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Sonntag, 6. Oktober 2024
Andreas Hechenblaikner im Gespräch zu 40 Jahre E&W

„Das war eine andere Welt“

Hintergrund | Dominik Schebach | 13.07.2022 | |  Menschen
Seit 40 Jahren ist Jura Geschäftsführer Andreas Hechenblaikner ein treuer E&W-Leser. Seit 40 Jahren ist Jura Geschäftsführer Andreas Hechenblaikner ein treuer E&W-Leser. Andreas Hechenblaikner, Geschäftsführer von Jura Österreich, ist ein E&W-Leser der ersten Stunde. Für die Jubiläumsausgabe der E&W hat er sich zurück-erinnert, an 40 Jahre in der Branche und tiefgreifende Veränderungen. So sprach Hechenblaikner mit uns darüber, warum die Kunden heute anspruchsvoller sind als in der Vergangenheit und über die Bedeutung der persönlichen Kommunikation zwischen Handel und Lieferanten.

Herr Hechenblaikner, Sie sind seit vielen Jahren in der Branche aktiv. Wie haben Sie in dieser Zeit die Branche erlebt – bzw. wie hat sich aus Ihrer Sicht die Branche verändert?

Andreas Hechenblaikner: Es ist richtig, ich bin schon seit mehr als 40 Jahren in der Branche und es ist spannend, was in dieser Zeit passiert ist. Wenn man diesen Zeitstrahl verfolgt, dann hat sich die Branche ausgehend von einer soliden FH-Struktur, beliefert durch namhafte Großhändler und durch eine Industrie, deren Markenlandschaft deutlich vielfältiger war, entwickelt. Das war eine andere Welt: Der Handel war in erster Linie Nahversorger und Ansprechpartner für die Haushalte zu allem rund um elektrische Geräte und Elektronik. Im Handel gab es noch – heute nahezu verschwundene – Handwerke wie Audio-Spezialisten für Fahrzeuge. Zudem gab es damals noch mehr Kooperationen wie E-Ring Tirol oder Select, um nur einige zu nennen.

Der erste drastische Umbruch kam für mich mit dem Auftreten der Großflächen-Anbieter. Immer größere Niederlassungen, mehr Auswahl und mehr Einkaufserlebnis hatten nicht nur einen Rekord an Verkaufsflächen hervorgebracht, sondern auch den Verkaufsdruck deutlich erhöht. Einstiegsmarken mit geringem Beratungsbedarf kamen auf. Und der FH musste erkennen, dass sich größte Auswahl und kleinster Preis auch woanders fanden. Kurz darauf begann bereits die digitale Phase – und das Shoppen im WWW erreichte die Elektrobranche. Damals haben viele in der Branche angefangen, anders zu denken, gaben den Handel auf und konzentrierten sich auf die Installation. Aber auch bei der Großfläche kam es zu einem Verdrängungswettbewerb. Schließlich gab es Marktbereinigung bei den Herstellern. Am besten haben diese Zeiten noch die WW-Marken überstanden. Auch Marken mussten umdenken und fokussierter agieren. Top-Marken wie JURA, die sich spezialisiert haben, konnten die Zeit nützen, um zu wachsen und sich am Markt zu etablieren.

Die größte Veränderung unserer Branche hat sich jedoch aus meiner Sicht durch die digitalen Kommunikationsmedien via Handy ergeben. Smartphones sind heute zu unser aller zentrale Medien- und Kommunikationsplattform geworden. Das hat unserer Branche viele neue Möglichkeiten gebracht, wie wir heute werben, Produkte lancieren, oder über diese kommunizieren – z.B. digitale Schulungen, digitale Messen und das digitale Vorstellen von Neuheiten. Dazu brauchten wir einst große Messen, heute reicht oft ein Smartphone. Andererseits leiden darunter die persönlichen Kontakte.

Wir feiern 40 Jahre E&W. Wie haben Sie die E&W kennengelernt und welche Rolle hat die E&W für Sie in dieser Zeit gespielt?

Andreas Hechenblaikner: Vor 40 Jahren habe ich mich jedes Mal schon auf die monatliche Ausgabe der gedruckten E&W gefreut und die musste einfach gelesen werden, um in der Branche mitreden zu können. D.h., zuerst hat sie immer mein Chef gelesen. Aber diese Verzögerung fiel damals nicht so ins Gewicht. Herr Rockenbauer sen. war damals wohl einer der bekanntesten Persönlichkeiten in unserer Branche. Auch zurecht, denn er hat Händler, Großhändler und Industrie miteinander vernetzt und viel Großartiges für die Gemeinsamkeiten der Branche geleistet. E&W ist bis heute ein Klassiker als Informationsträger der Zunft geblieben, auch wenn sich die Rahmenbedingungen dafür extrem verändert haben – und neben dem Medium Papier, die Online-Berichterstattung die Wartezeiten bei den News auf wenige Stunden verkürzt hat.

Von ihrem Selbstverständnis her war die E&W auch immer eine Informationsdrehscheibe zwischen Industrie, Handel und Großhandel. In diesem Dreieck hat sich in den vergangenen Jahren einiges verschoben. Welche Veränderungen empfinden Sie als besonders tiefgreifend?

Andreas Hechenblaikner: Dazu möchte ich zwei Überlegungen einbringen: Ich empfinde es als tiefgreifende Veränderung, dass speziell in Teilen der Industrie viele Kompetenzen aus Österreich abgezogen worden sind. Ich höre sehr häufig von unseren Händlern, dass sie bei manchen Lieferanten keine Entscheidungsträger mehr hier in Österreich finden. Das hat eindeutig auch mit Betreuungs- und Qualitätsverlust im Vertrieb zu tun und ist eine sehr starke Veränderung.

Die zweite tiefgreifende Veränderung in der Beziehung zwischen Handel und Industrie ist, dass man früher dem sozialen Kontakt einen viel höheren Stellenwert beigemessen hat als heute. Fachmessen wie domotechnica, Funkausstellung Berlin, HIT, Futura in Österreich usw. waren Highlights, auf die man sich eingestellt und gefreut hat. Die Industrie hat ihre Innovationen auf diese Anlässe hin bereitgestellt und unsere Kunden haben sich gefreut, mit etwas Neuem überrascht zu werden. Abgesehen von den Auswirkungen durch Covid kann man da schon sagen, dass sich hierzu auch im sozialen Beziehungsdreieck etwas gravierend verschoben hat.

Nachgefragt: Jura setzt in seinem Vertrieb traditionell auf den beratenden Fachhandel – gleichzeitig wurde das Business schneller und der Handel sieht sich neuen Herausforderungen gegenüber. Sind die Kunden bei der Beratung in den vergangenen 40 Jahren anspruchsvoller geworden? Und wie reagiert man als Highend-Hersteller auf diese Situation?

Andreas Hechenblaikner: Ich würde so sagen: Unsere Produkte und vor allem das, was sie bieten, ist um ein Vielfaches anspruchsvoller geworden. Daher ist es auch legitim und normal, dass Kunden, die ein Premium Produkt in ihrer Kaufentscheidung in Erwägung ziehen, auch dementsprechend anspruchsvoller bei der Beratung sind. D.h., man muss heute anders beraten: Man muss die Markenwerte erlebbar machen und Relevanz beim Kunden erreichen. Eine starke und authentische Marke zu sein, hat oberste Priorität, weil das Vertrauen beim Kunden schafft. Es ist wichtig, über Jahre für das zu stehen, was man den Kunden verspricht. Zudem muss man in der Kundeninformation heute alle Kanäle aktiv bespielen. Da sind digitale Kanäle ebenso wichtig wie das Erlebnis am POS.

Wie reagieren wir auf diese Veränderung: Bei den digitalen Kanälen sind wir von JURA wohl absoluter Vorreiter. Wir haben seit vielen Jahren die JURA-Live Beratung installiert, die von jedem Konsumenten ohne Anmeldung und ohne Registrierung einfach auf Knopfdruck zugänglich ist. Und weiters investieren wir seit Jahren schon im Bereich der ONLINE-Kampagnen, so wie kaum ein anderer in unserem Umfeld. Beim Thema POS verschmelzen wir mehrere Themen gleichzeitig: die Markenbildung durch weltweit einheitliche POS-Gestaltung; wir bringen gemeinsam mit unseren Partnern das Kaffeeerlebnis durch Verkostung und Demonstration, Design und Haptik sowie den sozialen Kontakt direkt zum Kunden; und wir können heute schon eine Beratung oder Kommunikation via Jura-Live auch direkt am POS durchführen.

Gibt es eine besondere Erinnerung oder auch Anekdote, welche Sie mit der E&W verbinden?

Andreas Hechenblaikner: Eindrücklich war eine Begegnung mit Herrn Rockenbauer sen., welcher mich bei einer der letzten Futura kurz auf einen Kaffee am Messestand besucht hat. Das beherzte Anliegen seiner Person um die Elektro-Branche, und das auch noch im Ruhestand, hat mich sehr beeindruckt und darf ich für mein Leben mitnehmen.

Ihre Chance: Was wünschen Sie sich von einer Fachzeitschrift wie der E&W?

Andreas Hechenblaikner: Dem Urauftrag treu zu bleiben und dieses bereits angesprochene Beziehungsdreieck mit viel Selbstverständnis und redaktioneller Weitsicht und Ehrlichkeit aufrecht zu erhalten. Auch wenn die Zeiten für Medien in einem so spezifischen Segment nicht leichter geworden sind.

Die E&W hat die Branche in den vergangenen 40 Jahren begleitet – ein wichtiges Anliegen dabei war immer, die Branche auch zukunftsfit zu machen. Worüber wird Ihrer Ansicht nach die E&W in den kommenden Jahren schreiben?

Andreas Hechenblaikner: Viel über das Thema Ökologie, Nachhaltigkeit, neue Technologien, speziell zur Energiewirtschaft, E-Mobility und deren Infrastruktur. Aber ganz sicherlich sehr viel über innovative Produkte, sowie Qualität, da dies letztendlich auch die Nachhaltigkeit bestimmt und das sind die ganz großen Themen der Zukunft.

 

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