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Freitag, 29. März 2024
Recht im Handel – Handeln im Recht

Das Gesetz über digitale Märkte

RA Dr. Nina Ollinger, LL.M | 05.06.2022 | Bilder | |  Meinung
Oder: Ein Versuch der Beendigung des Positionsmissbrauchs durch Gatekeeper. Mit dem Verordnungsentwurf über digitale Märkte versucht die Europäische Kommission, einen Schritt zur Verbesserung des Geschäftsumfelds für Unternehmen im Netz zu setzen. Dieser „Digital Markets Act“ muss, um in Kraft zu treten, noch vom Europäischen Parlament und vom Rat gebilligt werden. Derzeit wird mit einem Inkrafttreten im Jänner 2023 gerechnet. Ob dieser Zeitplan eingehalten werden kann, wird sich zeigen.

Ziel dieser Verordnung ist es, Missbrauch im Netz durch sogenannte Gatekeeper, die anderen Unternehmern den Zugang zu ihren Nutzern versperren wollen, zu verhindern. Es sollen bessere Möglichkeiten für Start-ups geschaffen werden, damit diese im Umfeld von Online-Plattformen konkurrieren können. Weiters soll ein direkter Zugang zu Dienstleistungen und fairen Preisen für Verbraucher erreicht werden. Dafür sollen den sogenannten Gatekeepern Verpflichtungen aufgetragen werden, sodass gewerblichen Nutzern ein faireres Geschäftsumfeld geboten werden kann.

Unter Gatekeeper sind Betreiber zentraler Plattformdienste zu verstehen. Unter den Begriff „zentrale Plattformdienste“ fallen beispielsweise Online-Suchmaschinen, Betriebssysteme, Cloud-Computing-Dienste und Werbedienste. Als Gatekeeper gilt man etwa dann, wenn man eine erhebliche Auswirkung auf den Binnenmarkt hat, die bei gewissen Marktwerten oder Jahresumsätzen vermutet wird. Andere Tatbestände knüpfen an die Zahl der Endnutzer und gewerbliche Nutzer (mehr als 45 Mio. Endnutzer, mehr als 10.000 gewerbliche Nutzer) oder an gewisse Schwellenwerte an.

Gatekeeper werden unter anderem dazu verpflichtet, gewerblichen Nutzern die Bewerbung ihres Angebots, den Vertragsabschluss mit Kunden außerhalb der Plattform des Gatekeepers oder den Zugriff auf bei der Nutzung der Plattform generierter Daten zu ermöglichen. Darüber hinaus treffen Gatekeeper gewisse Unterlassungspflichten. Beispielsweise dürfen sie Endnutzer nicht daran hindern, vorinstallierte Software-Anwendungen zu deinstallieren oder gewerbliche Nutzer an der Mitteilung von Angelegenheiten im Zusammenhang mit Praktiken des Gatekeepers an Behörden zu hindern oder einzuschränken. Ausnahmen bestehen lediglich aus Gründen des öffentlichen Interesses, wie die öffentliche Sittlichkeit, Sicherheit oder Gesundheit. Diese Fälle sind aber mit äußerster Vorsicht anzunehmen und empfiehlt es sich daher, den Pflichten des Gatekeepers nachzukommen.

Ob der Gatekeeper als solcher anzusehen ist und in weiterer Folge seinen Verpflichtungen nachkommt, wird durch Markuntersuchungen der Kommission überprüft. Eine derartige Untersuchung kann darüber hinaus auch von drei oder mehr Mitgliedstaaten beantragt werden. Ergibt die Untersuchung, dass der Gatekeeper seinen Verpflichtungen gerade nicht nachkommt, kann die Kommission Strafen verhängen. Die dadurch verhängten Geldbußen können eine Höhe von bis zu 10% des im vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten Gesamtumsatzes erreichen.

Wichtig zu beachten ist auch die Möglichkeit der Kommission, tägliche Zwangsgelder bis zu einem Höchstbetrag von 5% des im vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten durchschnittlichen Tagesumsatzes zu verhängen. Diese Zwangsgelder werden als Druckmittel für bestimmte in der VO vorgeschriebene Pflichten verwendet. So müssen Unternehmen beispielsweise eine Nachprüfung vor Ort dulden, den Zugang zu ihren Datenbanken gewährleisten und Beschlüssen über die oben erwähnten Abhilfemaßnahmen nachkommen.

Verstoßen Gatekeeper systematisch gegen das Gesetz, können zusätzliche Abhilfemaßnahmen auferlegt werden.

Es wird sich zeigen, ob der Zeitplan mit dem Inkrafttreten im Jänner 2023 eingehalten werden kann, zudem bleibt wohl wie immer offen, ob die Gesetzgebung das hält, was sich ihre Schöpfer überlegt haben. Zu bedenken ist auch hier: Das Recht entsteht meistens einige Jahre nach dem Bedürfnis einer Regelung.

RA Dr. Nina Ollinger, LL.M
02231 / 22365
office@ra-ollinger.at
www.ra-ollinger.at

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