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Freitag, 19. April 2024
Recht im Handel – Handeln im Recht

Die Not mit dem Direktvertrieb der Hersteller

Hintergrund | Dr. Nina Ollinger | 03.04.2022 | Bilder | |  Meinung
Es ist sicher oft genug herausfordernd, gegen den Direktvertrieb der Hersteller im Wettbewerb als Händler bestehen zu können. Hier stellt sich natürlich die Frage, welche Regelungen bestehen, wenn Hersteller selbst Markenstores, Webshops u.Ä. betreiben und die Vertriebskanäle entsprechend bedienen. Was können Händler dagegen tun?

Grundsätzlich ist es so, dass die Wettbewerbsfreiheit sehr viel erlaubt. Diese gilt auf allen Wirtschaftsstufen, für alle Wettbewerbsformen und auch in Hinblick auf die verschiedenen Absatzmittler eines Produktes desselben Herstellers. Im Wesentlichen gibt es hier nur zwei Ansatzpunkte, die das Recht bietet: das Kartellrecht sowie das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb.

Das Kartellgesetz hat zum Ziel, Wettbewerb überhaupt zu ermöglichen, das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb soll konkrete Geschäftspraktiken abstellen. Das Kartellgesetz erfasst somit Vereinbarungen zwischen Unternehmern (Preisabsprachen u.Ä.) aber auch den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung. Dazu muss eine solche eines Herstellers überhaupt einmal vorliegen, damit sodann geprüft werden kann, ob die Praktiken des Herstellers kartellrechtlich bedenklich sind, etwa in Diskriminierungsfällen uÄ. Auch ein Kartell (Wettbewerbsabsprache) zB hinsichtlich der Preise muss erst einmal bewiesen und Gegenstand eines Verfahrens gewesen sein. Das nimmt oft Jahre in Anspruch.

Verboten ist natürlich der Verkauf unter dem Einstandspreis. Aber auch diesbezüglich ist erforderlich, dass ein Marktbeherrscher seine Marktmacht einsetzt, um durch besonders niedrige Verkaufspreise seine Mitbewerber vom Markt zu verdrängen, um anschließend die Preise wieder anheben zu können. Nach Rechtsprechung des OGH kann auch verboten sein, dass ein marktbeherrschender Unternehmer Waren zumindest zum Einstandspreis verkauft, jedoch diese zusammen mit unentgeltlichen Nebenwaren als Zugabe abgibt; im Endeffekt könnte hier wieder der Preis der Hauptware unter den Einstandspreis gedrückt werden. Derartige Verhaltensweisen können natürlich auch einer kartellrechtlichen Überprüfung unterzogen werden. Auch hier braucht man Geduld und die Untersuchungen und Gerichtsverfahren können ihre Zeit in Anspruch nehmen.

Nun macht vielleicht die neue Gruppenfreistellungsverordnung für vertikale Vereinbarungen Hoffnungen, der Entwurf liegt bereits vor. Hier sind neue Regelungen bezüglich Preisvergleichsmaschinen-Verbote, die wohl weitgehend unzulässig sind, enthalten und auch Ausführungen zu Doppelpreisen für Off- und Onlineverkäufe. Im Detail werden wir darüber in einem der nächsten Hefte berichten.

Liegt keine marktbeherrschende Stellung vor, ist das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb für Wettbewerber wohl das bessere Mittel. Damit können Unterlassungsklagen eingebracht werden, wenn unlautere Geschäftspraktiken umgesetzt werden. Etwa kann die Preisauszeichnungspflicht auch über das UWG durchgesetzt werden. Sogenannte Mondpreise dürfen bei Statt Preisen nicht verlangt werden; der Bezugspreis muss richtig und darf nicht künstlich erzeugt sein. Preisnachlässe, Geschenke oder Zugaben vor allem im Rahmen des elektronischen Geschäftsverkehrs sind klar zu kennzeichnen und die Bedingungen für die Inanspruchnahme müssen leicht zugänglich sowie klar und unzweideutig sein; alle sonstigen irreführenden Informationen zu Preisen unterliegen ebenfalls der Abmahnungsmöglichkeit nach dem UWG durch einen Wettbewerber.

Somit stellt das Recht zwar in gewissen Konstellationen Abhilfe zu Verfügung; im fairen Wettbewerb – so ein solcher vorliegt – sind den Händlern gegenüber den Direktverkäufen des Herstellers allerdings oft die Hände gebunden.

RA Dr. Nina Ollinger, LL.M
02231 / 22365
office@ra-ollinger.at
www.ra-ollinger.at

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