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Freitag, 29. März 2024
Recht im Handel – Handeln im Recht

Corona und arbeitsrechtliche Fragestellungen: Folgen der Quarantäne, verpflichtende Tests und Möglichkeiten des Unternehmers

Hintergrund | Dr. Nina Ollinger | 15.11.2020 | |  
Nach wie vor beherrscht das Thema Corona viele Bereiche unseres Lebens. Bereits in der vorletzten Ausgabe habe ich einen Überblick über die arbeitsrechtlichen Fragestellungen gegeben. In Ergänzung dazu zeigen sich gerade jetzt viele Fragestellungen im Zusammenhang mit der Quarantäne, die Mitarbeiter treffen kann, oder vielleicht auch treffen muss? Ein kurzer Überblick für Unternehmer und Arbeitgeber.

Wie schon in der vorletzten Ausgabe ausgeführt, muss der Arbeitgeber im Rahmen seiner Fürsorgepflicht für seine Mitarbeiter sorgen, das betrifft nicht nur die Risikogruppe, sondern alle Mitarbeiter. Das bedeutet aber nicht, dass ein Chef seine Mitarbeiter automatisch zu COVID-Tests umgehend verpflichten kann. Eine derartige Test-Pflicht erlegen sich aber derzeit viele Unternehmen freiwillig auf. Eine Verpflichtung des einzelnen Mitarbeiters kann aber aus dem Arbeitsrecht nicht per se abgeleitet werden. Dort wo Risikogruppen zusammentreffen, wird das Interesse des Arbeitgebers jedenfalls überwiegen, in sonstigen Bereichen, wo auch andere Maßnahmen möglich sind, wird der Arbeitgeber auf die Freiwilligkeit der Mitarbeiter angewiesen sein. Das sollte im Einzelfall genau geprüft werden.

Ähnlich verhält es sich bei der Test-Pflicht bei COVID-Symptomen; Mitarbeiter zu verpflichten, sich bei Symptomen per se sofort testen zu lassen, auch wenn der Mitarbeiter davon ausgeht, lediglich Halsschmerzen zu haben, wird im Sinne des Arbeitsrechts wahrscheinlich als überzogen zu bewerten sein. Als Unternehmer kann man natürlich mit freiwilligen, vom Arbeitgeber bezahlten Mitarbeitertests mit Sicherheit viele Mitarbeiter dazu bewegen, gerade in der jetzigen Zeit sich austesten zu lassen. Weigert sich ein Mitarbeiter, ist abzuwägen, wie damit umgegangen wird. Ist eine „Isolation“ (dauerhafte Einhaltung des Mindestabstandes) nicht möglich, ist der Arbeitgeber zum Schutz der Kollegen abhängig vom Sachverhalt allenfalls auch dazu verpflichtet, eine „Quarantäne“ aufzuerlegen, ohne dass es einen BH-Bescheid gibt, dh den Mitarbeiter nach Hause zu senden. Als Unternehmer muss man aus arbeitsrechtlicher Sicht Mitarbeiter bei möglichen einschlägigen Symptomen zum Schutz der anderen mE jedenfalls sofort nach Hause schicken. Mitarbeiter selbst müssen beachten, dass bei Gefahr der Verbreitung einer anzeige- oder meldepflichtigen Krankheit, wozu COVID-19 gehört, ein Straftatbestand besteht (siehe vorletzte Kolumne). Aus diesem Gesichtspunkt kann als Unternehmer auf die eigenen Mitarbeiter mit Sicherheit entsprechend eingewirkt werden, Klarheit durch einen Test zu erlangen.

Wird ein Mitarbeiter in Quarantäne geschickt, nicht auf freiwilliger Basis, sondern weil tatsächlich ein positiver Test vorliegt, so hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Der Arbeitgeber hat diesbezüglich einen Vergütungsanspruch gegenüber dem Bund, der auch die Sonderzahlungen beinhaltet. Eine Kündigung wegen einer Quarantäne wäre wohl juristisch als sogenannte Kündigung wegen eines verpönten Motivs zu beurteilen und höchstwahrscheinlich rechtswidrig. Auf den Anspruch auf Urlaub oder auch Pflegefreistellung hat die Inanspruchnahme von Quarantäne keine Auswirkung. Fakt ist jedoch: Ist der Mitarbeiter nur positiv getestet und entwickelt er keine Symptome, hat er, wenn der Arbeitgeber ihm dies einrichtet und es möglich ist, im Wege des Home Office seiner Arbeitsleistung nachzukommen.

Problematisch wird es selbstverständlich für Unternehmer dann, wenn mehrere Personen des eigenen Unternehmens in Quarantäne sind. Soweit Home Office möglich ist, wenn die Mitarbeiter positiv getestet sind, aber keine Symptome zeigen, lässt sich die Situation hier noch teilweise abmildern. Ist das nicht möglich oder wird trotzdem der Geschäftsbetrieb gefährdet, ist zu überlegen, ob ein Fall nach dem Epidemiegesetz vorliegt, wonach Entschädigungszahlungen des Staates möglich sind, wenn einzelne Betriebe zu sperren sind. Hier sollte man in gutem Austausch mit einem Rechtsberater sowie der Behörde stehen, um allenfalls alle Möglichkeiten für das eigene wirtschaftliche Überleben ausschöpfen zu können.

Eine für Arbeitgeber angenehmere Regelung noch zum Schluss: Gibt es ein gesetzliches Betretungsverbot in einem Betrieb, darf der Dienstgeber von seinen Dienstnehmern, die aufgrund der gesetzten Maßnahmen ihre Dienstleistungen nicht erbringen können, den Verbrauch von Urlaubs- und Zeitguthaben verlangen. Das Ausmaß diesbezüglich ist aber begrenzt; zB maximal 2 Wochen Urlaub bzw insgesamt maximal 8 Wochen an Urlaubs- und Zeitguthaben.

In dieser herausfordernden Zeit wünsche ich allen Unternehmern und deren Arbeitnehmern alles Gute!

RA Dr. Nina Ollinger, LL.M
02231 / 22365
office@ra-ollinger.at
www.ra-ollinger.at

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