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Freitag, 19. April 2024
Handelsverband: Eine erste Bilanz nach einer Woche Lockdown II

„Lage für Handelsbetriebe verschärft sich weiter“

Hintergrund | Stefanie Bruckbauer | 09.11.2020 | |  Branche
Handelsverband GF Rainer Will zieht Bilanz des zweiten Lockdowns. Er sagt: „Der stationäre Handel verliert dramatisch.“ (Bild: fotoART by Thommy Weiss/ pixelio.de) Handelsverband GF Rainer Will zieht Bilanz des zweiten Lockdowns. Er sagt: „Der stationäre Handel verliert dramatisch.“ (Bild: fotoART by Thommy Weiss/ pixelio.de) Nach einer Woche „Lockdown light" zieht der Handelsverband eine erste Bilanz für den österreichischen Handel – eine ernüchternde Bilanz, denn der zweite Lockdown inkl. nächtlicher Ausgangsbeschränkungen habe die angespannte Lage vieler heimischer Betriebe weiter verschärft, wie Handelsverband GF Rainer Will sagt.

„Der zweite Lockdown und insbesondere die Betretungsverbote in der Gastronomie haben auch im gesamten stationären Handel zu dramatischen Frequenz- und Umsatzverlusten geführt. Die wirtschaftliche Triage braucht nun zielsichere Hilfen auch für indirekt von den Schließungen betroffene Betriebe, die durch Umsatzausfälle offenkundig direkt betroffen sind. Daher begrüßen wir, dass die Bundesregierung unsere Forderung aufgreift“, unterstreicht Rainer Will, Geschäftsführer des Handelsverbandes.

Knüppeldick

Wie Rainer Will sagt, verlieren fast alle stationären Händler sowohl durch den Homeoffice-Effekt als auch durch die neuen Restriktionen dramatisch. Mode- und Schmuckhändler berichten von bis zu -80% Umsatzrückgängen, die Lebensmittelgroßhändler gar von -90%. „Vielerorts sind die Zahlen katastrophal“, so Will alarmiert. Während die gesamte Gastronomie ebenso wie viele Freizeiteinrichtungen für Gäste im November komplett gesperrt sind, darf der Handel zwar weiterhin offen haben – jedoch unter streng verschärften Hygiene-Vorgaben. Damit waren etwa der Totalausfall im Lebensmittelgroßhandel, der mit der Gastro seinen größten Kunden verliert, und auch die Einbrüche der Kundenfrequenz im gesamten Handel vorprogrammiert, was sich in den aktuellen Zahlen des Handelsverbandes widerspiegle, eie Will sagt. „Auf der Fläche sind die Umsätze in der letzten Woche lediglich im Lebensmitteleinzelhandel einigermaßen stabil geblieben bzw. leicht gestiegen.“

eCommerce profitiert weniger stark als erwartet

Anders als noch der erste Lockdown (im März und April 2020) habe der zweite auch im Onlinehandel bisher zu keinen nennenswerten Umsatzzuwächsen geführt, wie Will feststellt. „Zwar liegen die Umsätze im eCommerce weiterhin um rund +20% über dem Vorjahresniveau, dies war allerdings auch schon vor dem zweiten Lockdown der Fall und verteilt sich sehr ungleich. Einen ungebremsten Boom verzeichnen hierbei stay-at-home-Sortimente wie Fitnessgeräte, Spielzeug und Unterhaltungselektronik“, berichtet der Handelsverband GF.

Handel braucht Planungssicherheit

„Der heimische Handel hat volles Verständnis für die neuen Corona-Maßnahmen des Gesundheitsministers. Genau dieses Verständnis erwartet sich der Handel aber auch vom Gesundheitsminister. Transparente Kommunikation ist die Basis für Planungssicherheit, sowohl für die Konsumenten als auch für die Händler. Was wir nicht brauchen können, sind täglich neue, vage Ankündigungen über etwaige Verschärfungen und im Nachgang verzögerte Verordnungen. Im Ergebnis hat sich die Sparquote bereits fast verdoppelt, was den Wirtschaftskreislauf hemmt“, gibt Will den Frust der Branche wieder, der ihn aus allen Bundesländern erreicht, wie er sagt. „Sollte es tatsächlich nochmal zu einem kompletten Lockdown kommen, muss dieses Mal rechtlich klar geregelt werden, das ‚Click & Collect‘ zulässig ist, damit die Händler so wie die Gastronomen zumindest Waren vor Ort ausgeben können“, ergänzt er.

„Es geht um Arbeitsplätze“

Wirtschaftshilfen müssen an die wirtschaftlichen Realitäten angepasst werden und nicht umgekehrt, wenn man dem Motto ‚Wir lassen niemanden zurück‘ treu bleiben will. Warum werden derzeit Expansion und Neuanstellung faktisch gestoppt, indem man beim Fixkostenzuschuss eine starre Vorjahresbetrachtung anlegt? Das verhindert jede Neueröffnung im Land. Alle Betriebe mit Lockdown-bedingten Umsatzeinbußen sollten entsprechend gestützt werden, ob es in das Schema passt oder nicht, es geht um Arbeitsplätze. Weg mit groben Umsatzstufen und den starren Ober- und Untergrenzen“, fordert der Handelsverband GF im Namen der betroffenen Händler.

Sollte tatsächlich auf den von der EU vorgesehenen Verlustausgleich verzichtet werden, der für die Wirtschaft essentiell wäre, dann müsse der neue Fixkostenzuschuss „Prozent für Prozent“ an Umsatzausfall für die Firmen aufkommen. „Die Einschränkung, auf ein Instrument bewusst zu verzichten, welches die Treffsicherheit für die Betroffenen sichergestellt hätte, ist jedoch kaum argumentierbar. Unternehmen anderer EU-Länder, die teilweise mit den österreichischen Firmen im Wettbewerb stehen, werden auf den Verlustausgleich zurückgreifen, daher ist die praxisnahe Ausgestaltung – im neunten Monat der Krise – entscheidend, um den Winter zu bewältigen“, sagt Will.

„Nervliche Belastung nicht mehr länger zumutbar“

Die Zeit dränge, wie Will sagt, denn egal ob Einpersonenunternehmen (EPU), Mittelständler (KMU) oder Konzern: „Die nervliche Belastung ist den Arbeitgebern und Arbeitnehmern nicht mehr länger zumutbar. Die doppelten Gehälter („Weihnachtsgeld“) sind in den kommenden Tagen aufzustellen. Um die Arbeitsplätze zu schützen, muss das Geld jetzt mit jener Selbstverständlichkeit fließen, mit der man auch aus verständlichen Gründen in die Erwerbsfreiheit eingegriffen hat – und sowohl direkt als auch indirekt betroffene Leidtragende erzeugt hat.“

 

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