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Donnerstag, 25. April 2024
Corona-Eintrittstests in den Geschäften weder sinnvoll noch praktikabel

Handelsverband steht „Corona-Eintrittstests“ offen gegenüber. Außer im Handel

Hintergrund | Stefanie Bruckbauer | 07.01.2021 | |  Branche
Der Handelsverband begrüßt den Vorschlag künftig das Betreten von Kultureinrichtungen, Hotels und Restaurants nur mehr mit einem gültigen „Corona-Eintrittstest Der Handelsverband begrüßt den Vorschlag künftig das Betreten von Kultureinrichtungen, Hotels und Restaurants nur mehr mit einem gültigen „Corona-Eintrittstest" zu erlauben. Im Handel allerdings sei so ein Vorgehen weder sinnvoll noch praktikabel. (Bild: Anna-Lena Ramm/ pixelio.de) Um künftige Lockdowns zu vermeiden steht der Handelsverband „Corona-Eintrittstests" offen gegenüber, aber nur in Branchen mit langen Aufenthaltsdauern – also zB Kultureinrichtungen, Hotels und Restaurants. Im Handel hingegen wären verpflichtende Corona-Eintrittstests weder sinnvoll noch praktikabel, wie der Verband erklärt.

Der Handelsverband begrüßt den Vorschlag der Bundesregierung und der Landeshauptleute, künftig das Betreten von Kultureinrichtungen, Hotels und Restaurants nur mehr mit einem gültigen „Corona-Eintrittstest“ zu erlauben, wie der Verband in einer Aussendung informiert.

„Angesichts steigender Fallzahlen trotz des harten Lockdowns können Corona-Eintrittstests als Momentaufnahme in Bereichen mit langer Aufenthaltsdauer ein Teil der Strategie sein, um die Pandemie in den Griff zu bekommen und Arbeitsplätze abzusichern. Insbesondere, wenn die Alternative ein vierter Lockdown wäre, der unsere Volkswirtschaft wöchentlich zwei Milliarden Euro kostet. Etwaige Kontrollen können in der Praxis in zahlreichen Bereichen nicht von den Betreibern übernommen werden, hier sehen wir die Gesundheitsbehörden zuständig“, sagt Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will in einer ersten Stellungnahme.

Wichtig sei jedoch, dass bei „derart einschneidenden Eingriffen in die Grundrechte“ zum Wohle der Gesundheit der Bevölkerung möglichst mit Freiwilligkeit agiert wird und etwaige Zutrittsverpflichtungen nach Maß und Sinnhaftigkeit festgelegt werden. „Bereiche mit geringer Kundenintensität wie der Handel müssen aufgrund der Systematik der losen Kundenanbahnung und zeitlich kurzer Kundenkontakte davon ausgenommen sein“, sagt Rainer Will und: „Regelungen dieser Art müssen möglichst rasch wieder aufgehoben werden, sobald sich die virologische Gesamtsituation verbessert bzw. Covid-Impfstoffe oder Medikamente flächendeckend für die Menschen verfügbar sind.“

Damit die Maßnahme „Corona-Eintrittstest“ überhaupt funktionieren könne, müssen erstens die Bundesländer eine permanente Coronatest-Infrastruktur aufbauen und zweitens auch die Kontrollen entsprechend geregelt werden, wie Will fordert.

„Keine Corona-Eintrittstests im Handel“

Der Handelsverband sagt: „Ob das Freitesten nun Eintrittstesten heißt oder anders. Entscheidend ist eine Branchendifferenzierung nach Dauer und Intensität des Kundenkontaktes.“ Für den Einzel- und Großhandel seien derartige Corona-Eintrittstests aufgrund der begrenzten Aufenthaltsdauer nicht vorgesehen. „Wir haben im Handel eine durchschnittliche Einkaufsdauer von lediglich 13 Minuten. Selbst in großen Verbrauchermärkten liegt die Verweildauer der Kunden im Schnitt unter 20 Minuten. Daher wären verpflichtende Corona-Eintrittstests in den Geschäften weder sinnvoll noch praktikabel. In der Praxis bewährt haben sich hingegen die umfassenden Sicherheits- und Hygienemaßnahmen der Händler“, so Rainer Will.

Transparente Test- & Impfstrategie erforderlich

Überdies brauche es endlich eine transparente öffentliche Teststrategie sowie eine stärkere Einbindung privatwirtschaftlicher Unternehmen beim Testen, wie Rainer Will erläutert. „Unzählige Händler und mehr als 100 Shoppingcenter hatten Gesundheitsminister Anschober bereits im November letzten Jahres entsprechende Test-Infrastrukturen angeboten. Auf eine Antwort aus dem Gesundheitsministerium.“

„Wir unterstützen jede sinnvolle Maßnahme des Gesundheitsministeriums gerne, egal ob Lockdown, Maskenpflicht, Mindestabstand oder eine maximale Kundenanzahl in den Geschäften. Aber im Gegenzug erwarten wir uns von Minister Anschober nach 300 Tagen Corona-Krise wenigstens ein Mindestmaß an Einbezug sowie eine klare, nachvollziehbare Test- und Impf-Strategie. Die Menschen in unserem Land fragen sich berechtigterweise: Wann kann ich mich testen lassen? Wann kann ich mich impfen lassen?“, erklärt Will.

Transparenz und Planungssicherheit seien jetzt entscheidend. Gerade in dieser unsicheren Zeit. Bis eine flächendeckende Verfügbarkeit der Impfungen sichergestellt sei, brauche es entsprechende Anreize für eine möglichst breite Beteiligung der Bevölkerung an den Testungen. „Die Erfahrung macht sicher: Gerade vor Weihnachten haben sich die Menschen am häufigsten den kostenfreien Massentests unterzogen, und das freiwillig. Warum? Weil sie das Weihnachtsfest gemeinsam mit ihren Liebsten und möglichst sicher feiern wollten“, sagt Will und: „Wir sind überzeugt davon, dass es positive Anreize braucht. Sowohl bei den Tests, als auch bei den Impfungen. So könnte etwa ein 50 Euro Gutschein für alle, die sich freiwillig testen lassen, zumindest initial einen wesentlichen Beitrag leisten, um das Ziel der Bundesregierung zu erreichen.“

Vierten Lockdown unbedingt vermeiden

Oberstes Gebot müsse heuer sein, einen vierten Corona-Lockdown unbedingt zu vermeiden. Daher empfiehlt der Handelsverband, neben dem Mindestabstand auch den Faktor Zeit stärker einzubeziehen. Vorstellbar wäre etwa eine maximale Aufenthaltsdauer im Geschäft, um das Infektionsrisiko weiter zu reduzieren, sofern die gesundheitsbehördliche Evidenz dies zulässt. „Damit soll ein nachhaltiges Wirtschaften trotz Coronavirus ermöglicht werden, um existenzielle Kollateralschäden einzudämmen und Arbeitsplatzsicherheit zu gewährleisten“, sagt Will.

Umsatzersatz: „Ursprünglich geplante Begrenzung bis 31.12. ist inakzeptabel“

So sehr es weder die Politik noch die Menschen mehr hören können, so präsent sei die wirtschaftliche Problematik der Corona-Krise, die sich weiterzuspitze: „Unzählige betroffene Unternehmen kämpfen mit Liquiditätsengpässen. Sie brauchen rasche und höhere Hilfen sowie Planungssicherheit in steuerlicher, finanzieller und bilanzieller Hinsicht“, appelliert der Handelsverband GF. Der Umsatzersatz habe sich bereits im zweiten Lockdown bewährt und war das einzige Instrument, das rasch an die betroffenen Firmen ausbezahlt werden konnte. Will weiter: „Da alle anderen Hilfen (u.a. Kurzarbeit, Fixkostenzuschuss, Verlustersatz) bürokratischer zu beantragen sind und erst mit erheblicher zeitlicher Verzögerung auf den Konten der Betriebe landen, muss die 800.000 Euro Deckelung fallen und der Umsatzersatz auch für den gesamten dritten Lockdown ausbezahlt werden und damit für die Dauer der behördlichen Schließung. Die ursprünglich geplante Begrenzung bis 31.12. ist inakzeptabel, die Händler können keine weiteren Corona-Krisenschulden vorfinanzieren.“

Weitere Forderungen des HV

Überdies fordert der Handelsverband eine unbürokratische, gleichwertige Unterstützung für alle indirekt vom Lockdown betroffenen Unternehmen. Die Bundesregierung hat laut Verband inzwischen zugesichert, diesen logischen Schritt zu setzen und einen fairen Umsatzersatz für indirekt betroffene Betriebe auszuzahlen. Hierfür müsse die Untergrenze als Auszahlungsbedingung zumindest von 40% auf 30% Umsatzausfall gesenkt werden, wie der Verband fordert.

Forderung nach einem für alle Menschen im Land transparenten Corona-Plan

„Das Coronavirus macht keine Ferien, es wird uns auch 2021 begleiten. Daher fordern wir einen für alle Menschen im Land transparenten Corona-Plan, der der Bevölkerung Planungssicherheit gibt, ab welchem Zeitpunkt eine flächendeckende Testinfrastruktur zur Verfügung stehen wird und ab wann eine bundesweite Impfung für die Gesamtbevölkerung (‚Phase 3‘) zeitlich angeboten werden kann. Die Wirtschaft und deren Beschäftigte brauchen praxistaugliche, branchenspezifische Corona-Umsetzungskonzepte, damit ein nachhaltiges Wirtschaften und Leben mit dem Virus möglich ist. Kollateralschäden durch staatliche Eingriffe müssen so gering wie möglich gehalten werden, damit Fortbestand und Beschäftigung gesichert werden kann. Die Volksgesundheit definiert sich neben der körperlichen Gesundheit ja auch über die psychologische Gesundheit, zu der auch die Arbeitsplatzsicherheit zählt“, so Rainer Will abschließend.

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