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Donnerstag, 28. März 2024
„City Retail Health Check“ von S + M und HV

Flächen im Handel gehen weiter zurück

Hintergrund | Stefanie Bruckbauer | 14.03.2022 | |  
Die Flächenentwicklung im heimischen Einzelhandel ist weiter rückläufig. Wie der neue „City Retail Health Check“ von Standort + Markt zeigt, musste der heimische City Retail 2021 insgesamt einen Verkaufsflächenverlust von mehr als 54.000 Quadratmetern verkraften. 90% der Ortskerne und Peripherien in den ländlichen Regionen seien dabei noch gar nicht berücksichtigt. „Hochgerechnet ergibt das einen Verkaufsflächenverlust von 500.000 Quadratmetern oder 80 Fußballfeldern", sagen Standort + Markt Geschäftsführer Hannes Lindner und Handelsverband GF Rainer Will bei der Präsentation der Ergebnisse.

Seit 2013 erfasst Standort + Markt in den 20 größten Städten Österreichs sämtliche Shopflächen und verfügt damit über ein unabhängiges Monitoring zum Zustand und den Veränderungen der österreichischen Ballungszentren. „Durch die Analyse von 24 Geschäftsbereichen plus 16 ausgewählten Kleinstädten mit insgesamt 13.231 Shops auf einer Fläche von über zwei Millionen Quadratmetern liegt eine sehr hohe Transparenz zum Shopflächengeschehen in Österreich vor“, sagt Handelsverband GF Rainer Will. Die Ergebnisse des aktuellen „S+M City-Retail Health Check“ sehen im Detail wie folgt aus:

„Minus 500.000m2: Einzelhandel verliert bundesweit umgerechnet 80 Fußballfelder Verkaufsfläche“

„Die rückläufige Flächenentwicklung der letzten 10 Jahre ist ein stiller Zeuge der veränderten Konsumgewohnheiten und der Auswirkungen der Pandemie. Allein im Mode- und Schuhhandel ist die Verkaufsfläche im Vorjahr um 2% eingebrochen. Der Bekleidungssektor nimmt – auch aufgrund von langfristigen Mietverträgen – in den Innenstädten zwar noch immer fast die Hälfte der gesamten Geschäftsflächen im Einzelhandel ein, er hat aber in den letzten beiden Corona-Jahren massiv an den Onlinehandel verloren“, fasst Rainer Will die wichtigsten Studienergebnisse zusammen.

Handel und Gastronomie gehören zusammen. Beide leiden stark unter den Corona-Auswirkungen, daher nimmt auch der Leerstand in den wichtigsten Einkaufsstraßen des Landes deutlich zu. Die Leerstandsquote in den österreichischen Innenstädten liegt aktuell bei 7,4%. Insgesamt musste der heimische City Retail 2021 einen Verkaufsflächenverlust von mehr als 54.000 Quadratmetern verkraften. 90% der Ortskerne und Peripherien in den ländlichen Regionen sind dabei noch gar nicht berücksichtigt. Hochgerechnet ergibt das einen Verkaufsflächenverlust von 500.000 Quadratmetern oder 80 Fußballfeldern„, so Will.

Dornbirn, Linz und Amstetten legen zu, Steyr und Wiener Neustadt bleiben „Sorgenkinder“

„Angesichts der Veränderung des Branchenmix in den heimischen Primär- und Sekundärstädten wird auch deutlich, dass das Kurzfristbedarfsangebot – sprich der Lebensmittelhandel – laufend zunimmt. Die Bekleidungsbranche kämpft hingegen mit deutlichen Verlusten, seit 2014 ist deren Anteil von 33% auf 29% gefallen. Diese Veränderung fiel signifikanter aus als in jeder anderen Branche. Allein der Modehandel hat in den letzten acht Jahren rund 82.500m² Verkaufsfläche verloren“, sagt Standort + Markt Geschäftsführer Hannes Lindner.

Mittlerweile finden sich nur mehr 10 Geschäftsbereiche, die eine positive Shopflächenentwicklung aufweisen. Der Flächenverlust war ab 2020 deutlich spürbarer als in den Jahren zuvor. Die größten Flächenzugewinne sind in Dornbirn, der Wiener Landstraßer Hauptstraße, in Amstetten und in Linz zu verzeichnen. Krisengeschüttelte Innenstädte der letzten Jahre mit hohen Leerstands- und Fluktuationsraten wie Steyr und Wiener Neustadt blieben auch 2021 nicht von einer Gesamtverkaufsflächenreduktion verschont.

Top 5: Gesamtverkaufsfläche

  • Wien, Mariahilfer Straße (215.000m2)
  • Wien, City (205.400m2)
  • Graz (167.600m2)
  • Linz (145.400m2)
  • Innsbruck (115.500m2)

7,4%: Leerstandsquote bleibt (zu) hoch

Die Leerstandsrate der Innenstadtbereiche liegt mit 6,1% (2020: 5,9%) etwas höher als in Österreichs Shoppingcentern mit 4,4% (2020: 4,5%). „Die durchschnittliche Leerstandsquote in den heimischen Groß- und Kleinstädten erhöht sich damit auf 7,5%, da Kleinstädte im Schnitt einen deutlich höheren Leerstand aufweisen. Insgesamt hat sich die Leerstandsrate in den Primär- und Sekundärstädten seit dem letzten Jahr zwar nur moderat um 0,2 Prozentpunkte erhöht, es bleibt allerdings abzuwarten, welche Auswirkungen die Pandemie und aktuell die hohe Inflation auf das Shopflächengerüst der Cities haben werden“, erklärt Standort + Markt Gesellschafter Roman Schwarzenecker.

Top 5: Niedrigste Leerstandsrate

  • Mödling (1,9%)
  • Wien, Meidlinger Hauptstraße (1,9%)
  • Innsbruck (2,4%)
  • Wels (2,5%)
  • St. Pölten (2,9%)

Pandemiebedingter Rückgang des Tourismus befeuert Leerstand

Traditionell liegen Salzburg, Innsbruck und die Wiener City – allesamt Tourismus-Hochburgen mit entsprechend hoher Passantenfrequenz – auf den vorderen Plätzen des Städtevergleiches. Aufgrund der Ereignisse der Covid19-Pandemie habe sich dieses Blatt zu Ungunsten einiger städtischer Geschäftsbereiche gewendet. Seit 2020 sanken die Übernachtungszahlen im Städtetourismus spürbar, was sich gravierend auf den innerstädtischen Handel niederschlug. Während der Anstieg der Leerstandsrate in der Wiener City moderat vonstattenging (von 3,4% auf 4,5%), fiel der Zugewinn in Salzburg um fünf Prozentpunkte deutlich massiver aus (von 1,6% auf 6,6%). Zumindest Innsbruck dürfte es im Jahr 2021 gelungen sein, den Abschwung abzufedern, die Leerstandsrate beträgt – nach einem merkbaren Anstieg 2020 – wieder gute 2,4%.

Die Wiener Neustädter Innenstadt bleibe die größte Herausforderung hinsichtlich innerstädtischer Leerstandsflächen: Mit 29,5% Leerstand belegt sie den letzten Platz im aktuellen Ranking. „Eine Leerstandsrate von über 20% weisen zudem Bruck an der Leitha, Knittelfeld, Liezen und St. Veit an der Glan auf. Zu den größeren Städten mit deutlich erhöhten Werten zählen 2021 neben der Salzburger Innenstadt auch die Wiener Landstraßer Hauptstraße und Bregenz“, sagt Schwarzenecker.

„Auch wenn das ganz große Geschäftssterben bis dato ausgeblieben ist – der österreichische Handel hat allein 2021 weit über 50.000m2 an Verkaufsflächen eingebüßt. Lag der Anteil der Retail-Shopflächen an den Gesamtflächen 2014 noch bei 73,5%, so dümpelt er heute bei 67,5%. Klar ist aber auch, dass diese Strukturveränderung ohne staatliche Covid-Unterstützungsmaßnahmen noch deutlich heftiger ausgefallen wäre“, so das Fazit von Hannes Lindner.

Konsumentenbefragung: Steigende Inflation hemmt Konsumausgaben

Sorgen bereiten dem heimischen Handel nicht nur die Pandemie und der Strukturwandel, sondern aktuell auch die Ukraine-Krise sowie die stark steigende Inflation. Laut einer Erhebung von Mindtake Research im Auftrag des Handelsverbandes haben bereits 79% aller Konsumenten das Gefühl, die Preise für Strom, Treibstoff, Wohnen und Produkte des täglichen Bedarfs seien in den letzten Monaten stark angestiegen.

Die Auswirkungen der Inflation auf die Konsumausgaben seien gravierend:

  • 53% der Österreicher haben ihre Ausgaben in den letzten Wochen eingeschränkt
  • 14% beschränken sich zurzeit auf den Kauf lebensnotwendiger Güter

Was erwartet der Handel von den Regulatoren?

„Die Corona-Krise und der Ukraine-Krieg befeuern die Inflation, deren Treiber die Rohöl- und Gaspreise sind. Heizen und Tanken ist in Europa so teuer wie nie zuvor, dadurch schmilzt die Kaufkraft der Bevölkerung bei den Konsumgütern. 14% der Österreicher müssen sich bereits auf den Kauf lebensnotwendiger Güter beschränken“, fasst Rainer Will zusammen. „Daher ist klar, dass viele Geschäfte des nicht-lebensnotwendigen Handels auch im Sommer 2022 einen Überlebenskampf führen werden, selbst wenn sich die Corona-Fallzahlen deutlich reduzieren. Der Flächenschwund im Non-Food-Handel wird sich inflationsbedingt fortsetzen.“

Forderungen an die Politik

Jetzt sei die Bundesregierung gefordert, entsprechend gegenzusteuern. Folgende Empfehlungen sollten laut Handelsverband am besten sofort umgesetzt werden:

  • Verhinderung von Mietrückforderungen durch die COFAG
  • Abschaffung der Mietvertragsgebühr
  • Aktive Inflationsbekämpfung & Energiekostenbremse für den Handel
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