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Samstag, 20. April 2024
Entlastungspaket gefordert

WKÖ-Gewerbe und Handwerk: Ausnahmezustand wegen Preisexplosion und Materialmangel

Photovoltaik E-Technik | Dominik Schebach | 07.04.2022 | |  
Die Explosion bei den Kosten gefährdet das Gewerbe. „In den baunahen Branchen droht jetzt wegen der Lieferengpässe und Kostenexplosion der Stillstand. Ich kann mich nicht erinnern, jemals eine so geballte Häufung von Problemen erlebt zu haben Die Explosion bei den Kosten gefährdet das Gewerbe. „In den baunahen Branchen droht jetzt wegen der Lieferengpässe und Kostenexplosion der Stillstand. Ich kann mich nicht erinnern, jemals eine so geballte Häufung von Problemen erlebt zu haben", erklärte Spartenobfrau Renate Scheichelbauer-Schuster. Die Kostenexplosion bei Rohstoffen und Energie sowie der Mangel an Material und Personal führen zu einer dramatischen Situation für das Gewerbe. Für die Bewältigung dieser Situation forderte Renate Scheichelbauer-Schuster, Obfrau der Bundessparte Gewerbe und Handwerk, heute bei einer Pressekonferenz mehr Flexibilität seitens der Auftragsgeber und Unterstützung für die heimischen Betriebe ein.

Wir hungern vor den vollen Töpfen: Die Aufträge wären zwar da, aber unsere Mitgliedsbetriebe können sie vielfach nicht abarbeiten“, formulierte es Renate Scheichelbauer-Schuster, Obfrau der Bundessparte Gewerbe und Handwerk, bei einem Pressegespräch am Donnerstag drastisch.

Die aktuelle Unternehmensbefragung der KMU Forschung Austria bestätigt dieses ungewöhnliche Bild: So geben zwei Drittel (65%) der befragten Betriebe an, dass sie die Preissteigerungen bei Rohstoffen und Materialien in ihrer Geschäftstätigkeit beeinträchtigen. Auf Platz zwei ist der weiterhin akute Fachkräftemangel (54%). Gleich dahinter folgen, ebenfalls neu als Top-Herausforderungen, die Preissteigerungen bei Energie (49%) sowie die Zuliefer- und Lieferkettenprobleme (43%). Diese Themen machen den Unternehmen jetzt sogar mehr zu schaffen als „Dauerbrenner“ wie Steuern und Abgaben (42%) oder Preiskonkurrenz (40%).

Exorbitante Kosten, drohende Pönalen

So bringen die erhöhten Einkaufspreise bei Stahl, Holz oder Treibstoffen in Folge der Ukraine-Krise viele Betriebe in die Verlustzone. Andere Unternehmen können ihre Aufträge nicht abschließen: So könne ein Metallbau-Betrieb eine Dachkonstruktion aus Stahl nicht fertigstellen, weil eine Komponente fehlt. Obwohl das Verschulden nicht im Einflussbereich des Unternehmens liegt, drohe laut der Spartenobfrau eine Vertragsstrafe. Auch Nachfolgeaufträge, etwa für Dachdecker, verzögern sich auf unbestimmte Zeit.

Aber auch Beschläge, Dämmstoffe oder Lacke seien laut Scheichelbauer-Schuster derzeit kaum zu bekommen. Und sogar die Energiewende sei durch Materialengpässe gefährdet. Wegen Lieferausfällen bei Aluminium aus der Ukraine für Leitungen kommt der Ausbau der Ortsnetze durch die Elektrotechniker ins Stocken. Photovoltaik-Module (PV) können ohne Aluminiumschienen nicht montiert werden – sofern überhaupt die notwendigen Wechselrichter vorhanden sind, um die PV-Gleichspannung in Wechselstrom zu wandeln. Denn hier gibt es weiterhin Lieferengpässe wegen des Chipmangels infolge der Corona-Pandemie.

Gleitende Preise

Das führt bereits zu Einschränkungen im Baubereich. „Die Situation ist prekär. Sie droht für zahlreiche Unternehmen im Gewerbe und Handwerk existenzielle Ausmaße anzunehmen. Das Risiko der volatilen Preise und sprunghaften Kostensteigerungen können die Betriebe nicht alleine schlucken“, warnte deswegen auch Spartengeschäftsführer Reinhard Kainz. Er sieht es als Gebot der Stunde, dass neue Bauaufträge nur noch zu veränderlichen Preisen ausgeschrieben werden. Das hat soeben auch die Unabhängige Schiedskommission im Wirtschaftsministerium empfohlen.

Auch private und halböffentliche Auftraggeber sollten diesem Beispiel folgen – und anstelle von Festpreisen eine Indexanpassung bzw. gleitende Preise anerkennen. „Krisensituationen wie der Krieg in der Ukraine sind unvorhersehbar und stellen höhere Gewalt dar, was gerade in der Praxis für bestehende Verträge mit Festpreisen von Bedeutung ist“, so Kainz. „Pönalen müssen vorübergehend ausgesetzt werden. Planbarkeit ist in normalen Zeiten ein wichtiges Gut; in einem Ausnahmezustand wie jetzt bedarf es der Flexibilität auf allen Seiten.“

Scheichelbauer-Schuster fordern deswegen die versprochene „effektive Entlastung“ für die Unternehmen ein. Diese könnte in Form einer Steuergutschrift erfolgen oder durch Einführung eines begünstigten Gewerbe-Dieseltarifs für Transporte im Gewerbe und Handwerk, fordern Scheichelbauer-Schuster und Kainz.

Eine Erholung, die keine war

Erschwerend kommt hinzu, dass sich im Konjunkturrückblick der erwartete Aufschwung für das Jahr 2021 als Illusion erwiesen habe. Ein deutliches Plus haben 2021 preisbereinigt lediglich die Personaldienstleister und das Sicherheitsgewerbe (+7,1 Prozent), die Kunststoffverarbeiter (+3,6 Prozent) sowie die Mechatroniker (+3,1 Prozent) angeschrieben. Ansonsten hätte die Sparte Gewerbe und Handwerk unterm Strich ein Minus von 0,4% eingefahren.

Die große Unsicherheit dämpft auch den Optimismus in der Branche. Laut KMU Forschung Austria haben 24% der befragten Unternehmen eine positive Erwartung für das zweite Quartal, 59% rechnen mit Geschäften wie im Vorjahr, 17% gehen hingegen mit negativen Erwartungen in die kommenden drei Monate.

„Die Erholung von der Corona-Pandemie ist 2021 leider eine optische Illusion geblieben. Speziell den konsumnahen Branchen machen weiterhin ‚Long-Covid-Folgen‘ zu schaffen. Und in den baunahen Branchen droht jetzt wegen der Lieferengpässe und Kostenexplosion der Stillstand. Ich kann mich nicht erinnern, jemals eine so geballte Häufung von Problemen erlebt zu haben„, erklärte Scheichelbauer-Schuster abschließend.

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