeben wird, wage ich nicht zu prognostizieren. So oder so stehen in der Sparte Unterhaltungselektronik aber schwierige Zeiten an, da die Hersteller aufgrund der für Juni und Juli geplanten Fußball-EM mit entsprechenden Mehr-Kapazitäten kalkuliert haben. Mein Bauchgefühl sieht hier etwas aufkommen, bei dem „R” am Anfang steht, „t” am Ende und in der Mitte „abattschlach”. Bleibt zu hoffen, dass die, die an den großen Hebeln sitzen, vor allem eines auf die Waagschale werfen: Hirn.
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