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Samstag, 20. April 2024
Grüne Arbeitsplätze und Innovationskraft in Österreich sichern

Branche fordert Photovoltaik-Forschungsinitiative

Photovoltaik | Wolfgang Schalko | 27.04.2021 | Downloads | |  Wissen
Ausgaben für Photovoltaik-Forschung der öffentlichen Hand, 2011 bis 2019 (Werte für 2020 und 2021 von der TPPV geschätzt). Ausgaben für Photovoltaik-Forschung der öffentlichen Hand, 2011 bis 2019 (Werte für 2020 und 2021 von der TPPV geschätzt). Standen vor fünf Jahren noch über 11 Mio Euro für die Photovoltaik-Forschung zur Verfügung, so rechnet die Österreichische Technologiepattform Photovoltaik (TPPV) für heuer nur noch mit knapp 4 Millionen Euro. Hochqualifizierte Forscher, die benötigte Infrastruktur und Österreichs Rolle als „Hidden Champion” drohen deshalb abhanden zu kommen – weshalb die TPPV und der Bundesverband Photovoltaic Austria (PVA) eine spezielle Photovoltaik-Forschungsinitiative fordern, die in der Startphase mit mindestens 40 Mio Euro pro Jahr ausgestattet sein soll.

Photovoltaik wird sich, wie keine andere Technologie im Energiebereich, in den kommenden Jahren und Jahrzehnten rasant weiterentwickeln. Die weit verbreitete Nutzung der Photovoltaik zählt zu den Schlüsselfaktoren für den von der Europäischen Union geplanten Ausbau der erneuerbaren Energien und die Energiezukunft Europas. Der „European Green Deal“ als Maßnahme zur Abwendung der Klimakatastrophe erfordert eine Umstellung der Energiepolitik und insbesondere der veralteten Kraftwerksparks. Überdies ist bis 2050 mit einer Steigerung des Strombedarfs von bis zu 25% zu rechnen, der vor allem auf den Ausbau der Elektromobilität und das Bevölkerungswachstum zurückführen ist. Für ein klimaneutrales Europa muss die Photovoltaiktechnologie daher auf bis zu 60% der Stromerzeugung ausgebaut werden, was einer enormen Steigerung der jetzigen Photovoltaikenergie von mindestens 7.700 GW entspricht.

Laut einer Studie von „SolarPower Europe“, dem europäischen Photovoltaik-Verband, kann die Klimaneutralität Europas mit einem Energiesystem aus 100% erneuerbaren Energien schon vor 2050 kostensparend erreicht werden. Das Besondere dabei ist die Tatsache, dass die Kosten und negativen Auswirkungen auf die Umwelt (Luftverschmutzung, CO2 Belastung etc.) bei Weiterführung des aktuellen Energiesystems weit höher sind als ein nachhaltiges Investment in ein erneuerbares Energiesystem.

Hidden Champions in Österreich

Durch den Ausbau der Photovoltaik werden weltweit 22 Millionen Jobs in der Photovoltaik-Branche prognostiziert, die knapp 2/3 aller Arbeitsplätze im Bereich des Energiesektors ausmachen werden. Dazu Hubert Fechner, Obmann der Technologieplattform Photovoltaik: „Österreich hat mittlerweile ambitionierte Ziele was die Errichtung von innovativen PV Anlagen betrifft, aber auch bei Forschung, Entwicklung und Produktion von Komponenten und Systemen bestehen große Chancen auf die Schaffung vieler heimischer Arbeitsplätze.“ Österreich hätte dabei die Chance, durch innovative Photovoltaik-Lösungen, die speziell im Bereich der Integration und Doppelnutzung im Gebäude-, Verkehrs- und Agrarbereich liegen, bis 2030 zumindest 60.000 Arbeitsplätze zu schaffen. Hinzu kommen noch tausende weitere Arbeitsplätze im Bereich der Stromspeicherung.

Bisheriger jährlicher PV-Zubau sowie zukünftig notwendiger jährlicher PV-Zubau (zum Erreichen des im EAG festgeschriebenen Ziels).

Herbert Paierl, Vorstandsvorsitzender von Photovoltaic Austria, ergänzt: „Für die Erreichung der Zubauziele der Photovoltaik in Österreich müssen alle uns zur Verfügung stehenden Flächen genutzt werden. Hierzu braucht es vor allem Innovationen, die neuartige Anwendungen ermöglichen. Nur so kann es gelingen, Österreichs PV-Zubau zu versechsfachen“.

Um im internationalen Wettbewerb weiterhin bestehen zu können, sind laufende Innovationen erforderlich. Österreich verfügt über sehr erfolgreiche PV-relevante Forschungs- und Produktionsunternehmen in der Elektro-, Elektronik- und der Glasverarbeitenden Industrie, in der Gebäudetechnik sowie im Bausektor. Weltweit führende „Hidden Champions” gibt es zum Beispiel für Wechselrichter und für die Verdrahtungen von Solarzellen. „Mit unserer Produktion von Zellverdrahtungen im Burgenland sind wir in einer Nische, in der wir es schaffen, am Weltmarkt unter den Führenden zu sein. Um diese Position halten zu können, ist laufende Weiterentwicklung unbedingt erforderlich“, erklärt Peter Berghofer, Geschäftsführer von Ulbrich of Austria GmbH. Rund 1,5 GWp Modulleistung stattet das Unternehmen mit seinen Komponenten jährlich aus. F&E ist hier essenziell, wie Berghofer ausführt: „60% unseres Umsatzes kommen aus Ergebnissen der Forschung aus den letzten fünf bis zehn Jahren.”

Alfred Mölzer, Geschäftsführer der Kioto Solar, merkt an: „Unsere PV-Modulproduktion in Kärnten zählt zu den größten Produktionen in Europa. Wir investieren gerade 10 Millionen Euro am Standort St. Veit, um das Produktprogramm Photovoltaik in der Gebäudehülle weiter auszubauen.“ Derzeit seien in ganz Europa Initiativen feststellbar, um die PV-Produktion (wieder) aufzubauen. Daher setzte gerade in Wettbewerb ein – insbesondere um materielle wie personelle Kapazitäten. Die Spitzenposition im PV-Bereich zu erhalten gehe somit nur über Forschung und Entwicklung.

Gernot Oreski, Leiter des Geschäftsfeld Smart material testing am PCCL, bestätigt: „Österreich ist in der europäischen PV-Forschung sehr weit vorne und ist auch International sehr gut unterwegs.“ Österreichische Forscher würden bei praktischen allen globalen Initiativen eine zentrale Rolle spielen. Und es gehe nicht nur um die Produktion, sondern auch um innovative Dienstleistungen wie zB Predictive Maintenence.

Innovationen dringend notwendig, um PV-Potenzial vollständig zu nutzen

Für laufende Innovationen ist eine breit aufgestellte F&E Infrastruktur notwendig, die auch durch entsprechende Forschungsprogramme des Bundes und der Länder unterstützt werden muss. „Völlig unverständlich ist, dass die Fördermittel für technologiebezogene Photovoltaik-Forschung in den letzten Jahren jedoch deutlich rückläufig sind“, zeigt sich Fechner empört. Waren es 2016 noch über 11 Millionen Euro, die für die Photovoltaik-Forschung zur Verfügung standen, so erwartet die TPPV für 2021 knapp 4 Millionen Euro. „Der Rückgang an Forschungsförderung führt dazu, dass international hoch anerkannte Forscherinnen und Forscher sowie die dazu benötigte Infrastruktur abzuwandern drohen“, fasst Fechner zusammen. „In der PV herrscht Aufbruchsstimmung und es gilt, die Basis für die Zukunft zu schaffen sowie Innovationen anzustoßen. Jetzt besteht die historische Chance für Österreich, sich hier entsprechend zu positionieren.”

TPPV und PVA fordern daher gemeinsam von der Bundesregierung eine spezielle Photovoltaik-Forschungsinitiative, in der spezifische thematische Forschungs-Förderungen, aber auch aws-Basisprogramme sowie Instrumente des Klima- und Energiefonds gebündelt werden. Dringender und erhöhter Forschungsbedarf besteht in den wichtigsten Marktsegmenten der Bauwerkintegration (z.B. Industriebauten, Mehrfamilienhäuser), der Integration ins Energiesystem (z.B. Energiegemeinschaften), der Mobilität (Lärmschutz, Bahntrassen, Straßen und Verkehrsflächen) sowie der Landwirtschaft (Agrar-Photovoltaik und schwimmende Photovoltaik). In der Startphase, dh den nächsten 3-5 Jahren, sind dafür jährlich 40 bis 60 Millionen Euro an Forschungsförderung erforderlich, um den Innovationsstandort Österreich und das Ziel der Schaffung zehntausender österreichischer Green-Jobs im Bereich der innovativen Photovoltaiktechnologie zu ermöglichen und weiterhin international relevanter Wirtschaftsstandort zu bleiben. „Die Innovationen von heute sind die Forschungsfelder von gestern”, gibt Oreski in diesem Zusammenhang zu bedenken. „Wollen wir also auch in fünf Jahren Innovationen haben, dann müssen wir jetzt danach forschen. Genau darauf wollen wir mit dieser Initiative hinweisen.”

Downloads
Forschungsfolder der Technologieplattform Photovoltaik
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