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Donnerstag, 25. April 2024
Recht im Handel – Handeln im Recht

Neue Möglichkeiten einer Sammelklage – weitere Gefahren für Händler

Hintergrund | Dr. Nina Ollinger | 12.07.2020 | |  
Der Verbraucherschutz, der von der EU seit Jahren vorangetrieben wird, hat einen neuen Höhepunkt erreicht. Verbraucherorganisationen werden gestärkt, um gegen unlautere Händler vorgehen zu können. Das hat insbesondere in Österreich besondere Auswirkungen, da die Sammelklage, wie wir sie aus dem amerikanischen Recht kennen, in dieser Form in Österreich bisher noch nicht existiert. Deutschland hat kürzlich nachgezogen und eine Musterfeststellungsklage etabliert und damit Kollektivklagen bereits ermöglicht.

In Österreich gibt es lediglich nach der Rechtsprechung des OGH die Möglichkeit einer „Sammelklage österreichischer Prägung“ – dh so etwas Ähnliches wie eine Sammelklage, allerdings mit einem wesentlichen Unterschied: In Österreich müssen die Verbraucher, die Ansprüche geltend machen wollen, ihre eigenen Ansprüche abtreten (Inkassozession). Im Regelfall erhebt der VKI oder auch die Bundesarbeiterkammer die Klage im Namen jener Geschädigter, die die Ansprüche abgetreten haben. Hier zeigt sich auch in der Praxis das oftmalige Problem, dass das Verständnis der Geschädigten für diese Vorgehensweise oft nicht vorliegt und sich nur ein Teil der Betroffenen an derartigen Sammelklagen beteiligt.

Abhilfe für Verbraucher – und damit auch Gefahr für Händler – wird nun eine Richtlinie verschaffen können. Ein Vorschlag liegt diesbezüglich vor und es sollen damit Verbandsklagen zum Schutz der Kollektivinteressen der Verbraucher eingeführt werden. Richtlinie bedeutet, dass die Mitgliedstaaten diese in nationales Recht umsetzen müssen. Dh die Richtlinie schreibt nur das vor, was die Staaten tun müssen. Mitgliedsstaaten müssen nach der Übergangsfrist (18 Monate) die Möglichkeit für Verbandsklagen vorsehen, sodass Kollektivinteressen der Verbraucher durchgesetzt werden können. Dafür muss „qualifizierten Einrichtungen“, insbesondere Verbraucherorganisationen und unabhängigen öffentlichen Stellen, die Möglichkeit gegeben werden, diese Klagen zu erheben. Das muss vor nationalen Gerichten oder Verwaltungsbehörden möglich sein.

Interessant ist auch, was im Wege der Sammelklagen zu erreichen ist. Einstweilige Verfügungen zur Beendigung der Praktik des „unlauteren Händlers“ genauso wie Feststellungen, dass eine Rechtsverletzung vorliegt, müssen möglich sein. Maßnahmen zur Beseitigung der Auswirkungen des Verstoßes müssen durch die Sammelklage ebenfalls erwirkt werden können. Auch Beschlüsse, um die Unternehmer zu Entschädigungs-, Reparatur -oder Ersatzleistungen zu verpflichten, müssen erreichbar sein. Unternehmen müssen auch dazu verpflichtet werden können, dass sie Preise mindern, Vertragskündigungen ermöglichen oder den Kaufpreis zurückerstatten.

Im Gegenzug sollen die Unternehmer aber auch geschützt werden. Werden Verbandsklagen von dritter Seite finanziert, dürfen diese keinen Einfluss auf die Einrichtung (zB VKI) nehmen, die die Sammelklage einbringen. Auch Wettbewerber des Geldgebers dürfen nicht das Ziel einer Kollektivklage sein. Interessant wird, ob sich das auch in dieser Form wird umsetzen lassen.

Kleinere Händler werden sich wohl nicht sorgen müssen; das erklärte Ziel ist, dass durch diese Richtlinie der Schutz der Verbraucher gegen große Unternehmen gestärkt werden soll. Der VW-Abgasskandal hat hier wohl offensichtlich auch den nötigen Schub gebracht, damit diese Richtlinie letztlich auf den Weg gebracht werden konnte.

RA Dr. Nina Ollinger, LL.M
02231 / 22365
office@ra-ollinger.at
www.ra-ollinger.at

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