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Donnerstag, 25. April 2024
Fragwürdige Argumente

Google-Fonts: Widerstand gegen Abmahnwelle formiert sich

Über den Rand Hintergrund | Dominik Schebach | 26.08.2022 | | 3  
(© Alphabet) Die Affäre um die Abmahnwelle wegen der Verwendung von Google-Fonts in Webseiten nimmt eine neue Wendung. Denn es mehren sich die Zweifel, dass die von dem selbsternannten „Datenschutzanwalt“ verschickten Abmahnungen überhaupt eine rechtliche Grundlage haben. So sind die Argumente des Anwalts zumindest technisch fragwürdig. Inzwischen werden mehrere Gegenklagen vorbereitet.

Seit rund zwei Wochen schlägt die Affäre um Abmahnungen durch den Anwalt Marcus H. aus Groß Enzersdorf Wellen in der heimischen Wirtschaft. Zuletzt hat sich der Fachverband Unternehmensberatung, Buchhaltung und IT (UBIT) zu Wort gemeldet, dass er einen Musterprozess der Wirtschaftskammer zur Klärung des Sachverhalts ausdrücklich unterstütze.

Inzwischen erscheinen auch die Abmahnungen selbst auf immer wackligeren Beinen zu stehen. Denn die vorgebrachten Argumente sind zumindest fragwürdig. Anwalt H. machte in seinem Abmahnschreiben geltend, dass seine Klientin Unternehmenswebseiten besucht und daraufhin festgestellt habe, dass ihre IP-Adresse an Google weitergeleitet worden sei – was nicht nur einen Verstoß gegen die DSGVO darstelle, sondern ihr auch ein persönliches Unwohlsein verursache. Sie sehe sich deswegen in ihren Rechten verletzt und verlange nun Schadenersatz – in der Höhe von 190 Euro.

Es hakt

Wie uns IT-Spezialisten dargelegt haben, hakt es bei der Argumentation gleich an mehreren Stellen. Das beginnt bei den Grundlagen: Google-Fonts sind für den Webeinsatz optimiert und werden deswegen gerne von Website-Entwicklern verwendet. Der Nachteil, die IP-Adresse des Besuchers der Webseite könnte dadurch an Google geschickt werden. Technisch kann man allerdings nicht feststellen, ob die IP-Adresse überhaupt erfasst wurde und ob diese in weiterer Folge an Google Irland bzw. Google USA geschickt wurde. Dh, es steht nicht fest, ob überhaupt ein Vergehen nach der DSVO besteht. Rechtlich scheint sich die Abmahnung auf ein deutsches Urteil vom vergangenen Mai zu stützen. Dabei ist allerdings nicht klar, ob die Verwendung von Google-Fonts in Österreich überhaupt ein Vergehen nach der DSGVO darstellt.

Spannend wird es allerdings, wenn man die Masse der versendeten Abmahnungen heranzieht. Inzwischen geht man von mehreren tausend Schreiben aus, die von Marcus H. verschickt wurden. Der Anwalt Marcus H. besteht zwar darauf, dass seine Mandantin jede Seite persönlich besucht hätte, allein wegen des notwendigen Zeitbedarfs erscheint dies aber zweifelhaft.

Zusätzlich gibt es allerdings gleich mehrere Indizien, die darauf hindeuten, dass für die Erhebung der Daten ein Bot oder ein sogenannter Web-Crawler, ein Programm zum automatisierten Durchsuchen von Webseiten sowie dem Erstellen der Abmahnschreiben, zum Einsatz gekommen ist. Dies legen einerseits die verwendeten IP-Adressen nahe, andererseits eine Reihe beanstandeter Webseiten, die entweder derzeit gewartet werden, oder nicht öffentlich einsehbar sind.

Damit ergibt sich allerdings die Frage: Wenn ein Bot verwendet wurde, liegt dann überhaupt ein Datenschutzvergehen vor? Schließlich ist ein Bot keine Person und hat damit auch keine schützenswerten Persönlichkeitsrechte.

Widerstand formiert sich

Inzwischen formiert sich eine Gegenbewegung im Web. Abgesehen von den einzelnen Kammern sind auch einige Rechtsanwälte aktiv geworden. So hat Betroffenenanwalt Peter Harlander laut der Tageszeitung Der Standard eine Anzeige wegen Betrugsverdachts eingebracht. Zudem prüft die Rechtsanwaltskammer Niederösterreich das Vorgehen von Marcus H. „Es gäbe sicher gelindere Mittel, um auf DSGVO-Probleme von Webseiten und die Rechte einzelner BesucherInnen hinzuweisen“, so die Kammer.

Was tun?

Sollte man so eine Abmahnung erhalten haben, so muss man zwar laut DSGVO dem Auskunftsbegehren innerhalb der vorgeschriebenen Frist nachkommen, allerdings muss man zuerst prüfen, ob dieses Begehren überhaupt berechtig ist, und ob die Mandantin wirklich von dem Anwalt vertreten wird. Auf ihrer Homepage hat die WKO dazu einen Leitfaden veröffentlicht.

Bleibt positiv anzumerken: Anhand dieser Affäre wurde das Augenmerk wieder auf die DSGVO gelenkt. Dass sich allerdings ein Anwalt die Google-Fonts herauspickt, tut der Sache nichts Gutes.

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Kommentare (3)

  1. Dass die Seite hier (wenn mich nicht alles täuscht) auch 8x Google-Fonts Zugriffe hat und nur 2x Fonts lokale Anfrage-URL zeigen… ist ein Beispiel für das grundsätzliche Problem. Vom Captcha bei Kommentaren mal abgesehen… „This site is protected by reCAPTCHA and the Google Privacy Policy and Terms of Service apply.“ Vermutlich müsste man einen Intelligenz-Test vor der Verwendung jedes Web-Browsers schalten. Dann würde man sich den restlichen Schwachsinn sparen. 😉

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