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Donnerstag, 25. April 2024
Hausgeräte-Kommentar E&W 6

Von Anfang an mitgedacht

Hausgeräte | Stefanie Bruckbauer | 05.06.2022 | Bilder | |  Meinung
Ist man gesund, denkt man nicht daran, dass es Menschen gibt, die Probleme mit der Benützung von modernen Hausgeräten haben. Dabei gibt es so viele Menschen, die mit irgendeiner Art von Behinderung bzw Einschränkung leben müssen, und für die die Bedienung von Hausgeräten eine große Hürde darstellt. (Bild: DBSV) Ist man gesund, denkt man nicht daran, dass es Menschen gibt, die Probleme mit der Benützung von modernen Hausgeräten haben. Dabei gibt es so viele Menschen, die mit irgendeiner Art von Behinderung bzw Einschränkung leben müssen, und für die die Bedienung von Hausgeräten eine große Hürde darstellt. (Bild: DBSV) Ich habe dieses Thema schon einmal angesprochen, möchte aber erneut darüber schreiben, da ich mich in der Zwischenzeit eingehend damit beschäftigt habe, mit Betroffenen gesprochen habe und der Meinung bin, dass man gar nicht oft genug darüber reden kann: Es geht um barrierefreie Haushaltsgeräte.

Haushaltsgeräte werden immer intelligenter und technologischer. Jede Menge Programme und Funktionen stehen zur Auswahl. Aufgrund der zunehmenden Verbauung von Sensortasten und Touchscreens sind diese smarten Elektrogeräte aber nicht mehr für alle Menschen, sondern nur mehr für sehende Konsumenten bedienbar. Für sehbeeinträchtigte Menschen wird Haushalts- und Unterhaltungselektronik immer mehr zum Problem – und sie können sogar zu Gefahr werden! Ob Heizgeräte oder Glaskeramikkochfelder eingeschaltet sind, darf man nicht erst erkennen, wenn man sich bereits verbrannt hat.

Natürlich gibt es Geräte am Markt, die ohne hochmoderne Features auskommen und mit Drehreglern, Kipp- und Schiebeschaltern ausgestattet sind. Diese werden mit den Augen und vor allem Händen leicht gefunden. Man hört das Drehen und Einrasten, dank erhabener Beschriftungen lassen sich die Schaltzustände erkennen. Doch das sind meist alte Modelle, die sukzessive vom Markt verschwinden. Und warum sollten sehbehinderte und alte Menschen auf Modernität verzichten müssen? Und auf Kriterien wie Energiesparsamkeit und Ressourcenschonung?

Also auch beim Kauf von Haushaltsgeräten sehen sich Menschen mit Einschränkungen mit Diskriminierung konfrontiert. Der Markt lässt ihnen keine Wahl. Die Auswahl nutzbarer Hausgeräte ist verschwindend klein. Nachträgliche Anpassungen sind häufig nicht möglich oder machen die Geräte für beeinträchtigte Menschen nur sehr eingeschränkt nutzbar. Zudem sind sie teuer und die Kosten kommen in jedem Fall zum vollen Kaufpreis dazu, denn obwohl diese Personengruppe die Geräte nur eingeschränkt nutzen kann, muss sie natürlich den vollen Kaufpreis zahlen.

Das „Mehr-Sinne-Prinzip“

Es ist möglich, moderne Geräte so zu designen, dass sie von ALLEN Menschen (egal mit welcher Art von Behinderung bzw Einschränkung) selbständig genutzt werden können und zwar wenn das „Mehr-Sinne-Prinzip“ angewandt wird. Das bedeutet, dass ein Gerät nicht nur über den Sehsinn, sondern zusätzlich auch haptisch, also zB durch Druckknöpfe, oder akustisch, zum Beispiel über eine Sprachausgabe, gesteuert werden kann. Es müssen immer mindestens zwei Sinne angesprochen werden. Die Digitalisierung bietet die Chance, dieses wichtige Gestaltungsprinzip schon von Beginn eines Gerätelebens an umzusetzen. Allerdings wird das viel zu wenig beachtet, wie das Beispiel Smartphone zeigt. Smartphones werden mittels Apps zunehmend als universelle, externe Steuerung für elektronische Geräte im vernetzten Haushalt eingesetzt. Derzeit fehlen allerdings noch einheitliche Standards, Richtlinien und Protokolle, wie Geräte miteinander kommunizieren. Diese wären jedoch die Voraussetzung für barrierefreie Apps, die eine externe Bedienung von Hausgeräten durch blinde User erlauben würden.

Im Mainstream Design ist Barrierefreiheit nach wie vor ein stark vernachlässigtes Thema und das, obwohl es so viele Betroffene gibt. 15% der gesamten europäischen Bevölkerung müssen mit irgendeiner Art von Behinderung leben, das sind ganze 80 Millionen Menschen. Dazu kommt eine wachsende Zahl von Menschen, die aus altersspezifischen Gründen zunehmend Probleme mit Haushaltsgeräten haben. Das sind immerhin 20% der Nutzer. Betrachtet man nun den demografischen Wandel, dann ergeben sich hier ernstzunehmende Marktbedürfnisse, denn: Unsere Gesellschaft altert zunehmend. 2019 war bereits ein Fünftel der Europäer älter als 65 Jahre, 2070 werden es schon 30% sein … aber das ist ein anderes Thema.

Von Beginn an

Es wäre wichtig, dass Barrierefreiheit von Anfang an mitgedacht und bei Produktentwicklung sowie Design berücksichtigt wird, sagen der österreichische und der deutsche Blindenverband. Möglich würde das, indem Experten (auch Betroffene) aus dem jeweiligen Bereich von Beginn an in den Konstruktionsprozess der Geräte eingebunden werden und indem man Entwicklerteams schult.

Es muss noch sehr viel getan werden in diesem Bereich. Die Hersteller müssen auf dieses Thema aufmerksam gemacht werden und auch der Handel müsste erkennen, dass es nur Vorteile hat, wenn die angebotenen Geräte potentiell für alle Kunden nutzbar sind – vor allem der Fachhandel. Dann kann er auch nicht in die unangenehme Situation kommen, einem Kunden mit Beeinträchtigung keine geeigneten Geräte anbieten zu können und wird seiner Aufgabe als FACH-Händler einmal mehr gerecht.

Bilder
Ist man gesund, denkt man nicht daran, dass es Menschen gibt, die Probleme mit der Benützung von modernen Hausgeräten haben. Dabei gibt es so viele Menschen, die mit irgendeiner Art von Behinderung bzw Einschränkung leben müssen, und für die die Bedienung von Hausgeräten eine große Hürde darstellt. (Bild: DBSV)
Ist man gesund, denkt man nicht daran, dass es Menschen gibt, die Probleme mit der Benützung von modernen Hausgeräten haben. Dabei gibt es so viele Menschen, die mit irgendeiner Art von Behinderung bzw Einschränkung leben müssen, und für die die Bedienung von Hausgeräten eine große Hürde darstellt. (Bild: DBSV)
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