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Donnerstag, 28. März 2024
Onlinehandel bleibt ein Problem

Es knirscht im URA-Gebälk

Hintergrund | Dominik Schebach | 27.10.2020 | | 2  Branche
(Bild: Clearlens-Images/pixelio.de) (Bild: Clearlens-Images/pixelio.de) Es ist ein hartnäckiges und besonders ärgerliches Problem für den österreichischen Handel. Seitdem die Urheberrechtsverbände die Abgabe auf Speichermedien – kurz Festplattenabgabe – durchgesetzt haben, sehen sich österreichische Händler online immer wieder Dumping-Preisen aus dem Ausland gegenüber, bei denen diese Abgaben offensichtlich nicht berücksichtigt werden. Die austro mechana anerkennt zwar das Problem, spielt aber ansonsten den Ball an die Branche zurück. Lesen Sie hier den Artikel aus der E&W Oktober-Ausgabe.

Wer die Angebote diverser Online-Händler verfolgt, wird immer wieder auf Preisunterschiede bei Speichermedien, Druckern, Scannern, Kopierern aber auch Computern, externen Festplatten oder Smartwatches stoßen, die auf den ersten Blick nicht erklärbar sind. Sieht man sich die Anbieter bzw die betreffenden Online-Shops an, dann wird ein Unterschied allerdings sichtbar: Es sind Anbieter mit Sitz im europäischen Ausland, die hier oft mit deutlich billigeren Preisen aufwarten. Der Verdacht liegt nahe, dass diese ausländischen Anbieter beim Verkauf ihrer Produkte nach Österreich die Abgaben, mit denen hier zu Lande bestimmte Produkte belegt sind, nicht abführen. An erster Stelle sind hier die Urheberrechtsabgabe sowie die Reprografie- und Gerätevergütung zu nennen.

Die Vorgeschichte

Ein Beispiel wurde uns vergangenes Monat zugetragen: Da bietet Amazon eine 25er Spindel Leer-DVDs von Verbatim um 15,11 Euro feil. Das Angebot hat nur einen Haken: Abzüglich der gesetzlichen URA von 27 Euro müsste der Online-Händler satte 11,89 Euro pro Bestellung drauflegen. Wie kommen wir auf diesen Wert? Für die URA haben wir hier den auf der Webseite veröffentlichten Tarif der austro mechana zugrunde gelegt. Laut dem sind bei DVDs pro Stunde eine Urheberrechtsabgabe von 0,54 Euro pro möglicher Spielstunde fällig. Auf einer DVD lassen sich zwei Stunden Vid e o – C o n t e n t abspeichern, womit man bei der genannten 25er Spindel auf eine URA von 27 Euro kommt. Bei dieser Berechnung sind die Kosten von Amazon für Einkauf und Vertrieb noch gar nicht eingerechnet. Dass bei so einem Preisunterschied der österreichische Handel mit diesen Speicherprodukten kaum Chancen hat, versteht sich von selbst.

Recherchiert

Wir haben deswegen eine schriftliche Anfrage an Amazon gerichtet, wie es denn der Konzern mit der österreichischen Urheberrechtsabgabe halte. Die Antwort fiel recht knapp aus. „Amazon zahlt alle anwendbaren Abgaben in Ländern, in denen wir agieren“, erklärte uns ein Sprecher unter Verweis auf die Versandrichtlinien des Konzerns. Als wir bei der austro mechana bezüglich des oben genannten Beispiels der 25er Spindel von Verbatim anfragten, war ebenfalls zu vernehmen, dass Amazon sehr wohl für die genannten DVD-Rohlinge die URA abführe. Allerdings konnten wir nicht in Erfahrung bringen, wie die Abgaben des Konzerns berechnet werden. Offiziell erhielten wir schließlich vom Leiter des Geschäftsbereichs Speichermedienvergütung, Paul Fischer, eine umfassend Antwort auf unsere Anfrage. Laut Fischer sei man sich der Problematik bewusst und man sei bemüht, solchen Vorgängen einen Riegel vorzuschieben. Daneben verwies er auf die großen Erfolge der austro mechana bei der Verfolgung ausländischer Marktplatz-Händler und erinnerte an die Verpflichtung des EFH zur Vertragshilfe.

Zähneknirschend

Ein gewisses Verständnis für die austro mechana zeigt Bundesgremialobmann Wolfgang Krejcik, denn in Luxemburg, wo sich der Europa-Sitz von Amazon befindet, habe die heimische Verwertungsgesellschaft keine Hoheit und damit weder Prüf- noch  Durchgriffsrechte. Man müsse sich daher in solchen Fällen – wenn auch zähneknirschend – damit zufrieden geben, wenn zumindest Pauschalregelungen getroffen werden können. Amazon wegen vermuteter URA-Außenstände in Luxemburg zu klagen, würde aus Krejciks Sicht jedenfalls „kein Kindergeburtstag” sein.

Für den Bundesgremialobmann verdeutlicht diese Problematik allerdings nur, dass die produktbezogene URA längerfristig ohnehin zum Scheitern verurteilt ist – schon deshalb, weil sie mit dem freien Handel unvereinbar ist. Er schlägt daher (zum wiederholten Male) vor, das Problem an der Wurzel zu packen und mit einer Abgabe ähnlich der Rundfunkgebühr zu lösen: „Würde jeder Haushalt 3-4 Euro pro Monat zahlen, ginge es auch”, so Krejcik.

Skepsis

Damit wären auch mit einem Schlag eine Vielzahl von Problemen gelöst. Denn Amazon ist zwar der größte Onliner, auf dem Radar des österreichischen Handels, allerdings tauchen auch viele andere ausländische Anbieter auf. Und so müssen heimische Händler seit Jahren mitansehen, wie ausländische Anbieter regelmäßig ihre Preise um die URA unterbieten. Das betrifft nicht nur die Speichermedien, sondern auch andere Produktbereiche. So erklärte uns kürzlich ein Spezialist aus dem Print-Bereich: „Seit Jahren sind wir von diesem ‚System‘ betroffen und erleiden zT massive wirtschaftliche Nachteile durch die nationalen, unterschiedlichen – zum Teil massiv divergierenden – Abgaben. Der austro mechana sind solche Fälle vollkommen egal, solange sie die geforderten jährlichen Mindesteinnahmen erreichen!“ So hätte ein deutscher Onliner Multifunktionsgeräte sehr preisaggressiv in Österreich verkauft, sodass sich der Verdacht einer URA-Vermeidung direkt aufgedrängt hätte. Eine dementsprechende Meldung bei der austro mechana sei allerdings im Sand verlaufen. Anzumerken sei in diesem Fall, dass die URA ca 25% des gesamten Warenwertes ausgemacht hätte.

Stellungnahme der Austro Mechana

Dr. Paul Fischer, Leiter des Geschäftsbereichs Speichermedienvergütung, austro mechana, hat auf unsere Anfrage bezüglich der URA-Problematik bei ausländischen Online-Händlern wie folgt geantwortet:

Die austro mechana ist sich der Problematik der sogenannten „Marketplace“-Händler (unabhängig der verwendeten Plattform) in all ihren Erscheinungsformen wohl bewusst. Wir unternehmen seit Jahren Verfolgungsschritte gegen jegliche Händler, die Speichermedien gem. § 42b Abs 1 UrhG in Österreich über so genannten Direktversand an private Endverbraucher in Verkehr bringen. Wir haben auch schon viele große Erfolge mit dieser Verfolgung feiern können und können daher versichern, dass keine Ungleichbehandlung gegenüber stationären österreichischen Händlern solcher Speichermedien besteht.

Naturgemäß können wir nicht garantieren, dass wir 100 % aller Händler rechtzeitig und immer erfassen können; wir bemühen uns jedoch, mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen sämtliche solcher Händler im Internet aufzufinden und nach Feststehen des oben beschriebenen Sachverhalts auch zur Zahlung der Vergütung zu verhalten. Diese Zahlungen erfolgen durchaus öfters rückwirkend und mit den entsprechenden Verzugsfolgen, womit ebenfalls die Gleichbehandlung mit österreichischen Händlern sichergestellt wird.

Vorwürfe des Elektrohandels, dass dem nicht so w.re, können wir nicht nachvollziehen und entbehren jeglicher Grundlage. Nach den geltenden Gesamtverträgen sind nämlich die Elektrohändler Österreichs zur Vertragshilfe und damit zur Information über solche Versandhandelsmodelle verpflichtet. In der Praxis nehmen wir diese Aktivität so gut wie nicht wahr.

Das Problem ist auch schon auf europäischer Ebene bekannt und wird wahrscheinlich bald in eine entsprechende Gesetzesänderung seitens des Europäischen Gesetzgebers zu solchen Online-Handelsplattformen münden. Wir verstehen die Forderungen des Elektrohandels als Unterstützung in diesem Punkt.

Wir bleiben daher zuversichtlich, die Gleichbehandlung der österreichischen Händler mit internationalen Versandhändlern und den entsprechenden Marketplace-Händlern auch weiterhin sicherstellen zu können. Wir weisen jedoch darauf hin, dass, solange Cloud-Speicherdienste für Private von der Vergütungspflicht ausgenommen sind, eine Gleichbehandlung niemals erzielt werden kann. Hier sollte der Elektrohandel gemeinsam mit uns die Forderung nach einer Gesetzesänderung hin zu einer Cloud- Speichermedienvergütung endlich unterstützen.

 

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Kommentare (2)

  1. Diese Abgabe gehört nicht pauschaliert – sondern abgeschafft!
    Wir versenden hunderte DVDs im Jahr mit Software-Updates an Kunden ohne Internet. Der Zirkus erst Abgaben zu entrichten und diese dann wieder zurück zu fordern kann mir aber gestohlen bleiben. Daher bestelle ich erst recht bei Amazon. Eine DVD/BD ist heute ein Wegwerf-Artikel, den man für die temporäre Speicherung verwendet und egal was man darauf speichert, wird dies ohnehin auf einer Festplatte landet. Und selbst wenn man eine DVD für Video Content verwendet, dann kann man dort auch HD Inhalte speichern. 1920×1080 mit Blu-ray Struktur nennt sich Mini-BD und da passen auf eine DVD nur 30 Min. Film, statt 2 Stunden. Für Speichermedien irgendwelche Zeiten zu berechnen ist ohnehin weg von jeglichem Zeitgeist. Bei SDXC Karten können mit 64 GB entweder 11,8 Stunden in HDTV-Qualität oder 34 Minuten UHD/4k von aktuellen Broadcast Kameras aufgenommen werden. Und selbst erstellter Content ist überhaupt frei von jeglichen Urheberrechtsabgaben. Also weg damit!

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  2. Cloudspeichermedienvergütung auch noch?
    Darfs vielleicht auch noch eine Abgabe aufs menschliche Gedächtnis sein, wenn man einen Song so abgespeichert hat, dass man die Melodie summen kann?

    Abzocke, wie die Leerkassettenabgabe sollen wie die originalen Medien den Lauf der Zeit folgen: in die Tonne damit!
    Es werden ohnedies meist nicht die Künstler vergütet, die tatsächlich gespeichert werden.

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