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Donnerstag, 28. März 2024
Nachruf von Andreas Rockenbauer

Anton Schalkamp (1952 – 2021) – Manager der Herzen

Andreas Rockenbauer | 09.05.2021 | |  
Anton Schalkamp: Mr. Bose liebte seinen Job, den Handel… Anton Schalkamp: Mr. Bose liebte seinen Job, den Handel… Fast auf den Tag genau vor sechs Jahren tippte ich mit großer Leidenschaft und ein wenig Wehmut ein Editorial in die Tastatur, das einem Mann gewidmet war, der nahezu jedes meiner 30 Branchenjahre auf eine ganz außergewöhnliche Weise geprägt hatte. Damals musste der erfolgreiche Bose-Manager nach 39 Jahren die Bühne verlassen. Vor dem großartigen Menschen senkte sich am 13. April – nach einem tragischen Verkehrsunfall – der Schlussvorhang.

Das Editorial trug den Titel „Der Mann mit der Goldenen Brille” und war als sehr persönliche Verbeugung vor einem der charismatischsten – und dabei unprätenziösesten – Branchenmanager gedacht, die ich kennenlernen durfte. Viel wichtiger als der Titel aber waren ein paar Worte, mit denen ich den Text zusammenfasste: „Das ist zum Glück kein Nachruf. Sondern eine Liebeserklärung. Irgendwie.” Dass ich hier und jetzt – verdammt nochmal viel zu früh – doch noch einen Nachruf auf Anton Schalkamp verfasse, der nur 68 Jahre alt geworden ist und Pläne, Lebensfreude und Herzenswärme für ein ganzes Menschenleben mit in sein Grab genommen hat, fühlt sich immer noch unwirklich an. Und außerdem ist da noch diese Sorge, dass ihm all diese Worte nicht gerecht werden.

Das Schicksal in Form einer Presseeinladung nach München hatte uns 1996 zusammengeführt und so, wie Anton Schalkamp das Leben vieler seiner Mitstreiter über Jahrzehnte entscheidend beeinflusst hat, führte er wohl auch in meinem auf eine gewisse, zurückhaltende und sanfte, aber unwiderstehliche Weise, Regie. Als sinnstiftende Klammer meiner Branchenwelt.

…und seinen Fendt!

Was schon vor 25 Jahren außergewöhnlich war, würde heute wie ein überzeichnetes Drehbuch wirken: Ein Spitzenmanager, der seinen Firmenwagen fährt, bis der ein Oldtimer ist und der Kilometerzähler die Millionenmarke erreicht? Der an Journalisten zu Weihnachten Selbstgezimmertes verschickt? Diese regelmäßig zu sich nach Hause zum Musikhören aus einem Paar legendärer Bose 601, gespeist aus liebvoll gepflegten Revox-Bandmaschinen einlädt? Mit dem man um drei Uhr morgens an der Hotelbar Whiskey trinkt und tiefsinnige Gespräche führt? Der sich am Wochenende auf einen Traktor setzt und die Felder seiner Landwirtschaft bestellt? Das war er – außergewöhnlich und liebenswert.

Für manche mag Anton Schalkamp als Manager ein Auslaufmodell gewesen sein, weil er nicht den Gott der Excel-Sheets und Powerpoints anbetete, sondern unbeirrbar Nachaltigkeit, Fairness, Integrität, Loyalität, Humor und Ehrlichkeit ins Zentrum seines Handelns stellte. Stets mit einem interessierten Blick auf das Gegenüber, den Menschen hinter Mitarbeiter oder Geschäftspartner. Der Handel – und mit ihm all die kleinen und großen Unternehmer und Unternehmerinnen – war ihm eine lebenslange Herzensangelegenheit. Aber nicht nur, weil das geschäftlich opportun war, sondern weil er das als seine Mission verstand, die ihn ehrlich bewegte und antrieb. Er hatte den Mut, nicht schnelle Entscheidungen zu treffen, sondern solche, die hielten. Auf die Verlass war. Wenn das als Maßstab gilt, dann war er wohl tatsächlich ein Auslaufmodell. Anton Schalkamp hat eine Ära geprägt, die von Dummköpfen beendet wurde. Von Dummköpfen, die eines Tages von der Zukunft belehrt werden, dass einer wie er am Ende doch Recht gehabt hat. Ich bin überzeugt, dass gerade einer wie Anton Schalkamp statt für die Vergangenheit, für eine zukunftsweisende Qualität gestanden ist, der sich viele bloß noch nicht bewusst geworden sind.

Mein Freund Uli Hempel, der als Werbe- und Marketingprofi mit Anton Schalkamp mehr als 30 bewegende Jahre zusammenarbeiten durfte, hat das in einem Nachruf formuliert, wie man es nicht besser ausdrücken kann: „Unsere Verabredung war, dass wir jeden Fehler nur ein Mal machen. So war Anton Schalkamp stets der ideale Mentor auf der kreativen Spielwiese. Anton Schalkamp war in einem sehr wörtlichen Sinn verbindlich: Er setzte auf Verbindung und Bindung zu seinen Mitarbeitern, genauso wie zu allen seinen Geschäfts- und Gesprächspartnern. Wer ihn traf, wird diese Verbindlichkeit bestätigen. Dabei war er stets interessiert und selbstbewusst, aber niemals eitel. Das machte ihn unbestechlich und souverän, aber eben auch in diesem besonderen Maß verlässlich.”

Wenn Anton Schalkamp sprach, hatte er immer etwas zu sagen. Und das ohne sich selbst wichtig zu nehmen. Seine Geschichten „aus dem Leben” waren legendär und transportierten praktische Weisheiten. Sein ganzes Handeln war vom unerschütterlichen Glauben an die Sache und an die Menschen dahinter bestimmt. Folgerichtig auch einer seiner Leitsprüche: „Wichtig ist die Vision.” Und die verfolgte er mit eisener Disziplin, unheimlicher Professionalität, einer erstaunlichen, klugen Hemdsärmeligkeit, blitzschneller Auffassungsgabe und ohne jemals seinen Humor zu verlieren. Der Bauernsohn blieb immer auf dem Boden, war jederzeit fest verbunden mit der Scholle, selbst mit Erfolgen im Gepäck, bei denen andere schon Richtung Weltraum abgehoben wären.

Bei einem lange zurückliegenden Presseevent – ich war um halb fünf Uhr morgens aufgestanden, um den ersten Flieger zu erwischen – freute ich mich derart, Anton Schalkamp zu sehen, dass ich die Runde mit dem Satz begrüßte: „Ich bin heute morgen zu Hause weggefahren und gerade daheim angekommen.” Dieser spontane Ausdruck des unbedingten Wohlbehagens und Vertrauens wurde zu einer Art Running Gag, dessen Kern eine tiefe Wahrheit war.

„Und ich hatte noch soviel vor.” stand auf Anton Schalkamps Parte. Und darunter: „Deine Spuren sind überall sichtbar.” Ja, das sind sie. Und das bleiben sie.

Danke für alles, Anton!

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