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Donnerstag, 25. April 2024
5G Broadcast als Chance für Rund- und Mobilfunk

Next Generation TV: ORS will Fernsehen zukunftsfit machen

Multimedia | Wolfgang Schalko | 13.10.2021 | |  Veranstaltungen, Wissen
ORS-GF Michael Wagenhofer ging in seinem Vortrag auf die massiven Veränderungsprozesse am TV-Markt ein und skizzierte eine zukunftsfähige Positionierung des klassischen Rundfunks. ORS-GF Michael Wagenhofer ging in seinem Vortrag auf die massiven Veränderungsprozesse am TV-Markt ein und skizzierte eine zukunftsfähige Positionierung des klassischen Rundfunks. (© Johannes Brunnbauer) Bei den Österreichischen Medientagen machte ORS-GF Michael Wagenhofer deutlich, dass der Rundfunk auch in Zukunft einen fixen Platz in der TV-Welt beanspruchen und haben wird. Das Potenzial dafür bietet die Verschränkung von linearem TV mit digitalen Bewegtbildangeboten sowie eine Verbesserung der Usabilty.

Die Streaming-Technologie und die damit verbundenen Möglichkeiten für die Konsumenten stellen eine regelrechte „IP-Revolution” dar. Dahingehend erläuterte ORS-Geschäftsführer Michael Wagenhofer in seinem Impulsvortrag „Next Generation TV” zunächst die wichtigsten Aspekte der zukünftigen Rezeption und Distribution, ehe sich eine anschließende Paneldiskussion der Markteinführung sowie den notwendigen Rahmenbedingungen widmete.

Die Zeichen der Zeit

Als vielleicht wichtigste Erkenntnis schickte Wagenhofer voraus: Der Bewegtbildkonsum nimmt weltweit zu und liegt in Österreich derzeit bei etwa 4 Stunden und 40 Minuten. Getragen wird diese Entwicklung einerseits von digitalen Devices wie SmartTVs, Smartphones und Tablets und andererseits von On-demand-Inhalten. Dabei verdrängt Streaming das lineare Fernsehen jedoch nicht, sondern befruchtet dessen Nutzung sogar – was insbesondere für das Erreichen der jüngeren Zielgruppen relevant ist.

Um das zu untermauern, hatte Wagenhofer interessante Zahlen parat: So zeigen SmartTV-Nutzungsdaten aus Deutschland und Großbritannien, dass bei sog. „Dual Users“ (Zuseher, die Smart TVs sowohl für Linear TV als auch für OTT Services nutzen) die Fernsehnutzung überproportional hoch ist und Linear TV auch bei den „Dual Users“ dominiert. Am US-Markt hat Nielsen mit dem neuen Rating System „The Gauge“ eine Methode entwickelt, bei der die tägliche TV-Nutzung und tägliche Streaming-Nutzung über TV-Geräte in Beziehung gesetzt werden. Exemplarisch nannte der ORS-GF den Mai, wo 64% der Nutzung auf klassischen Broadcast und 26% auf Streaming-Angebote enfielen (der Rest auf Gaming, DVDs, etc).

Das bevorzugte Gerät für den Bewegtbildkonsum bleibt der große Fernseher im Wohnzimmer, was v.a. aufgrund der steigenden Verbreitung von Smart TVs dazu führt dazu, dass klassische Fernsehprogramme und OTT Streaming Dienste am Big Screen in unmittelbaren Wettstreit um die Fernsehnutzungszeit treten. „Fernsehen wird daher künftig für die Mehrheit der Haushalte aus einem Mix zwischen OTT Streaming und linearem Fernsehen bestehen, wobei dem linearen Fernsehen weiterhin der ganz überwiegende Anteil zukommen wird”, so Wagenhofers These.

Fit für die Zukunft

Um der zunehmenden Mobilität des Fernsehkonsums Rechnung zu tragen, wurde der Übertragungsstandard 5G Broadcast entwickelt. Hierzulande treibt die ORS dessen Entwicklung federführend voran – seit 2020 mit einem eigenen 5G Broadcast Testbetrieb in Wien. Dieser Standard ist IP-basiert und erlaubt damit damit eine nahtlose Navigation zwischen Linear TV und Streaming – ähnlich wie die in den USA kürzlich unter der Bezeichnung ATSC 3.0. USA kürzlich eingeführte neue Generation des Antennenfernsehens. Im Unterschied zum amerikanischen Pendant wurde der hiesige Standard aber im Zusammenwirken mit dem Normungsgremium des Mobilfunks – 3GPP – formuliert und weist eine Kompatibilität mit Mobilfunkgeräten auf. Smart Phones, die mit 5G Chips ausgestattet sind, werden perspektivisch automatisch in der Lage sein, 5G Broadcast Signale zu empfangen.

Das erklärte Ziel lautet, die Funktionalitäten in wenigen Jahren in handelsüblichen Smartphones unterzubringen, um insbesondere junge Zielgruppen mit live und linear Bewegtbild „to go“ zu versorgen. Dafür engagiert sich die ORS auch intensiv bei der 5G MAG-Group – einer non-profit Organisation mit Sitz in Genf, die Stakeholder entlang der gesamten TV-Wertschöpfungskette vereint, um um 5G Technologien end-to-end, dh von der Produktion über die Distribution bis zur Konsumation, nutzbar zu machen. „5G bzw. 5G Broadcast könnte so zum Katalysator eines künftigen Eco-Systems werden, das die bisher weitgehend getrennten Industrien Medien und Telekom näher zueinander bringt”, so Wagenhofer.

Faires Miteinander

Genau dieses Miteinander stand auch im Zentrum einer Paneldiskussion zum Thema „Next Generation TV”, an der sich neben Wagenhofer auch Matthias Lorenz, Chief Transformation, Market & Corporate Functions Officer bei A1 Telekom Austria, sowie Michael Ogris, Vorsitzender der Kommunikationsbehörde Austria RTR, beteiligten. Lorenz veranschaulichte, dass Videoinhalte bereits 75% des gesamten Datenaufkommens ausmachen und sich durch die Corona-Pandemie sich die Peak Time vom Abend auf 13 Uhr verschoben hat. Beim eigenen Angebot A1 TV sei zu beobachten, dass Features wie 7 Tage Replay mittlerweile von 40% der Kunden pro Monat genutzt und manche Formate gar zu 60-70% nur zeitversetzt angesehen werden – „Nur IP-basiertes Fernsehen hat Zukunft”, brachte es Lorenz auf den Punkt und verwies neben zeit- und ortsunabhängigem Videokonsum auch auf eine ganze Reihe neuer Screens dafür – angefangen beim Video-fähigen Spiegel im Badezimmer über sog. Smart Glasses bis hin zum In-Car-Entertainment. „Die Menschen werden dann ja nicht einfach beim Fenster rausschauen, sondern Medien konsumieren. Dh die größten Bereiche für Medienkonsum werden in Zukunft die Autobahnen sein.”

Lorenz zeigte sich gerade auch in Hinblick auf den Werbemarkt von der Notwendigkeit einer umfassenden Kooperation überzeugt: Um die Zukunft des Medienstandortes Österreich zu sichern, plädierte er eindringlich für einen nationalen Zugang und schlug einen „nationalen Werbeserver” als praktikable Lösung vor. Mittlerweile würden große US-Player rund 40% des Werbevolumens in Österreich vereinnahmen – Tendenz weiter stark steigend – und dabei praktisch die komplette Wertschöpfung abziehen. Ergo müssten sich Infrastrukturbetreiber, Werbeanbieter & Co. auf eben diesen nationalen Werbeserver verständigen, um durch nationale Erstellung der Werbemittel, Ausspielung und Zuschaueradressierung die Wertschöpfung in Österreich zu sichern. Es müsse also ein entsprechendes Verständnis zwischen allen Marktteilnehmern vorhanden sein, sodass jeder kaufmännisch in diesem System (über-)leben könne: „Wir sollten nicht versuchen, uns gegenseitig die Krümel vom Brot zu nehmen, sondern gemeinsam schauen, wo die großen Kuchenstücke liegen.”

Bei der Paneldiskussion waren sich die Diskutanten einig: Es braucht kooperatives Vorgehen, um die Wertschöpfung der Bewegtbildnutzung im Land zu halten (v.l.n.r.: Michael Orgis, Moderatorin Silvia Grünberger, Michael Wagenhofer und Matthias Lorenz). (©Johannes Brunnbauer)

Usability im Fokus

Wagenhofer unterstrich, dass man sich bei 5G Broadcast derzeit stark auf den den Kundennutzen fokussiere: „5G Broadcast ist IP-fähig damit de facto Streaming, nur dass über einen Rundfunkweg zum Endkunden kommt. Die Herausforderung besteht nun darin, aus diesen technischen Möglichkeiten einen besseren Kundennutzen zu formen. Denn gerade beim Fernsehen lassen wir noch sehr viel Potenzial liegen.”

Der ORS-GF erläuterte, dass zB der Erfolg von Netflix nicht nur in den enormen Produktionsbudgets, sondern v.a. auch in der Usability liege. Netflix mache es den Kunden „unglaublich einfach, zum Inhalt zu kommen” und würde zudem die Marktmacht einsetzen, um eigene Netflix-Tasten auf TV-Fernbedienungen oder entsprechende Vorprogrammierungen ihrer Apps zu erreichen. „Davon kann man im positiven Sinn lernen. TV wird noch sehr archaisch genutzt: Man springt von einem Kanal zum anderen und hat außer einem EPG kaum Informationen. Dh die Nutzer sind eigentlich sehr desorientiert und gerade in dieser Orientierung wäre viel möglich. Ein konkreter Anwendungsfall für eine Kooperation zwischen den Programmanbietern wäre beispielsweise, senderübergreifend Orientierung zu bieten und sich dadurch die Bälle gegenseitig zuzuspielen, ohne Marktanteile abzugeben. Wenn es dem User einfacher gemacht wird, spannende Inhalte – die ja tagtäglich laufen – aufzufinden, dann wird das Fernsehen auch wieder eine wachsende Rolle spielen.”

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