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Mittwoch, 17. April 2024
Aus dem Gremium (Teil 4)

Gruber und Hess über das Burgenland und seine Spezifika

Hintergrund Die Branche | Wolfgang Schalko | 18.10.2021 | |  Wissen
GF Christoph Gruber (li.) und Obmann Franz Hess setzen auf umfassende Kommunikation und gelebte Kooperation. GF Christoph Gruber (li.) und Obmann Franz Hess setzen auf umfassende Kommunikation und gelebte Kooperation. Das Landesgremium Burgenland des Elektro- und Einrichtungsfachhandels ist größen- und lagebedingt mit ganz besonderen Herausforderungen konfrontiert. Umso beachtlicher ist es, was die Interessenvertretung für ihre aktuell 328 Mitglieder in den letzten Jahren erreichen konnte – nicht zuletzt dank des Einsatzes der handelnden Akteure, allen voran Obmann Franz Hess.

Im Burgenland überwiegen – wie fast überall im ländlichen Bereich – die kombinierten Betriebe, bei denen wiederum oft der Bereich Elektroinstallation im Vordergrund steht. Dennoch ist der Elektrofachhandel mehr als nur ein „Beiwagerl”, gerade weil das Volumen im Handel während der Corona-Pandemie stark gestiegen ist und vor allem Click & Collect am Land sehr gut funktioniert hat. Geschäftsführer Christoph Gruber und Obmann Franz Hess über Digitalisierung, Grenznähe und Initiativen des Landesgremiums Burgenland.

Welche Rolle spielt das Landesgremium für den burgenländischen Elektrohandel?

Christoph Gruber: „Die Händler sollen direkt in die Arbeit des Gremiums eingebunden sein.”

Christoph Gruber: Wir sind aufgrund unserer Mitgliederanzahl ein kleines, aber feines Team. Das Landesgremium ist stets erster Ansprechpartner bei allen Fragen, Anliegen oder Problemen des Händlers – und das wissen unsere Mitglieder auch. In der Corona-Zeit ist vieles über elektronische Kommunikation gelaufen und hat wirklich gut funktioniert, aber jetzt wollen wir auch wieder den persönlichen Zugang intensivieren. Wir halten es für extrem wichtig, die Händler abzuholen und an Bord zu haben, um die Zukunft gemeinsam zu entwickeln. Dafür sollen die Händler direkt in die Arbeit des Gremiums eingebunden sein und Positives ebenso wie Negatives direkt an uns herantragen.

Wie soll das konkrekt gelingen?

Franz Hess: Wir starten eine Offensive, bei der Händler im Bezirk vor Ort besucht und Gespräche mit ihnen geführt werden sollen – nicht alle 328, aber doch in jedem Bezirk. So wollen wir auch die Situation in der jeweilige Region mitbekommen. Der persönliche Kontakt, das Zwischenmenschliche, hat in den letzten eineinhalb Jahren gefehlt – doch genau das macht‘s eigentlich aus und daher gehört diese Form der Kommunikation wieder kultiviert. Wir wollen einfach wieder Zeit finden, über die Branche zu reden.

Gruber: Zur Kommunikation möchte ich noch eines anmerken: Es ist wichtig und letztlich auch unsere Aufgabe, sämtliche Informationen, die wir vom Bund bekommen, für unsere Mitglieder so umzusetzen und aufzubereiten, dass man sie in der Praxis anwenden kann. Dh es bringt nichts, eine Verordnung 1:1 weiterzuschicken – es braucht die Übersetzung in kurze, prägnante Sprache und oft auch Beispiele. Hier war der Newsletter der WK Burgenland das zentrale Kommunikationsmittel in der Corona-Zeit.

Mit welchen thematischen Schwerpunkten befasst sich das Landesgremium? Welche Besonderheiten bzw. speziellen Herausforderungen gibt es im Burgenland?

Hess: Die vorrangigen Schlagworte lauten Preise oder Arbeitskräfte. Da geht‘s vor allem um das Herüberarbeiten aus Ungarn. Handel und Gewerbe sind hier stark verquickt – bei der Elektroninstallation ebenso wie bei der Möbelmontage, wo jeweils die Geräte gleich mitverkauft werden. Und wenn das von ungarischen Unternehmen gemacht wird, findet die Wertschöpfung eben nicht im Burgenland statt.

Gruber: Hier geht es letztlich auch um den rechtlichen Rahmen und dessen Einhaltung. Selbstverständlich arbeiten viele ausländische Firmen korrekt, aber es gibt eben auch schwarze Schafe. Im Sinne eines fairen Wettbewerbs bräuchte es hier stärkere Kontrollen, gerade im Grenzgebiet. In den vergangenen eineinhalb Jahren war natürlich Corona ein Riesenthema und damit verbunden die Digitalisierung. Wir haben versucht, den Mitgliedern auch im ländlichen Bereich die Zukunft des verschränkten Handels näher zu bringen, sprich dass man online und stationär präsent sein muss – wenn schon nicht mit einem eigenen Webshop, dann zumindest mit einer digitalen Visitenkarte.

Franz Hess: „Wir müssen die Wertschöpfung hier im Burgenland behalten.”

Hess: Natürlich hat jeder das Recht, Produkte zu billigeren Preisen in Ungarn, China oder sonstwo zu kaufen, aber damit bleibt man der heimischen Wirtschaft gewissermaßen etwas „schuldig“. Die Leute wollen hier leben, Pension beziehen, Sozialleistungen beanspruchen etc, aber sie kaufen woanders – und diese Lücke, die da aufgeht, ist gewaltig. Man muss daher die Wertschöpfung hier behalten, auch indem man für eine entsprechende Bewusstseinsbildung in der Bevölkerung sorgt.

Wie lässt sich diese Problematik aufzeigen bzw. den Menschen schlussendlich auch verständlich machen?

Gruber: Es gibt sogar zwei Initiativen, mit denen sich genau dieser Kreis zur regionalen Wertschöpfung schließt. Die erste ist unsere Kampagne „Wenn Ihr das beste ‚Volt‘!”, die dafür steht, die Werte im Land zu halten, indem man Aspekte wie Regionalität, Kompetenz und Beratung vertritt und durch das Logo zum Ausdruck bringt. Das Logo wurde, so wie die gesamte Kampagne, schon vor Corona entwickelt und war eigentlich eine Antwort auf die Grenzthematik, um den burgenländischen Elektro- und Einrichtungsfachhandel stärker hervorzuheben. Der Start fiel dann schon in die Corona-Zeit, wo das Logo gleich in den Social Media genutzt wurde, zB um während des ersten Lockdowns auf die Liefermöglichkeiten hinzuweisen oder in weiterer Folge dann auf Click & Collect, wo wir gleich das Firmen A-Z mitverlinkt hatten und richtig viele Kontakte und Klickzahlen erreichen konnten.
Die zweite Initiative ist das Bonuspunkte-Programm der Energie Burgenland, das bereits vor vielen Jahren unter Federführung des Landesgremiums Burgenland gemeinsam mit dem Energieversorger und dem Elektro-Gewerbe auf die Beine gestellt wurde. Der Kunde kann seine Bonuspunkte beim burgenländischen Händler einlösen sich darum etwas kaufen – das bringt Wertschöpfung zurück in die Region, die sonst wahrscheinlich verloren wäre.

Hess: Mit dem Bonuspunkte-Programm der Energie Burgenland sind wir sehr zufrieden. Dadurch bleiben nachweislich 7,4 Mio. Euro pro Jahr im Burgenland, 3 Millionen davon direkt im Elektrohandel. Wir können die Bonuspunkte einsehen und beim Gerätekauf direkt an der Kasse abziehen, das ist gut organisiert und geht sehr einfach.

Sie haben die Elektrotechniker erwähnt. Wie steht es generell um Kooperationen mit anderen Berufsgruppen?

Mit der Werbekampagne „Wenn Ihr das beste Volt“ will das Landesgremium sie Stärken der lokalen Händler – kompetente Beratung, individuelles Service, Nachhaltigkeit und zukunftsweisende Technologien – zum Ausdruck zu bringen.

Hess: Grundsätzlich machen wir Veranstaltungen, wie zB jetzt im Oktober die Fachgruppentagung, immer gemeinsam, dh Elektrofachhandel, Einrichtungsfachhandel und Elektrotechniker. Denn da gibt es ja wirkliche Schnittmengen, alleine bei Smart Home bzw. Smart Living. Die besondere Verflochtenheit zeigt sich auch darin, dass die Berufsgruppen wechselseitig jeweils in den anderen Gremien vertreten sind, dh ich als Stellvertreter im Ausschuss der Elektrotechniker und vice versa Bundes-/Landesinnungsmeister Andreas Wirth als Stellvertreter im Handelsgremium. Das ist gelebte Verschränkung, sodass sich jeder einbringen kann.

Gruber: Ein weiteres Thema, beim dem wir als Landesgremium sehr engagiert sind – und mit Franz Hess sogar auf Bundesebene im Lehrlingsausschuss vertreten sind – sind die Lehrlinge. Besonders wichtig ist hier die Zusammenarbeit mit der Berufsschule Eisenstadt, die wir forcieren und wo wir zB mit einem eigenen Lehrlingswettbewerb ähnlich dem Junior Sales Champion die Vorbereitung auf die Lehrabschlussprüfung unterstützen.

Hess: Für uns ist es essenziell, dass wir die Berufsschule in Eisenstadt erhalten können. Im Moment ist der Betrieb gesichert, aber es muss ein Umdenken einsetzen, dass für den Berufsweg nicht nur Matura oder Studium Zukunft haben, sondern auch das Handwerk. Wenn man für etwas brennt und sich in seinen Beruf hineinsteigern kann, dann funktioniert‘s – das hat man kürzlich auch bei den EuroSkills in Graz sehr deutlich gesehen. Den Elektrohandel darf man nicht nur als Job betrachten, sondern als Beruf(-ung). Der Elektrohändler am Land erbringt seit jeher – kostenlos (!) – Leistungen für seine Kunden, die von anderen jetzt explizit beworben und herausgestellt werden. Wir sind immer schon hingefahren, rund um die Uhr zur Verfügung gestanden oder haben Reparaturen durchgeführt – all das war nie etwas Außergewöhnliches. Wir wollen auch nicht nur jammern, sondern positive Stimmung reinbringen, aber es braucht einfach faire Rahmenbedingungen. Das ist wie im Sport: Eine härtere Gangart ist vertretbar, aber Fouls sind nicht ok.

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