Millionenmärkte
Wolfgang Schalko Nach wie vor steht der Fernseher vielfach als Inbegriff für die Unterhaltungselektronik. Einerseits zurecht, weil TV-Geräte das größte Stück vom Umsatzkuchen ausmachen. Andererseits auch wieder nicht, denn es werden z.B. deutlich mehr Wearables und Kopfhörer verkauft als TVs. Und daneben schlummert in manch bis dato unterschätzter Produktgruppe ebenfalls enormes Potenzial.
Die deutsche gfu veröffentlicht in regelmäßigen Abständen nicht nur umfassende Marktzahlen, sondern auch Bemerkens- und Wissenswertes zu einzelnen Produktsegmenten. Und im Wesentlichen treffen die Analysen und Einschätzungen dann – gemäß der bewährten 1:10-Formel – auch für die hiesigen Entwicklungen zu. Bei TV-Geräten waren die Parallelen – zweistelliger Einbruch bei den Stückzahlen, kräftiges Plus bei den Durchschnittspreisen, in Summe ziemlich stabile Umsätze – für das Vorjahr jedenfalls nicht von der Hand zu weisen. Deshalb möchte ich hier kurz auf drei Bereiche eingehen, die man als Händler (und auch als Hersteller) nicht außer Acht lassen sollte.
Erstens: Kopfhörer. 2021 wurden in Deutschland fast drei mal soviele Kopfhörer wie Fernseher abgesetzt (15,8 vs. 5,8 Mio.), davon über 10 Mio. Funkkopfhörer (+12% gegenüber 2020). Im Schnitt gaben die Konsumenten dafür ca. 105 Euro aus – zum Vergleich: Bei TV-Geräten waren es 677 Euro (in Österreich 690 Euro). Prognose der gfu: Auch nach dem Corona-bedingt erhöhten Bedarf (Homeoffice und Videokonferenzen) werden Kopfhörer aufgrund ihrer Funktionalität und der vielfältigen Produktauswahl nicht an Attraktivität verlieren und das Absatzwachstum mobiler Endgeräte auch für den anhaltenden Markterfolg der Kopfhörer sorgen.
Zweitens: Wearables. Die smarten Begleiter erfeuten sich 2021 einer um 9% gesteigerten Beliebtheit, der Durchschnittspreis kletterte um 10% auf 184 Euro. Fast 7,4 Mio. Geräte wanderten über den Ladentisch. Sowohl bei der persönlichen Organisation und Kommunikation, als auch insbesondere für Gesundheit, Fitness und Wohlbefinden sind Wearables sehr gefragt – und werden es laut gfu in den nächsten Jahren bleiben.
Drittens: Smarte Heizkörper-Thermostate. Was im ersten Moment unspektakulär, ja vielleicht sogar deplaziert klingen mag, gewinnt gerade gehörig an Dynamik. 2021 wurde mit einem Plus von 25% erstmals die Millionengrenze in dieser Kategorie überschritten (1,2 Mio. Stück). Dabei spiegeln sich die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine und die damit verbundenen Folgen – steigende Energiekosten, die Konsumenten spürbare Einschnitte in anderen Bereichen befürchten lassen – hier noch gar nicht wider. Wie eine Studie der gfu zeigt, wird die Nutzung von intelligenten Technologien zur Reduzierung des Energieverbrauchs derzeit eher ausgeblendet: ZB nutzen nur 13% Sensoren, die die Heizung bei geöffneten Fenstern automatisch herunterregeln, und nur 16% setzen intelligente Heizkörper-Thermostate ein, die die Raumwärme abhängig von der Anwesenheit zuhause steuern – jeder Zweite glaubt (noch), dass eine Nutzung solcher Technik nicht möglich, passend oder umsetzbar sei. Ich persönlich bin ja kein Freund des Aktionismus und tendiere zur überlegten Herangehensweise. Aber manchmal muss man einfach schnell sein und auf den Zug aufspringen, wenn er (los-)fährt.
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