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Freitag, 29. März 2024
Handelsverband & Standort+Markt: Shoppingcenter in Österreich

Umsatzverlust von 1,25 Mrd Euro für Shops in Einkaufszentren

Hintergrund | Stefanie Bruckbauer | 11.05.2022 | |  
Die Shops in den heimischen Einkaufszentren mussten vergangenes Jahr einen Coronabedingten Umsatzverlust in Höhe von 1,25 Milliarden Euro hinnehmen, wie eine aktuelle Analyse von Standort+Markt in Kooperation mit dem Handelsverband zeigt. (Bild: Pixabay) Die Shops in den heimischen Einkaufszentren mussten vergangenes Jahr einen Coronabedingten Umsatzverlust in Höhe von 1,25 Milliarden Euro hinnehmen, wie eine aktuelle Analyse von Standort+Markt in Kooperation mit dem Handelsverband zeigt. (Bild: Pixabay) Standort+Markt und der Handelsverband präsentierten heute ihren umfassenden Shoppingcenter-Report für Österreich. Demnach gingen die Besucherzahlen um 128 Millionen zurück. Der höchste Leerstand findet sich im Burgenland.

Seit 1988 erfasst Standort+Markt die Shoppingcenter in Österreich und verfügt damit in diesem Segment über eine sehr umfangreiche Datenbank. Die Zahlen werden im 2-Jahres-Abstand ausgearbeitet und liegen nun wieder in aktualisierter Form vor: Es gibt 244 Shoppingcenter (119 Shopping Malls, 114 Retail Parks, 4 Town Center, 3 Factory Outlet Center, 3 Department Stores und 1 Sonderform). 8.700 Shops. 4 Mio. m2 vermietbare Fläche.

Die Ergebnisse für 2021 im Detail

Im Vergleich zum Vor-Corona-Jahr 2019 hat sich die Gesamtzahl der Shoppingcenter gerade einmal um zwei Standorte erhöht. Bei den Shopping Malls hat es keinen einzigen Neuzugang gegeben. Insgesamt erstrecken sich diese heimischen Einkaufsdestinationen bundesweit auf knapp 4,2 Mio. m2 vermietbarer Fläche, rund 3,4 Mio. m2 davon entfallen auf den Handel.

Somit steht jedem Österreicher ein halber Quadratmeter an vermietbarer Fläche in Shoppingcentern zur Verfügung. „In Österreichs Shoppingcentern ist die Zahl der Besucher seit 2019 aufgrund der Corona-Maßnahmen und Lockdowns um 128 Millionen zurückgegangen. Dieser massive Rückgang von 18,4% führte zu einem Umsatzverlust von 1,25 Milliarden Euro für die Shops in den heimischen Einkaufszentren. Langfristige Mietverträge und gewisse Corona-Entschädigungen bremsen die tatsächlichen Auswirkungen der Pandemie, während neue Herausforderungen vor der Tür stehen“, fasst Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will die zentralen Ergebnisse zusammen.

Während die Zahl der Shopping Malls und deren Flächen in den letzten zwei Jahren stagnierten und somit die Covid-Beeinträchtigungen beim stationären Shopping durchschlugen, kompensierten die Retail Parks die durch Lockdowns entstandenen Umsatzverluste durch eine Neueröffnung und mehrere größere Erweiterungen und durch eine trotz alledem solide Performance“, ergänzt Standort + Markt Geschäftsführer Hannes Lindner.

Umsätze der Gewerbetreibenden in Shoppingcentern gehen um -9% zurück

Neben der Besucherfrequenz war auch die Umsatzentwicklung in den letzten beiden Jahren rückläufig. Für 2021 liegt die Umsatzschätzung von Standort+Markt bei 12,35 Milliarden Euro. Flächenbereinigt, also nur bezogen auf jene Zentren, welche in den Vergleichsjahren das gesamte Jahr – wenn auch pandemiebedingt eingeschränkt – umsatzwirksam waren, bedeutet dies ein Minus von rund 9% oder 1,25 Milliarden Euro gegenüber 2019 für die Händler, Gastronomen und sonstigen Gewerbetreibenden in den Einkaufszentren.

Erwähnt sei aber auch, dass sich die Shoppingcenter-Flächen seit der Jahrtausendwende mehr als verdoppelt haben, d.h. vor der Pandemie erlebten insbesondere Fachmarktzentren oder Retail Parks in ganz Österreich einen regelrechten Boom. „Bei den Shopping Malls konnten wir in den Corona-Jahren nur wenige Erweiterungen verzeichnen. Bei den Retail Parks hat es aber durchaus umfangreichere Bewegung gegeben. Vor allem noch 2020 konnten trotz aller Widrigkeiten einige Erweiterungspläne in Fachmarktzentren umgesetzt werden. Dazu zählen etwa die PADO Shopping Galerien, das Taborland in Steyr oder die Arena Mattersburg“, bestätigt Standort + Markt Gesellschafter und Studien-Co-Autor Roman Schwarzenecker.

Leerflächenanteil bleibt mit 4,2% stabil

Über 8.700 Shops zählen Österreichs Shoppingcenter. Mit 691 Leerständen hat sich diese Anzahl zum letzten Beobachtungszeitraum de facto nicht verändert, auch die Leerstandsrate mit österreichweit 7,9% und der Leerflächenanteil von 4,2% sind im Vergleich zu vor-Corona-Zeiten stabil geblieben. Wirft man einen Blick auf die Entwicklung der Leerstände in den letzten Jahren, zeigt sich, dass es entgegen ersten Prophezeiungen gelungen ist, diese moderat zu halten.

Bundesländervergleich: Burgenland mit höchster Leerstandsrate

Die Shoppingcenter-Struktur ist auch stark räumlich dispers. Nicht zuletzt aufgrund der unterschiedlichen Raumordnungsgesetzte der Bundesländer ergeben sich starke räumliche Differenzen:

Das Bundesland mit der deutlich höchsten Shoppingcenter-Dichte ist das Burgenland. Es ist auch das Burgenland, wo derzeit am meisten Flächen leer stehen (7,7%). Am restriktivsten bei der Ansiedlung dieses Betriebstyps war (und ist) man in Vorarlberg und Salzburg. In Vorarlberg zeigt die Verknappung auch Wirkung, was man an der geringen Leerstandrate (1,9%) gut ablesen kann.

Fazit: Corona-Folgen treten verzögert ein, neue Herausforderungen „ante Portas“

Insgesamt betrachtet litten die meisten Shoppingcenter sehr an den manchmal willkürlich wirkenden Teilschließungen, doch noch keines der Zentren musste aufgrund der Corona-Auswirkungen komplett sperren. Gravierende Auswirkungen sind also noch nicht erkennbar, das dürfte insbesondere an langfristigen Mietverträgen und teilweise auch an gewissen staatlichen Entschädigungen liegen. Soweit der Ist-Stand der vergangenen zwei Jahre.

Die Studienautoren sagen: „Die Flächendynamik hat sich schon vor Corona stark eingebremst, was sich in der Pandemie verständlicherweise nicht verändert hat. Weitere Gründe hierfür sind u.a. die Expansionsunlust vieler Shop-Betreiber bzw. behördliche Hürden. Innovationstreiber werden wohl neue Konzepte insbesondere im Bereich Freizeit und Gastronomie sein, auch wenn dies bis dato noch nicht flächenmäßig feststellbar ist. Weiters wird es zu einem Herauskristallisieren von ‚Versorgungszentren‘ und ‚Shopping- und Entertainmentzentren‘ kommen. Manche Eigentümer mittlerer und größerer Shopping Malls stecken möglicherweise schon bald in einer Zwangslage, die in dieser Form vor rund 10 Jahren nicht absehbar war: Die Frequenzen stagnieren bzw. entwickeln sich rückläufig, gleichzeitig schwinden die Einnahmen. Aufgrund der erforderlichen laufenden Weiterentwicklung von Shopping Malls eine heikle Angelegenheit, denn es ist eine höhere Attraktivität erforderlich, um Kunden zu halten – dazu muss aber investiert werden.“

HV Konsumbarometer: Verbraucherstimmung angespannt & mit negativer Tendenz

Wie sieht die Lage aktuell auf Konsumentenseite aus? Der Handelsverband sagt: „Angesichts der zahlreichen Krisen und Herausforderungen derzeit (noch) einigermaßen stabil. Vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges und der jüngsten Teuerungswelle – die Inflation liegt bereits bei 7,2% – hat sich die Verbraucherstimmung im April zwar zusehends eingetrübt. Die Konjunkturerwartung der Bevölkerung ist im ersten Quartal 2022 dennoch konstant über dem Referenzwert von März 2019 geblieben. Dies dürfte insbesondere an der hohen Beschäftigungszahl bzw. den geringen Arbeitslosenzahlen liegen. Dass der Handel mittlerweile eine Rekordzahl von 8.000 offenen Stellen verzweifelt zu besetzen versucht, bleibt hierbei unberücksichtigt.“

Deutlich pessimistischer sei hingegen die Einkommenserwartung der befragten Personen. Diese erreichte im April einen Jahrestiefstwert von 95,1 und liegt damit um fast fünf Punkte unter dem Referenzwert.

Die Einstufung des Preisniveaus und damit die Inflationserwartungen der heimischen Konsumenten haben sich in den vergangenen vier Monaten nur in eine Richtung bewegt: nach unten (= steigende Teuerungserwartung). Im April hat diese Kennzahl einen historischen Tiefststand von 83,95 erreicht, wobei dieser Wert vermutlich bereits im Mai erneut unterboten werden wird. Die heimischen Verbraucher erwarten demnach weiterhin ein hohes Inflationsniveau.

Ausgaben-& Sparneigung Ausgaben Sparneigung

Eine exorbitante Steigerung habe zuletzt die Anschaffungsneigung der Österreicher gebracht. Im 3-Jahres-Vergleich verzeichnen April 2022 (150,82) und März 2022 (140,11) die mit Abstand höchsten Werte – im Vergleich zum Referenzmonat März ergibt das ein beträchtliches Plus, was sich wiederum in einem höheren Gesamtbarometer niederschlägt. „Das Bild ist jedoch trügerisch“, sagt der Handelsverband, „da der stark steigende Preisauftrieb automatisch in höheren Konsumausgaben mündet. Der Handel profitiert daher finanziell nicht von dieser Entwicklung, sie ist fast ausschließlich inflationsgetrieben.“

Politische Empfehlungen: Was erwartet der Handel von den Regulatoren?

Der heimische Handel befindet sich in einer Schere zwischen systemischen Kostensteigerungen in allen Prozessen und einer Kundschaft, die immer weniger finanzielle Mittel zur Verfügung hat. Die Ukraine-Krise und Corona als wiederkehrendes Phänomen deuten nicht auf eine rasche Entspannung der Lage hin. Beleg hierfür ist auch die pessimistische Einkommenserwartung der Bevölkerung. Daher ist die Bundesregierung dringend gefordert, ein Anti-Teuerungs- und Entlastungspaket zu schnüren“, fordert Rainer Will.

Der Handelsverband empfiehlt folgende 6 Handlungsprioritäten:

  • Abschaffung der kalten Progression. Sollte dies nicht möglich sein, wäre insb. eine Anhebung der unteren beiden Lohn- und Einkommensteuerstufen (z.B. von 11.000 € auf 16.000 € sowie von 18.000 € auf 22.000 €) wesentlich, um einkommensschwächere Menschen und den Mittelstand gezielt zu entlasten.
  • Reduktion aller Steuern & Abgaben im Energiebereich. Es muss bei den tatsächlichen Preistreibern angesetzt werden. Sinnvoll wäre insb. eine Mehrwertsteuer-Senkung auf Energie.
  • Deutliche Senkung der Lohnnebenkosten, damit die Leistbarkeit der Einstellung von Beschäftigten für Unternehmen verbessert wird und damit deren Krisenfestigkeit.
  • Arbeitsmarktreform, um Arbeitskräftemangel zügig entgegenzuwirken. Aktuell können 45.000 offene Stellen allein im Handel nicht besetzt werden.
  • Sofortige Aufhebung der Maskenpflicht zur Entlastung aller Beschäftigten im Handel. Für die Versorgung sind die Mitarbeiter im Einzelhandel essenziell, hier besteht Handlungsbedarf.
  • Struktureller Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen. Es braucht eine flächendeckende, garantierte Kinderbetreuung von Montag bis Samstag in ganz Österreich, damit Handelsmitarbeiter mit Betreuungspflichten unterstützt werden.
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