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Freitag, 29. März 2024
Noch vier Wochen bis zum schwarzen Freitag

Irrsinn mit Ansage – der etwas andere Advent

Hintergrund | Wolfgang Schalko | 31.10.2021 | Bilder | |  Meinung

Wolfgang Schalko
Der „echte” Advent, sprich die vier Wochen bis zur „Ankunft” (dem Weihnachtsfest), kommt zwar erst, dafür wird über den Handel bereits in vier Wochen – von jetzt an gerechnet – ebenfalls wieder etwas „Großes” hereinbrechen: der Black Friday Sale. Für das alljährliche Rabattmassaker wird bereits kräftig die Werbetrommel gerührt und diverse Marketingagenturen sind mit guten „Tipps” zur Stelle, wie sich in noch kürzerer Zeit noch mehr Ware verramschen lässt. Angesichts der guten Geschäftslage gepaart mit massiven Lieferengpässen war – jedenfalls im Elektrohandel – der BFS wohl noch nie so fehl am Platze wie heuer…

Die Bedeutung von Weihnachten mag über die Jahre zwar abgenommen haben, für den Handel sind die Wochen vor (und immer mehr auch nach) dem frohen Fest weiterhin die mit Abstand umsatzstärksten des Jahres. Eingeläutet wird das Jahresendgeschäft seit einiger Zeit von einem Shopping-Event, das ursprünglich aus den USA kommt: dem Black Friday. Dass der Black Friday Sale immer schon am Abend des vierten Donnerstags im November beginnt (heuer am 25.11. um 19 Uhr), sei hier nur am Rande erwähnt, denn im Zentrum stehen dabei ohnehin Super-Schnäppchen, Wahnsinns-Rabatte & Co. so weit das Auge reicht. „Grundsätzlich gilt es, beim Black Friday Sale schnell zu handeln und dabei die Vorteile zu nutzen, die der Online-Kauf bietet”, heißt es dazu auf der Website des hiesigen Veranstalters, der Black Friday GmbH. Denn: „Nach Ablauf der 101 Stunden wird das Black Weekend und somit auch der Black Friday Sale 2021 wieder geschlossen und das Rennen um die besten Schnäppchen ist vorbei. Daher heißt es: Schnell sein, um sich die tollsten Rabatte unter den Nagel zu reißen!”

Mit wehenden Fahnen

Es muss wohl nicht extra erwähnt werden, dass die Vorbereitungen bereits voll im Gange sind – nicht zuletzt, weil sich viele Anbieter nicht mit einer eintägigen Rabattschlacht begnügen, sondern diese „Gelegenheit“ gleich für Black Weekends oder ganze Black Weeks nutzen (oder sollte man besser sagen: missbrauchen?). Daneben läuft auch die Marketingmaschinerie bereits auf Hochtouren – sowohl in Richtung Konsumenten als auch in Richtung Händler. Erstere sollen zum Stöbern und Kaufen animiert werden, letztere zum Verschleudern.

Am Ende werden auch heuer wieder exorbitante Umsatzzahlen zu Buche stehen – angesichts der seit Jahren beobachtbaren kontinuierlichen Steigerungen und des anhaltenden Online-Booms in der Covid-Pandemie braucht man dafür kein Prophet zu sein. Was allerdings nirgendwo aufscheint und sich offenbar keiner exakten Berechnung als würdig erweist, ist der volkswirtschaftliche Schaden, den eine solch orchestrierte Rabattschlacht verursacht. Bei näherer Betrachtung entpuppt sich der Black Friday Sale nämlich bloß als sehr gut inszenierte und noch besser getarnte Wertevernichtung.

Doppelter Schaden

Herrschte gerade „Saure-Gurken-Zeit” oder eine anhaltende Konsumflaute, ließe sich über die Sinnhaftigkeit von Rabattaktionen als probates Mittel zur Ankurbelung der Verkäufe ja durchaus diskutieren. Wir reden jedoch von der Vorweihnachtszeit, die in weiten Teilen des Handels – speziell im Elektrohandel – nicht von ungefähr auch als Hauptsaison bezeichnet wird. In diesen Wochen sitzen die Euros einfach besonders locker – und werden großzügig ausgegeben, egal ob vor dem Preis -50%, -20% oder gar kein Nachlass steht. Wagen wir ein Gedankenexperiment: Könnte es sein, dass die Summe der im Rahmen des Black Friday Sale (und ähnlicher Verkaufsevents) gewährten Rabatte auf einem ähnlichen Niveau liegt wie die tatsächlich erzielten Umsätze? Und falls (noch) nicht – wann wird es soweit sein? Eine (in diesem Fall fiktive) Jubelmeldung wie „Österreichischer Handel setzt am Black Friday 1 Milliarde Euro um” würde durch den Zusatz „Und verschenkt dabei 1,2 Milliarden” wohl etwas relativiert… Und wäre damit vermutlich nicht im Sinne des Erfinders – oder besser gesagt Organisators. Denn dieser ist – neben einigen findigen Marketing-Unternehmen und den Werbeplattform-Riesen Google, Facebook & Co. – der eigentliche Nutznießer.

Bleibt die Frage, warum der, um den sich alles zu drehen scheint, am Ende ebenfalls kein Profiteur der Rabattschlacht ist: der Konsument. Auf den ersten Blick mag der Kauf eines Produkts, das um 80% preisreduziert ist, ein Schnäppchen darstellen. Getragen wird der Preisnachlass aber nicht von allen Beteiligten der Wertschöpfungskette gleichermaßen: die Fabrik, die Reederei und der hiesige Logistiker sind außen vor, zum „Handkuss” kommen stattdessen unternehmenseigene (lokale) Vertriebsorganisationen, Groß- und Einzelhändler – und damit in weiterer Folge sogar der Konsument selbst. Denn fehlende Erträge bedeuten immer auch fehlende Mittel für Investitionen, qualifizierte Mitarbeiter und gute Bezahlung. Ein Teufelskreis.

Doch führt man sich die Entwicklung seit Beginn der Covid-Pandemie vor Augen, ist Hopfen und Malz offenbar noch nicht verloren: Die Besinnung auf Regionalität und Nachhaltigkeit bringen eine gewisse Abkehr vom reinen Preisdenken mit sich, die Qualität und die (räumliche) Nähe des Produkts zählen wieder deutlich mehr. Hier gilt es an- bzw. nachzusetzen, und die Konsumenten abzuholen – mit guten Ideen, kreativen Kampagnen und eigenen Verkaufsveranstaltungen, die mehr zu bieten haben als bloß ein dickes Minus vor dem Preisnachlass. Ein dahingehender Versuch scheint allemal lohnenswerter als das Geld einfach zu verschenken.

Wohin mit all der Kohle?

An dieser Stelle drängt sich ein Blick zum Online-Primus Amazon förmlich auf. Dieser ist natürlich bei Online-Shopping-Aktivitäten wie dem Black Friday Sale oder dem (drei Tage später stattfindenden) Cyber Monday federführend dabei und machte jüngst neben dem neuerlich astonomischen Quartalsgewinn auch mit einer weiteren Meldung von sich reden: Wer All sagt, muss in Zukunft nämlich auch Amazon sagen.

Nachdem der Gründer Jeff Bezos auf Erden alles Menschenmögliche erreicht hat (zumindest in monetärer Hinsicht), will er jetzt die Kommerzialisierung der Raumfahrt in Angriff nehmen. Dafür hat er mit seinem Raumfahrtunternehmen Blue Origin nicht nur Captain James T. Kirk endlich tatsächlich ins Weltall befördert (und William Shatner, wie der bürgerliche Name des Schauspielers lautet, damit zum bis dato ältesten Weltraumreisenden gemacht), sondern auch den Bau einer eigenen Weltraumstation angekündigt. Die NASA und andere Raumfahrtbehörden hätten die orbitale Raumfahrt und die Besiedlung des Weltraums entwickelt und damit die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass das kommerzielle Geschäft in diesem Jahrzehnt durchstarten kann. Das Geld liegt bekanntlich auf der Straße – warum also nicht auch auf der Milchstraße?

Bilder
(© fotoART by Thommy Weiss / pixelio.de)
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