Besuchen Sie uns auf LinkedIn
Montag, 14. Oktober 2024
Verbundgruppe meistert erfolgreich zweites Pandemie-Jahr

ElectronicPartner: „Wir können Krise”

Die Branche | Wolfgang Schalko | 24.03.2022 | |  Wissen
Vorstand Karl Trautmann zum Thema D2C: „Man muss sich schon fragen, ob nicht gerade der eine oder andere Hersteller munter dabei ist, sein Markenimage beim Endkunden höchstpersönlich kaputt zu machen.” Vorstand Karl Trautmann zum Thema D2C: „Man muss sich schon fragen, ob nicht gerade der eine oder andere Hersteller munter dabei ist, sein Markenimage beim Endkunden höchstpersönlich kaputt zu machen.” (© ElectronicPartner) „Wir können Krise” – so lautete bei der Jahrespressekonferenz von ElectronicPartner eine der markantesten Aussagen der Vorstände Friedrich Sobol und Karl Trautmann. Als Beleg dafür wurde ein mehr als nur beachtliches Geschäftsergebnis für 2021 präsentiert. Klare Worte fanden die beiden Vorstände aber auch zur weiteren Ausrichtung der Verbundgruppe, der Bedeutung des Online-Handels und was von den steigenden D2C-Ambitionen der Hersteller zu halten ist.

Die Verbundgruppe ElectronicPartner konnte auch das zweite Corona-Jahr erfolgreich abschließen. Besonders gut entwickelten sich in Deutschland der EP:Fachhandel und das Technologie-Netzwerk comTeam. Parallel dazu wurde die Neuausrichtung von MEDIMAX abgeschlossen.

Insgesamt verzeichnet ElectronicPartner im Jahr 2021 einen bereinigten Umsatz von 1,4 Milliarden Euro, was einem leichten Rückgang von zwei Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. „2020 hatten wir ein Umsatzplus von 8 Prozent gegenüber dem Jahr 2019. Vor diesem Hintergrund und in Anbetracht der fortgesetzten Herausforderungen durch die Corona-Pandemie können wir auf unser Ergebnis in 2021 absolut stolz sein. Es spiegelt die erfolgreichen Anstrengungen der gesamten Verbundgruppe wider“, fasste Karl Trautmann, Vorstand von ElectronicPartner, zusammen und fügte hinzu: „Es ist bemerkenswert, was unsere Mitgliedsunternehmen, Lieferantenpartner und Mitarbeiter in diesen Zeiten leisten. Möglich ist dies nur durch vertrauensvolles Zusammenarbeiten, Engagement und Teamgeist auf allen Ebenen – dass wir über all das verfügen, hat sich in der Krise besonders deutlich gezeigt.“

International weiter auf Wachstumskurs

Die ElectronicPartner Landesgesellschaften in Österreich, den Niederlanden und der Schweiz haben sich ebenfalls weitere zwölf Monate souverän den jeweiligen Corona-Regelungen gestellt und ihre Mitglieder vor Ort bestmöglich unterstützt. So konnten die Fachhändler gemeinsam einen Umsatz von 415 Millionen Euro erzielen, was einer Steigerung von 1,5 Prozent zu 2020 entspricht. „Auch bei der Bewertung dieser Entwicklung muss das sehr gute Vorjahresergebnis mit einem Wachstum von zwölf Prozent in Rechnung gestellt werden, was die positive Umsatzentwicklung besonders erfreulich macht“, betonte Trautmann.

EP:Marke ungebremst – 15,9 Prozent über Markt

„2021 war für die EP:Händler ein Leben am Limit”, führte Friedrich Sobol, Vorstand von ElectronicPartner, aus. Dabei lag die Messlatte hoch, denn Die EP:Fachhändler hatten im Jahr 2020 ebenfalls ordentlich vorgelegt – mit einem Umsatzplus von 19,3 Prozent und somit dem besten Ergebnis seit Start der Qualitätsoffensive. „Nach dem Allzeit-Hoch 2020 haben unsere EP:Händler noch einmal 11,8% draufgelegt, und das bei einem rückläufigem Markt (minus 4 Prozent). Das alles musste ja mit vergleichbarer bzw. pandemiebedingt sogar geschwächter Mannschaft gestemmt werden, d.h. das war eine wirklich sensationelle Leistung.” Die EP:Mitglieder konnten sich 2021 somit zum siebten Mal in Folge besser entwickeln als der Kanal Fachhandel.

Von New Work bis New Normal – comTeam gestaltet Zukunft

Die Partner des Technologie-Netzwerkes comTeam haben weiterhin vom Digitalisierungsschub profitiert und als IT-Spezialisten neue Handlungsfelder erkannt sowie ihre Leistungen dem aktuellen und künftigen Bedarf entsprechend ausgebaut. Finanziell schlug sich dies in einem Umsatzplus von 2,1 Prozent zum Vorjahr – dem bis dahin umsatzstärksten in der comTeam Historie – nieder. Diesen Kurs will das IT-Netzwerk 2022 fortsetzen – mit neuen Services wie zum Beispiel bei den Themen Digitaler Vertrieb, Recruiting und kontinuierlichem Wissensausbau.

MEDIMAX geht in die Offensive

Das Jahr 2021 war eine besondere Herausforderung für den Elektronikhandel auf der Großfläche, denn vielerorts waren die Märkte bis zu fünf Monate wegen der Pandemie geschlossen. Abholstationen, Lieferservice und E-Commerce konnten das Ausbleiben von Laufkundschaft nur begrenzt auffangen. „Wie andere Marktteilnehmer in diesem Segment, haben auch wir auf der Fläche Einbußen verzeichnen müssen. Dies zeigt sich nicht zuletzt in den Zahlen der GfK, die für die großflächigen Vertriebsformen ein Minus von 11,6 Prozent ausweist. Dennoch sind wir gerade vor dem Hintergrund der Gesamtsituation stolz darauf, die Privatisierung nach Plan vollendet zu haben und nun gemeinsam mit engagierten Franchisepartnern die Zukunft von MEDIMAX zu gestalten“, betonte Sobol, der als Vorstand die Marken MEDIMAX und EP: verantwortet.

Als „sensationelle Leistung” bezeichnete Vorstand Friedrich Sobol das zweistellige Umsatzplus 2021, mit dem die EP:Fachhändler das Rekordergebnis des Vorjahres deutlich übertrafen. (©ElectronicPartner)

In den kommenden Monaten setzt ElectronicPartner bei der Franchisefachmarktlinie auf Expansion und startet mit verschiedenen Maßnahmen, um Partner für neue Standorte zu gewinnen. Aktuell betreiben 34 Franchise-Partner insgesamt 80 Standorte, an 8 weiteren sei man bereits in der konkreten Planungsphase. Ganz gezielt will man für die Expansion auch Einsteiger ansprechen und diesen den Weg in die Selbstständigkeit ebnen.

Homeoffice und Cocooning treiben Produktnachfrage

Im Bereich Weiße Ware verzeichnete die Verbundgruppe 2021 weiterhin Zuwächse, wobei viele Verbraucher bei Großgeräten zu besonders hochwertigen Modellen tendieren würden. Sobol sprach hier einerseits von einem „enormen Rückenwind” für die Branche, zugleich aber auch von einer „enormen Herausforderung”, gerade in Hinblick auf die Liefersituation. Trotz der erzielten Steigerungen und überproportionalen Nachfrage habe man jedoch stets Ware für die Mitglieder bereitstellen können.

Kleingeräte, vor allem im Bereich Kaffeevollautomaten und Speisenzubereitung, wurden in verschiedenen Preiskategorien stark nachgefragt, was man auf den anhaltenden Cocooning-Effekt zurückführt.

Im Gegensatz zu 2020 verzeichnete der TV-Markt in Summe weniger Wachstum, bei gleichzeitig gestiegenem Durchschnittspreis – der allgemeine Trend geht Richtung OLED und große Zollgrößen.

Das Geschäft mit mobilen Produkten, wie Kopfhörern, Bluetooth-Lautsprechern, Wearables etc. wurde durch die schwierige Liefersituation von einzelnen Komponenten gebremst. Dieser Umstand werde sich laut Herstellerprognosen noch mindestens bis ins dritte Quartal 2022 fortsetzen und wirkt sich auch auf die ungebrochene Nachfrage bei IT- und Multimediaprodukten aus. Hier konnte ElectronicPartner im vergangenen Jahr dennoch ein deutliches Wachstum verzeichnen – nicht zuletzt, weil man als Verbundgruppe „auf enorme Bevorratung gesetzt” habe, so Sobol. „Es gab Lieferzeiten, die wir vorher für unmöglich gehalten haben – das ‚Rekord-Notebook‘ lag bei 18 Monaten.” Im Bereich Entertainment erweisen sich zudem die Playstation 5 sowie die Nintendo Switch und entsprechendes Gaming-Zubehör als Umsatztreiber.

Fazit und Ausblick

Zentralseitig musste ElectronicPartner auch 2021 auf die Rahmenbedingungen reagieren und die Mitglieder unterstützen – u.a. mit einem eigens abgestellten „Corona-Team” sowie verlängerten Zahlungszielen. Um die Warenversorgung sicherzustellen, hat die Verbundgruppe selbst 25 Prozent mehr Lager vorgehalten als im Jahr zuvor (und behält diesen Kurs vorerst auch bei).

Nachdem kürzlich die virtuelle Messe erfolgreich abgeschlossen wurde, blickt man nun gespannt auf die nächsten Events: Einerseits den ersten Kongress am 29. und 30. April, bei dem u.a. die Präsentation des neuen EP:Markenauftritts sowie das Upgrade von MEDIMAX am Programm steht, andererseits die IFA, bei der man „selbstverständlich dabei sein” werde und auf eine Präsenzveranstaltung hofft.

Mit dem Thema Nachhaltigkeit habe man sich einem echten „Mega-Projekt” verschrieben. Nach Maßnahmen wie der Veröffentlichung des ersten Nachhaltigkeitsberichts oder der vollständigen energetischen Sanierung der Zentrale im Rahmen der eigenen Nachhaltigkeitsinitiative GO GREEN sollen auch hier beim Kongress die nächsten Schritte und Vorhaben präsentiert werden.

Ein wichtiges Thema stellt auch das Online-Geschäft dar, wie Sobol betonte. In der Pandemie sei es natürlich zielführend gewesen, Umsätze ins Netz zu verlagern, aber am Ende gehe es immer um die Profitabilität der Mitgliedsbetriebe – daher halte man anhand von Fragen wie „Was kostet eigentlich der Online-Umsatz?” und „Ist er wirklich ertragreich?” hier immer wieder den Spiegel vor. ElectronicPartner unternehme sehr viel in Richtung „Zuführung des Konsumenten an den stationären Fachhandel – das ist unser oberster Fokus und gelingt uns hervorragend”, so Sobol und stellte klar: „Wir werden im Online-Bereich nach vorne hin massiv wachsen, aber nicht mit substituierenden, sondern mit additiven Umsätzen. Denn wir werden sehr genau darauf schauen, bei welchen Produktsegmenten und Marken eine Online-Vermarktung zielführend ist und bei welchen eine Offline-Vermarktung.”

Unter den Nägeln brennt der Verbundgruppe ebenso wie den Händlern das Thema D2C-Geschäft der Industrie. „Wir verfolgen das sehr aufmerksam und wir wissen, dass das auch eine sehr partnerschaftliche Beziehung zwischen Handel und Industrie auf eine erhebliche Belastungsprobe stellt. Wenn man – so wie wir – aufs Detail schaut, muss man sich schon fragen, ob nicht der eine oder andere Hersteller gerade munter dabei, sein Markenimage beim Endkunden höchstpersönlich zu ramponieren und kaputt zu machen. Deswegen lautet mein Appell: Jeder soll das tun, was er am besten kann. Wir maßen uns nicht an, die geilsten Produkte auf den Markt zu bringen – das können unsere Industriepartner deutlich besser. Aber auf der anderen Seite sollten sich ebendiese Partner nochmals ganz kurz überlegen, ob wir – und damit meine ich nicht nur ElectronicPartner, sondern die gesamte Branche – mit jahrzehntelanger Erfahrung im Umgang mit dem Endkunden, der nutzenorientierten Warenpräsentation und dem Schaffen von Mehrwert für eine Marke diesen Part nicht besser beherrschen und man daher nicht lieber bei der bewährten Arbeitsteilung bleibt”, erläuterte Karl Trautmann. Und er warnte, dass es sich „möglicherweise als eine fatale Fehleinschätzung” von Controllern und „Schlaufüchsen” diverser Beratungsunternehmen entpuppen könnte, entlang der Wertschöpfungskette massiv herumzuschrauben und diese zu den eigenen Gunsten verbessern bzw. die von den Kunden gewonnenen Daten in der Ergebnisrechnung entsprechend vergolden zu wollen. „Wir beobachten zumindest mit gesteigertem Interesse den einen oder anderen doch sehr untauglichen Versuch der Industrie beim Thema D2C.”

Als Beispiel dafür verwies Sobol auf Sony, wo das D2C-Geschäft wieder eingestellt wurde, weil es nicht funktioniert habe. Aussagen der Hersteller, man wolle den Kunden nur die Möglichkeit geben und selbst gar keine Umsätze machen, lässt Sobol aber nicht gelten: „Es macht betriebswirtschaftlich überhaupt keinen Sinn, einen teuren Onlineshop zu betreiben und damit keine Umsätze machen zu wollen. Mein Vorschlag wäre hier, ganz einfach mit offenen Karten zu spielen.” Karl Trautmann brachte dazu einen treffenden Vergleich aus der Pädagogik: „Nach der Beobachtung gibt es ein klärendes Gespräch mit dem Schüler und sollte die Einsicht fehlen, muss der Pädagoge über Sanktionsmaßnahmen nachdenken – etwa in Form eines Elterngesprächs. Sollte das auch nicht fruchten, bleibt am Ende nur der Schulverweis.” Heißt im Klartext: Wenn es eine nationale Organisation nicht verstehen wolle, könne man z.B. mit dem internationalen Headquarter reden. In weiterer Folge wäre das äußerste Mittel, die Zusammenarbeit zu beenden.

In Hinblick auf das heurige Geschäftsjahr spielt natürlich der Krieg in der Ukraine eine zentrale Rolle. Dieser werde – neben den menschlichen Aspekten – auch Auswirkungen auf das Geschäft haben, erläuterte Karl Trautmann: „Zum einen wird der Ukraine-Krieg der Warenverfügbarkeit nicht zuträglich sein, zum anderen hat er fundamentale Auswirkungen auf das Budget der Endverbraucher. Die Endkunden werden darüber nachdenken müssen, wie sie ihr Geld zukünftig auf die einzelnen Ausgabenbereiche verteilen. Und ich fürchte, dass sie die Entscheidung treffen müssen, in Zukunft deutlich mehr Geld in Ernährung und Energie zu stecken – und damit bleibt für alle anderen Bereiche weniger übrig. Als Branche haben wir in den letzten beiden Jahren von dieser Budgetumverteilung – keine/wenige Urlaube, Restaurantbesuche etc. – eigentlich sehr stark profitiert, jetzt werden wir erleben, dass das Pendel ein wenig in die Gegenrichtung ausschlägt. Aber wir sind vorbereitet und eines haben wir in der Pandemie bewiesen: Wir können Krise.” Das bekräftigte auch Friedrich Sobol: „Das Wichtigste in dieser Situation ist, nicht zu verzagen. Denn verzagte Unternehmer färben auf die Mitarbeiter ab und diese auf die Kunden und das mündet in einer sehr negativen Spirale.”

Diesen Beitrag teilen

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

This site is protected by reCAPTCHA and the Google Privacy Policy and Terms of Service apply.

An einen Freund senden