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Donnerstag, 28. März 2024
Geld und Glück

Vom schnöden Mammon

Wolfgang Schalko | 26.09.2021 | Bilder | |  Meinung

Wolfgang Schalko
Geld macht glücklich, wenn man rechtzeitig drauf schaut, dass man’s hat wenn man’s braucht - mir diesem Klassiker der Werbeliteratur zwangsbeglückte Joki Kirschner das TV-Publikum in den 1980er Jahren. Was damals offen blieb, war die erforderliche Höhe des Betrags – zu der nun der Soziologe Martin Schröder bemerkenswerte Erkenntnisse lieferte, die uns zu denken geben, gleichermaßen aber auch hoffen lassen sollten.

Glück und Zufriedenheit würden viele wohl ganz oben auf die Liste der erstrebenswertesten Dinge im Leben setzen. Doch was wirklich glücklich macht, ist schwer zu sagen und natürlich eine höchst individuelle Angelegenheit – ergo ist eine „Anleitung” allerdings gibt es statistische Daten, die Anhaltspunkte liefern.

Der deutsche Soziologieprofessor Martin Schröder hat die Lebenszufriedenheit von Männern und Frauen anhand von über 600.000 Daten einer Langzeitbefragung methodisch ausgewertet und herausgefunden, dass etwa Kinderlose nicht weniger glücklich sind als Eltern oder der Verlust eines Partners oder eine Behinderung nicht auf ewig unglücklich macht. Nachzulesen gibt es das alles übrigens in Schröders Buch „Wann sind wir wirklich zufrieden? Überraschende Erkenntnisse zu Arbeit, Liebe, Kindern, Geld”.

In Hinblick auf das Berufsleben ging der Soziologe zB der Frage nach, bis zu welchem Punkt ein höheres Einkommen tatsächlich zufriedener macht – und stellte (wie schon andere Forscher vor ihm) fest, dass der damit verbundene Effekt endlich ist. Die Grenze machte Schröder bei ca. 2.000 Euro netto fest. Je mehr Geld man darüber hinaus habe, umso weniger weniger bringe es. Oder anders gesagt: 1.800 statt 800 Euro zu haben, steigere das Glücksgefühl enorm, während es fast egal sei, ob man 4.000 oder 5.000 Euro habe.

Laut dem Soziologen sind es zwei Aspekte, warum mehr Geld weniger zur Lebenszufriedenheit beiträgt als man vermuten möchte: Erstens gewöhnt man sich unheimlich schnell daran und zweitens aufgrund des sog. „abnehmenden Grenznutzens” – demgemäß man sich umso weniger noch etwas kaufen, das man wirklich braucht und zu schätzen weiß, umso mehr Geld man hat. Ein gewisser Wohlstand bringe also sehr wohl etwas, aber „dann ist auch ganz schnell Schluss”, erklärte Schröder in einem Interview mit dem Standard und ergänzte, dass beim Einkommen immer auch das Vergleichen eine Rolle spiele: „Eine Verdoppelung des Gehalts macht laut Experimenten genauso zufrieden wie eine Halbierung des Gehalts aller anderen. Es scheint, als würden wir uns in einem ewigen Wettbewerb befinden, bei dem es ja auch immer jemanden gibt, der über einem steht.” Die Freude über eine neue Jacht könne etwa getrübt werden, wenn im Hafen unzählige noch größere liegen. Das gelte auch in der Arbeitswelt: Eine Beförderung müsse nicht automatisch zu mehr Glück führen, sondern könne auch darin münden, sich permanent mit anderen, besser verdienenden Führungskräften zu messen – und plötzlich ist man nicht mehr der gut bezahlte Angestellte, sondern einer der schlechter bezahlten Manager. „Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit“ – was schon der im 19. Jahrhundert lebende Philosoph Søren Kierkegaard wusste, belegten Schröders Daten: Wer sich gar nicht erst auf Vergleiche einlasse, sei zufriedener.

In Hinblick auf die ideale Arbeitszeit stellten die Studienergebnisse das weit verbreitete Bild von Gleichberechtigung infrage. Denn bei Männern, insbesondere von von Vätern, steigt die Zufriedenheit stark, je mehr Stunden sie arbeiten – erst bei neun Stunden täglich nimmt sie wieder etwas ab. Ein ähnliches Bild zeichnet sich bei kinderlosen Frauen, während es hingegen Müttern auch dann gut geht, wenn sie wenig arbeiten. Schröder führt dies darauf zurück, dass es Männern wie Frauen offenbar besser geht, wenn sie dem Verhalten entsprechen, das ihrem Geschlecht typischerweise zugeschrieben wird – im Fall des Mannes etwa die „Ernährerrolle”.

Rund um Stressfaktoren im Job konnte der Forscher ebenfalls einige interessante Erkenntnisse gewinnen. Etwa, dass es nicht – wie wie gemeinhin gerne vermutet – der fehlende Sinn ist, der das Glückslevel am meisten dämpft, sondern dass jene mit Arbeitsplatzsorgen, hohem Arbeitspensum oder schlechten Aufstiegschancen am stärksten an Zufriedenheit einbüßen. Schröder schlussfolgert, dass „die Selbstverwirklichung eher für eine kleine Elite eine Rolle spielt.“ Die absolute berufliche Erfüllung bringt also nicht zwangsläufig mehr Zufriedenheit als eine Tätigkeit nur zum bloßen Geldverdienen auszuüben. Und selbst Pendeln ist offenbar weniger schlimm wie vielfach angenommen: Erst ab 80 Kilometern pro Tag macht es etwas unzufriedener.

Wie sagt ein sorbisches Sprichwort doch gleich: „Wächst das Geld zu einem Turm, wächst mit dem Geld des Geldes Wurm.” Also: Getrost einmal die Füße hochlegen und die Seele baumeln lassen…

Bilder
Geld regiert die Welt, heißt es – doch glücklich macht es nur bedingt, wie eine wissenschaftliche Untersuchung aufdeckte.
Geld regiert die Welt, heißt es – doch glücklich macht es nur bedingt, wie eine wissenschaftliche Untersuchung aufdeckte. (© Jorma Bork / pixelio.de)
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