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Mittwoch, 24. April 2024
Reges Interesse am hybriden Event für die heimische PV- und Speicherbranche

PV-Fachtagung im Zeichen des EAG

Photovoltaik Energiezukunft | Wolfgang Schalko | 01.11.2021 | |  Veranstaltungen, Wissen
Corona-bedingt waren im Wiener Allianz Stadion „nur” 260 Teilnehmer physisch vor Ort, rund 150 verfolgten die Fachtagung für Photovoltaik und Stromspeicherung online. Corona-bedingt waren im Wiener Allianz Stadion „nur” 260 Teilnehmer physisch vor Ort, rund 150 verfolgten die Fachtagung für Photovoltaik und Stromspeicherung online. Vor kurzem stand wieder die Herbsttagung von Photovoltaic Austria (PVA) und der Technologieplattform Photovoltaik (TPPV) am Programm. Das zugelassene Maximum von 260 Teilnehmern war schon Wochen vor der Veranstaltung erreicht – das hybride Tagungskonzept ermöglichte weiteren 150 Teilnehmern, die mehr als 60 Vortragenden an den beiden Veranstaltungstagen online zu verfolgen. Im Mittelpunkt standen die aktuellen Entwicklungen rund um das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) im Fokus – vom geplanten Start der Förderschienen über die heiß diskutierte Notwendigkeit von Freiflächenanlagen bis hin zu ersten praktischen Erfahrungen mit Energiegemeinschaften. Zudem wurden wesentliche Ansätze und Ergebnisse zur Photovoltaik in Wissenschaft und Forschung präsentiert.

Rund um die Rahmenbedingungen und die technologischen Entwicklungen verwies Leonore Gewessler, Bundesministerin für Klimaschutz und Energie (BMK), in ihrer einleitenden Videobotschaft auf das jüngst in Kraft getretene Erneuerbare-Ausbau-Gesetz (EAG) und die damit angestoßene Solarrevolution. Jürgen Schneider, Leiter der Sektion Klima und Energie im BMK, kam in seinem Vortrag auf die Details zu sprechen: Er betonte, dass man einen kontinuierlichen und gleichmäßigen Ausbau aller Technologien anstrebe und sich der Entwurf der noch ausständigen Verordnungen derzeit in der Abstimmung befinde. Darin seien wesentliche Eckpunkte der Förderstruktur – u.a. sämtliche Förderverfahren und Summen – festgelegt. Schneider zeigte sich überzeugt, dass es noch in diesem Jahr den ersten Fördercall zur Investitionsförderung geben werde. In Hinblick auf die Marktprämie werde es „noch etwas länger dauern”, weil dafür ein Notifizierungsverfahren mit der EU notwendig sei und dieses eventuell sogar eine Novelle des EAG erfordere. Als Grundlage für die Entscheidungen des Ministeriums nannte Schneider ein entsprechendes Gutachten der Energiewirtschaft, das man Ende 2020 beauftragt und im heurigen Sommer einem Update unterzogen habe. Die Ergebnisse dieses Gutachtens sollen „im Sinne der Transparenz und Nachvollziehbarkeit” mit den Verordnungen zum EAG veröffentlicht werden.

Energiegemeinschaften – Modell, um die Energiewende aktiv mitzugestalten

Eine wichtige Maßnahme für den Ausbau der Photovoltaik sind die Erneuerbaren Energiegemeinschaften (EEG). Stephan Heidler von der neuen bundesweiten Koordinierungsstelle für Energiegemeinschaften erklärte, wie diese neue Informationsstelle des Klima- und Energiefonds BürgerInnen sowie kleine und mittlere Unternehmen bei der Gründung von EEG unterstützen kann.

PVA-GF Vera Immitzer forderte, das EAG rasch mit Leben – sprich konkreten Inhalten – zu befüllen.

Die ersten Energiegemeinschaften befinden sich bereits in Gründung bzw. sind vereinzelt sogar schon umgesetzt. Als Praxisbeispiel haben Kurt Leonhartsberger von der FH Technikum und Andreas Haider, geschäftsführender Gesellschafter der UNIMARKT Gruppe ihren Ansatz vorgestellt, den sie als Projektpartner in Sachen Energiegemeinschaft verfolgen. Mit einem Payback-System, bei dem die erworbenen Bonuspunkte aus der Energielieferung zum Einkauf genutzt werden können, wird dabei ein niederschwelliger Zugang ermöglicht.

Dazu passend stellte die Technologieplattform Smart Grids Austria ihre Tätigkeiten vor, die sich Fragen zur Systemintegration und der Netzfreundlichkeit von Energiegemeinschaften widmen. Dass diese netzdienlich seien, lasse sich mit einem klaren „Ja” beantworten, alleine weil die Verschiebung von Last- und Verbrauchsspitzen ermöglicht werde. Die große Herausforderung würden dabei Echtzeit-Anwendungen darstellen – aber genau damit lasse sich auch das meiste erreichen.

Photovoltaik-Freiflächenanlagen gut ausgeführt

Die Erfahrungen und das Wissen zu PV-Freiflächenanlagen in Österreich wachsen. Um die zukünftige Entwicklung verantwortungsvoll zu steuern, gaben Kathrin Kollmann vom PVA und Raffael Koscher vom Österreichischen Institut für Raumplanung eine Orientierung zur Raumverträglichkeit der Photovoltaik in der Landschaft. „Das EAG sieht vorrangig einen Ausbau der Photovoltaik auf den Dächern vor“, sagte Kollmann angesichts des 25-prozentigen Abschlags für Freiflächenanlagen. Gleichzeitig verwies sie auf die begrenzten Dachflächen, auf die aus heutiger Sicht realistischer Weise PV-Anlagen installiert werden können. Den notwendigen Freiflächenausbau machte sie mit ca. 5,7 TWh fest, was etwa 70-100 km2 an Fläche benötige.

Zur Zielerreichung bis 2030 ergänzte Raffael Koscher „Wir haben nur acht Jahre Zeit. Deshalb sollte man zwar weiterhin vorrangig auf Gebäuden bauen, doch wir brauchen auch die schnelle Kilowattstunde. Die bekommen wir derzeit nur auf der Freifläche.Richtig gemacht sind PV-Freiflächenanlagen kein Zupflastern – daher braucht es Leitlinien für PV-Freiflächenanlagen.“ Diese Leitlinien für die Planung von Freiflächenanlagen würden gerade erarbeitet und sollen in Zukunft die Geschwindigkeit – gerade auch bei den Behörden, für die hier ebenfalls vieles Neuland sei – erhöhen, für bessere Planungssicherheit sorgen und auch die Akzeptanz in der Bevölkerung erhöhen.

Solaroffensive in Wien

Wie ein Plan zum PV-Ausbau in urbanen Regionen aussehen kann, zeigt Wien mit der gestarteten Photovoltaik-Offensive. „Das Ziel ist, bis 2025 jedes Jahr so viele Flächen mit Photovoltaik zu bebauen, wie in den vergangenen 15 Jahren zusammen. Wir wollen die installierte Leistung bis 2025 von derzeit 50 auf 250 Megawatt erhöhen. Bis 2050 streben wir 800 Megawatt an, damit wir 530.000 Haushalte in Wien mit Sonnenstrom versorgen können“, sagte Jürgen Czernohorszky, Wiener Stadtrat für Klima, Energie und Umwelt. Und weiter: „Wir haben als Stadt viele Dächer, Fassaden, Verkehrsflächen oder Deponien, die mit PV-Modulen belegt werden können.“  Er sieht im Ausbau der Photovoltaik und in einer raschen Energiewende den Weg, dass Wien auch in Zukunft die lebenswerteste Stadt der Welt bleibt – ein Titel, den die österreichische Bundeshauptstadt schon seit Jahren innehat. Zugleich erwarte er aber auch Chancen für die Wirtschaft und Arbeitsplätze in Wien.

Bernd Vogl, Leiter der MA20 (Energieplanung), verwies auf die Frage der Akzeptanz in der Stadt. Man müsse das System grundlegend ändern, damit diese Ziele erreichbar seien – gerade auch zB bei der Bürokratie oder bei der Diskussion um Freiflächen-PV. Gerade in der Stadt laute das oberste Ziel aber, PV-Anlagen möglichst dort zu platzieren, wo Flächen ohnehin schon versiegelt seien. Dahingehend gebe es daher eine systematische Analyse der Potenziale in Wien.

Forschung als wichtiges Standbein der Branche

TPPV-Obmann Hubert Fechner lenkte den Fokus auf technologische Entwicklungen.

Ein funktionierender Heimatmarkt ist für die Technologieentwicklung in Österreich von Vorteil. Österreichische Hersteller können sich im internationalen Wettbewerb gut behaupten. Damit dies so bleibt und die Chancen des weltweit wachsenden Marktes genutzt werden können, ist aber eine deutlich stärkere Forschungsförderung notwendig, wie Hubert Fechner, Obmann der TPPV, betonte. Referenten aus dem Partnerland Italien haben aufgezeigt, welche Ansätze hier erfolgversprechend sind. So gab etwa David Moser von EURAC Research einen Überblick über die Themen der europäischen Photovoltaikforschung.

Ein Blick in die Praxis von österreichischen Unternehmen wie Ulbrich of Austria, Kioto Solar und Ertex Solar, verdeutlichte anhand von konkreten Praxisbeispielen die Wichtigkeit von Kooperationen zwischen Forschung und Unternehmen. Spezielle Anwendungen wie die Bauwerksintegration tragen dazu bei, den Sonnenstrom direkt beim Verbraucher zu produzieren.

Österreichische Institute und Unternehmen sind auch in internationalen Forschungsgruppen breit engagiert wie Berichte aus den verschiedenen Arbeitsgruppen der Internationalen Energieagentur (IEA-PVPS) zeigen, in denen Forscher und Entwickler aus Österreich tätig sind: Erarbeitung von Qualitätsstandards der Installation und der Sicherung der Zuverlässigkeit von PV-Anlagen (IEA-PVPS Task 13), Nachhaltigkeit der Photovoltaik (Task 12) und innovative Anwendungen wie Bauwerkintegration der PV-Module (Task 15).

PV ist nicht gleich PV

Martin Hackl, Global Director Business Unit Solar Energy bei Fronius, brachte in einer Podiumsdiskussion einen zentralen Aspekt ins Spiel: Beim Vergleich zwischen dem asiatischen Raum und Europa würden aufgrund der Preisunterschiede, der verschiedenen Standards und Arbeitsverhältnisse „zwei völlig verschiedene Systeme im Wettbewerb” stehen. „Es muss klar sein, dass auch bei PV Nachhaltigkeit gefragt ist.”

Es sei überzeugt, dass wir mit der Energiewende die Chance hätten, das System zu durchbrechen und zu ändern. Die PV sollte daher einen viel holistischeren Zugang haben und nicht nur die CO2-Reduktion. „Europa ist zum Spielball in der globalen Verteilung der Ressourcen geworden. Die Nutznießer benachteiligen uns gerade – und das sollte uns zu denken”, so Hackl. Es gehe also auch darum, nicht nur die Abhängigkeit von russischem Gas und arabischem Öl auf asiatische Energieformen zu verlegen. „Ich habe aber nicht die Hoffnung, dass die Politik das löst. Ich glaube, das liegt an uns, der Wirtschaft.” Man müsse Aspekte wie Qualität, Nachhaltigkeit, etc auch bei PV in den Fokus rücken und den Menschen bzw. Kunden klar machen – denn gerade bei der Energiewende zähle eben nicht nur die billigste kWh.

Gesucht – Innovativste Anlagen

Bereits zum dritten Mal wurde im Zuge der Tagung der Innovationsaward für integrierte Photovoltaik ausgelobt. Bis 8. Februar 2022 können Projekte bei denen Photovoltaik in Bauwerke, in den Verkehrs- oder den Landwirtschaftsbereich integriert werden eingereicht werden. Eine internationale Expertenjury wählt die besten Projekte aus.

Digitale Messewelt errichtet

Abgerundet wurde das Programm von den Lösungen der Fachaussteller, die die Veranstaltung unterstützt haben. Damit auch die Online-TeilnehmerInnen die Möglichkeit zur Information und Zugang zum Netzwerk bekommen, wurde dafür eigens eine digitale Messewelt aufgebaut. Interessenten konnten nicht nur während der Tagung direkt mit den Ausstellern, in Verbindung treten, die Messewelt bleibt noch bis zum 30. November 2021 geöffnet und für Aussteller und Teilnehmer bis dahin erreichbar.

In der begleitenden Posterausstellung konnten sich die Tagungsbesucher über aktuelle nationale Forschungsprojekte im Umfeld der Photovoltaik informieren. Zum Abschluss gab es für die zwei besten Postereinreichungen einen Preis: Der Jury-Preis für das beste Poster ging an die ASFINAG (für das Projekt „ASFINAG & Nachhaltigkeit“), der Publikumspreis wurde an die Firma ATB Becker (für das Projekt „Forschung für Anwendungstechnologien in der Technologieplattform Photovoltaik“) verliehen.

Die Fachtagung wurde von der Stadt Wien mitveranstaltet und vom Klima und Energiefonds unterstützt. Als Industriepartner unterstützten die Unternehmen Fronius International GmbH, Kioto Photovoltaics GmbH, SKE Engineering GmbH, Solaredge, Varta Storage GmbH und Wien Energie GmbH die Veranstaltung.

Mehr über die Fachtagung lesen Sie demnächst in der E&W 11/2021.

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