Besuchen Sie uns auf LinkedIn
Freitag, 29. März 2024
Super Verbraucherstimmung. Dennoch: Beschaffungskrise bremst Wirtschaftsaufschwung

Q2: HV-Konsumbarometer erreichte neuen Rekordwert

Hintergrund | Stefanie Bruckbauer | 18.08.2021 | |  Unter der Lupe
Die Zuversicht der österreichischen Verbraucher hat im Sommer weiter zugenommen. Das zeigt das Konsumbarometer des österreichischen Handelsverbandes, das für das zweite Quartal 2021 eine signifikant positive Entwicklung ausweist. Es ist aber nicht alles eitel Wonne, denn: Die Einkommenserwartung ist auf dem Tiefstand. Die Angst vor Inflation wächst und die Beschaffungskrise bremst den weltweiten Wirtschaftsaufschwung gravierend.

Während der dritte und vierte Corona-Lockdown im ersten Quartal 2021 noch deutlich auf die Konsumstimmung gedrückt hatten (Wert: 96,35), erreicht das Handelsverband Konsumbarometer im Juni 2021 mit 109,11 den höchsten Wert seit Beginn der Berechnungen im März 2019 (Referenzwert: 100).

Dies decke sich auch mit der positiven Konjunkturentwicklung der österreichischen Wirtschaft, wie der HV sagt. „Laut WIFO konnte das heimische BIP im zweiten Quartal um +4,3% gegenüber dem Vorquartal zulegen. Damit setzte nach den beiden negativen Vorquartalen erstmals wieder ein Wachstum ein.“

Hauptgründe für den jüngsten Erholungskurs seien die optimistische Konjunkturerwartung (von 80,25 im Dezember 2020 auf 123,10 im Juni 2021) und die gestiegene Ausgabenerwartung (von 90,34 auf 116,45). Ein kleiner Wehrmutstropfen sei, dass die Sparneigung der Österreicher auf konstant hohem Niveau bleibe (von 111,89 auf 109,45).

„Die Lockerungen der Corona-Maßnahmen haben im zweiten Quartal 2021 zu einer deutlichen Entspannung der wirtschaftlichen Lage und einem neuen Klima der Zuversicht geführt. Aktuell ist die Verbraucherstimmung so gut wie noch nie seit Beginn der Corona-Pandemie, wir erleben einen regelrechten Nachhol-Trend. Diese Verschnaufpause haben sowohl unsere Händler als auch die Konsumenten dringend gebraucht. Jetzt müssen wir alles dafür tun, dass die vierte Welle das Comeback der heimischen Wirtschaft nicht beendet“, zeigt sich Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will mit Blick auf die Unternehmensbilanzen und den jüngsten Anstieg der Infektionszahlen nach wie vor vorsichtig.

Einkommenserwartung auf Tiefstand. Angst vor Inflation wächst.

Sorgen bereite dem österreichischen Handel insbesondere die weiterhin unterdurchschnittliche Einkommenserwartung. „Mit einem Wert von 95,87 bleibt die Einschätzung der Konsumenten auch im zweiten Quartal 2021 pessimistisch. Konsum ist bekanntlich Psychologie und damit ein hochemotionales Thema“, so der Verband, laut dem die Angst vor Inflation aktuell die Konsumlaune der Bevölkerung bremst. Die Teuerungsrate liegt derzeit mit +2,7% deutlich über dem Vorjahresniveau, erst kürzlich meldete die Statistik Austria für Juli einen massiven Anstieg der Großhandelspreise um +12,1%. Grund dafür sind u.a. nachfragebedingte Preissteigerungen bei vielen Rohstoffen, steigende Treibstoffpreise sowie Lieferengpässe als Folge der Corona-Pandemie.

Beschaffungskrise bremst Aufschwung

Wenngleich sowohl die Unternehmen als auch die Endverbraucher die wirtschaftliche Lage zurzeit deutlich optimistischer einschätzen als noch zu Jahresbeginn, bremst die aktuelle Beschaffungskrise in der Industrie bzw. im Handel und die damit einhergehende Preissteigerungen den weltweiten Wirtschaftsaufschwung gravierend. Mehr als drei Viertel der heimischen Händler (78%) haben mit Lieferverzögerungen oder Lieferantenausfällen zu kämpfen, während gleichzeitig fast zwei Drittel aller Betriebe durch die Lockdowns Altwarenbestände aufgebaut haben.

Auch die heimische Sachgütererzeugung und die Bauwirtschaft leiden unter den Rohstoffengpässen, steigenden Preisen bei Metall, Holz und Kunststoff, dem Containermangel in Fernost sowie Covid-bedingten Ausfällen bei internationalen Fabriken.

Herbst-Ausblick: „Steigende Corona-Infektionszahlen drücken auf Verbraucherstimmung“

Handelsverband-Präsident Stephan Mayer-Heinisch sagt: „Bei aller berechtigten Euphorie angesichts der guten Konsumbarometer-Zahlen im zweiten Quartal zeichnen sich vor dem Herbst bereits erste Gewitterwolken ab. So ist etwa die Konjunkturerwartung der Bevölkerung zwischen Juni und Juli 2021 um mehr als 10 Punkte auf 112,19 eingebrochen. Auch die Einkommenserwartung zeigt im Juli ein kräftiges Minus von 7 Punkten. Nach vier Monaten im Aufwärtstrend hat sich das Konsumbarometer des Handelsverbandes im Juli erstmals wieder negativ entwickelt. Das verlangsamte Impftempo und die steigenden Corona-Infektionszahlen aufgrund der Delta-Variante verunsichern die Kunden. Daher muss jetzt unsere Devise ‚impfen, impfen, impfen‘ lauten.“

Wie sich der private Konsum der Österreicher im weiteren Jahresverlauf entwickeln wird, hänge also entscheidend vom Impffortschritt ab. Um die vom Robert Koch Institut empfohlene Durchimpfungsrate von mindestens 85% der 12- bis 59-jährigen bzw. mindestens 90% der über 60-jährigen Bevölkerung zu erreichen, müssten nicht nur niedrigschwellige Impfangebote gesetzt werden, es brauche auch Positiv-Anreize sowie ein stärkeres Bewusstsein für die Wichtigkeit der Corona-Impfung innerhalb der Bevölkerung, wie Rainer Will betont. Der HV-GF verweist in diesem Zusammenhang nochmals auf die bundesweite Impfkampagne „WIR HANDELN gemeinsam. WIR IMPFEN gemeinsam.“ des österreichischen Handels ab. Oberstes Ziel sei es, „die Gesundheit der Bevölkerung zu stärken, die Politik zu unterstützen und gemeinsam weiteren Lockdowns entgegenzuwirken“. Mehr dazu auf www.handelsverband.at/impfen

Handel pocht auf Senkung der Lohnsteuer & der Lohnnebenkosten

Während sich die Erholung am Arbeitsmarkt erfreulicherweise fortsetzt – Ende Juli waren 344.000 Menschen in Österreich arbeitslos – hat sich der Mitarbeitermangel zuletzt deutlich verschärft. Rainer Will berichtet: „Immer mehr heimische Betriebe haben Probleme, offene Stellen zu besetzen. Während technische Berufe schon lange auf der Mängelberufe-Liste des AMS stehen, hat die Pandemie zu neuen Engpässen in Branchen wie dem Handel und der Gastronomie geführt. Um dieses Problem zu lösen, sind neue Ansätze gefragt. Oberste Priorität sollte die viel beschworene aber leider auch oft verschobene Senkung der Lohnnebenkosten haben. Aktuell ist Österreich bei den Lohnnebenkosten EU-weit Nachzügler. Nirgendwo in Europa zahlen Unternehmen so viel für ihre Beschäftigten, ohne dass es den Angestellten selbst bleibt. Wir müssen jetzt den Faktor Arbeit entlasten, das ist das beste Investment in die Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes.“

Die nächste Steuerreform müsse sowohl bei den Lohnnebenkosten als auch bei der Lohnsteuer ansetzen. „Jenen, die einen Arbeitsplatz innehaben, muss mehr ‚netto‘ vom ‚brutto‘ bleiben, damit auch der Konsum direkt angekurbelt wird. Das muss jetzt passieren. Alle Österreicher, die Tag für Tag hart arbeiten, haben sich das redlich verdient“, so Rainer Will abschließend.

Der „Österreich-Tausender“

Auch der heute von SPAR-Chef Fritz Poppmeier vorgeschlagene „Österreich-Tausender“ wird vom Handelsverband unterstützt. Konkret soll die Bevölkerung durch einen „Österreich-Tausender“, den man im Lohnsteuerausgleich zusätzlich für hierzulande konsumierte Leistungen absetzen können soll, unmittelbar entlastet werden.

 

Diesen Beitrag teilen

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

This site is protected by reCAPTCHA and the Google Privacy Policy and Terms of Service apply.

An einen Freund senden