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Samstag, 20. April 2024
Gedanken

Fall einer Diva

Kleingeräte | Stefanie Bruckbauer | 04.04.2021 | Bilder | | 5  Meinung

Stefanie Bruckbauer
Wenn sich ein Unternehmen drastisch verändert, sein Rundherum darüber aber im Unklaren lässt und schweigt, dann wirft das Fragen auf. Und wenn diese Fragen nicht beantwortet werden, dann macht man sich halt so seine Gedanken ....

Kundenzentrierung ist eines jener Schlagworte, das sich Philips Personal Health an die Fahnen heftet. Der Handel als Kunde dürfte damit allerdings nicht gemeint sein, denn wie sonst lässt es sich erklären, dass Handelspartner über Wochen völlig im Dunklen gelassen werden hinsichtlich des weiteren Vorgehens von Philips in Österreich. Die heimische Geschäftsführung ist schon längst gekündigt, die Belegschaft in der Zentrale auf ein notwendiges Minimum reduziert, die gewohnten Vertriebsstrukturen zerschlagen, Verantwortlichkeiten aus dem Land abgezogen, neue Ansprechpartner im Ausland positioniert. Royal Philips scheint einen Masterplan zu haben, auf Nachfrage existiert dieser offiziell allerdings nicht. Die Konzernkommunikation – die einzige Abteilung, die für Anfragen erreichbar ist – stellt sich unwissend, man arbeite daran, werde „zeitnah“ informieren, es tue leid, aber man könne nichts machen, da man selbst nichts Genaues wüsste … komisch nur, dass auserwählten Personen hinter verschlossenen Türen dann doch ein fertiges Konzept präsentiert wird, ein Konzept, das laut offiziellen Aussagen doch gar nicht existieren dürfte …

Es ist traurig, dass sich die letzten Verbliebenen in Österreich vor uns verstecken. Kontaktdaten sind gut gehütete Geheimnisse und wenn wir doch an welche herankommen, dann hebt keiner ab, schreibt keiner zurück. Was sagt das aus? Man denkt sich seinen Teil, wenn das Gegenüber schweigt, und macht sich sein eigenes Bild, doch das kann einer Marke schaden. Dabei könnte das Unternehmen diesen Schaden abwenden, indem es ganz einfach nur offen kommuniziert. Doch der Konzern schweigt. Aber was ist der Hintergrund? Es wissen doch ohnehin schon alle, dass sich Philips Kleingeräte verändert …

Aufklärung erwarten wir uns ehrlich gesagt keine mehr. Irgendwann in den nächsten Wochen wird ein Schreiben eintrudeln, bei den Händlern, bei uns, der Presse, und darin wird in allerschönstem Konzern-Bla stehen, welchen Weg man nun beschreitet, dass man mit Blick auf Kunden und Partner hart daran gearbeitet hätte, sich neu aufzustellen: globaler, offener, vernetzter, europäischer, zukunftssicher, stärker. Zwischen den Zeilen wird allerdings stehen, dass Österreich als Markt uninteressant geworden ist. Dass unser Land mit seinen paar Händlern keine Relevanz mehr hat für einen „Weltkonzern“ wie Royal Philips und dass man Österreich mit dem kleinen deutschen Finger einfach mitziehen wird, wie ein Anhängsel, das keinen Aufwand wert ist.

Dass an diesem Vorgehen auch unzählige Existenzen dranhängen, scheint Philips egal zu sein. Im Vordergrund ist man „Great Place to Work“. Auf der Öffentlichkeitsbühne stellt man den Menschen in den Mittelpunkt. Hinter den Kulissen allerdings ist der Mensch nichts wert. Das hat Philips in den letzten Jahren immer wieder bewiesen, z.B. als einer der letzten österreichischen Geschäftsführer während eines Interviews mit E&W gekündigt wurde. Er ahnte nichts davon und erfuhr erst nach dem Gespräch mit uns, dass er keinen Job mehr hat; nachdem er uns in glühenden Worten erzählt hat, wie toll das Unternehmen sei, für das er arbeitet …

Deutliche Zeichen

Philips Personal Health wurde in den letzten Jahren auch nicht müde zu betonen, wie sehr man den Fokus auf den Fachhandel lege. Doch welchen Stellenwert hat der Fachhandel für das Unternehmen heute wirklich noch? Man darf nicht vergessen, dass es der Fachhandel war, der die Marke in Österreich groß gemacht hat. Philips war vor Jahrzehnten eine der stärksten Marken in der Consumer Electronics. Heute findet sie sich bei vielen Elektrohändlern unter „ferner liefen“, ein paar Kleingeräte stehen vereinzelt in den Regalen, oft nur deshalb, weil die Kooperationen diese Produkte gerade in der aktuellen Werbung haben. Andere Marken, gute Marken, haben Royal Philips längst den Rang abgelaufen, und nun sind es diese Marken, die in der ersten Reihe am POS stehen.

Royal Philips scheint mir wie eine Diva, die einst schön und berühmt war, doch das ist sie schon lange nicht mehr, allerdings will sie das nicht wahrhaben. Klein, alt und verschrumpelt klammert sie sich an ehemalige Erfolge und negiert die allzu deutlichen Zeichen, dass die großen Zeiten auf der Consumer-Bühne vorbei sind. Royal Philips, der einst erfolgreichste Elektronikkonzern der Welt, hat sich selbst scheibchenweise demontiert. Eine erfolgreiche Sparte nach der anderen wurde abgespalten und verkauft: Zuerst TV, dann Audio, dann Licht und jetzt gerade Haushaltskleingeräte. Nur was bleibt dann übrig? Von einer schillernden Consumer-Marke wahrscheinlich gar nichts mehr.

Bilder
Die glänzenden Zeiten auf der großen Consumer-Bühne sind vorbei. (Bild: Gabriele genannt Gabi Schoenemann/ pixelio.de)
Die glänzenden Zeiten auf der großen Consumer-Bühne sind vorbei. (Bild: Gabriele genannt Gabi Schoenemann/ pixelio.de)
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Kommentare (5)

  1. Fragt einmal die Altersgruppe 12 bis 25, ob sie Philips kennen bzw. irgendwas Positives dazu einfällt.
    Denke nicht wirklich….so viel zur Zukunft einer Marke.
    Aber ist nicht die Einzige..gibt viele anderes Beispiele wie Kodak, Olympus, Grundig, Nikon usw…….
    (ist nur meine subjektive Meinung)

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  2. Ein weiteres (Traditions-)Markenetikett auf Nah- oder Fernostware.
    Da der Kleingerätebereich an einen Investor mit starken Direktvertriebsavancen ging, wird der Handel wohl keine Rolle mehr spielen.

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