WKÖ-Handelstag: Branche in unangenehmer Sandwichposition

Zahlreiche Teilnehmer waren der Einladung der Bundessparte Handel gefolgt, um auf dem hochkarätig besetzten Branchenevent die aktuellen Herausforderungen zu diskutieren. Und dieser, so betonte Bundesspartenobmann Rainer Trefelik, gibt es dieser Tage genug: „Vom derzeit alles beherrschenden Thema Energiekrise bis hin zum Fachkräftemangel: Es gibt eine Reihe von Zukunftsthemen, für die wir gemeinsam mit der Politik Lösungen finden müssen.“
Welche Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel getroffen werden können, war dann auch gleich erstes Schwerpunktthema am Handelstag, durch den ORF-Moderator Tobias Pötzelsberger führte. Denn gerade der Einzelhandel ist beschäftigungsintensiv und hat auch bedeutende Beschäftigungseffekte auf andere Wirtschaftsbereiche, wie Peter Voithofer vom Economica Institut für Wirtschaftsforschung ausführte. Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher betonte in seiner Keynote allerdings, dass die demografische Entwicklung dem Arbeitsmarkt noch länger zu schaffen machen werde.

„Fehlende Arbeitskräfte bedeutet, dass wir Potenziale nicht nutzen können“, sagte Kocher, der neben den Anstrengungen der Regierung gegen den Fachkräftemangel aber auch das aktuell dringendste Problem der Handelsunternehmen ansprach: „Viele Unternehmen sind in einer sehr unangenehmen Sandwich-Position, weil sie mit enormen Kostensteigerungen konfrontiert sind, diese aber nur zu einem Teil weitergeben können.“ Als Unterstützung für die Wirtschaft verwies Kocher in diesem Zusammenhang nochmals auf den im Juni beschlossenen Energiekostenzuschuss hin, der angesichts der enormen Preissteigerung weiter ausgebaut werden soll. Gleichzeitig betonte der Minister, dass der Staat nicht die gesamte Kostensteigerung übernehmen kann. Kocher forderte deswegen eine Veränderung der Energie-Preisbildung auf europäischer Ebene – vor allem die Kopplung von Strom- und Gaspreisen müsse aufgebrochen werden. Eine Forderung, die man bei der Veranstaltung noch öfters hören sollte.
Staatssekretärin Plakolm brach im Anschluss eine Lanze für die Lehre: „Wir brauchen die besten Köpfe in der Lehre, weil wir die besten Fachkräfte brauchen. Lehrlinge von heute sind die Fach- und Führungskräfte von morgen. Wir müssen deshalb am Image der Lehre arbeiten: Die Lehre darf nicht Plan B sein, wenn es mit der Schule nicht klappt, die Lehre muss Plan A für eine praktische Ausbildung sein.“ Dazu müsse die Durchlässigkeit des Bildungssystems weiter verbessert werden.
Digitale Zukunft
Der zweite Programmschwerpunkt am Handelstag widmete sich den Themen Digitalisierung und Zukunftstrends. Zukunftsforscher Tristan Horx (Zukunftsinstitut) stellte dabei die These auf, dass „wir uns bereits in einer digitalen Korrekturschleife befinden. Für den Handel heißt das: Bei aller Digitalisierung gibt es auch wieder eine Renaissance der zwischenmenschlichen beratenden Funktionen“, sagte Horx, der daher rät, bei der Weiterbildung den Fokus auf zwischenmenschliche Kompetenzen zu legen. Zu den Top-Speakern zu diesem Thema zählten außerdem: Christoph Teller, Leiter des Instituts für Handel, Absatz und Marketing an der JKU Johannes Kepler Universität, und Ernst Gittenberger, Leitung Centre of Retail and Consumer Research an der JKU, Barbara Thaler, Abgeordnete im Europäischen Parlament (ÖVP), Tino Kopanakis, Geschäftsführer der Inandout Distribution Gmbh und Iris Thalbauer, Geschäftsführerin und Digitalexpertin der Bundessparte Handel.
Internationales Umfeld
Dass der österreichische Handel nicht losgelöst von europäischen bzw. internationalen Umfeld betrachtet werden kann, stand dann beim dritten Themenschwerpunkt im Mittelpunkt, den WKÖ-Präsident Harald Mahrer eröffnete und dabei erneut die Notwendigkeit eines neuen Energiemarktdesigns auf europäischer Ebene betonte. „Special guest“ dieses Programmschwerpunkts war EuroCommerce-Präsident Juan Manuel Morales, der auch darauf hinwies, was auf dem Spiel steht, wenn die Situation auf den Energiemärkten weiter außer Kontrolle gerät. Schließlich arbeiten europaweit rund 30 Millionen Menschen im Handel.
Weitere Speaker zum Thema, welche Risiken die aktuellen geopolitischen Veränderungen bergen, aber auch welche Chancen sich für den heimischen Handel möglicherweise ergeben können: Karl Pisec, Sprecher des europäischen Außenhandels, Jürgen Roth, Vizepräsident von EuroCommerce und Fachverbandsobmann des österreichischen Energiehandels, Thomas Oberreiter, Botschafter und Sektionsleiter für Europa und Wirtschaft im Außenministerium, Tobias Thomas, Generaldirektor der Statistik Austria, WKÖ-Vizepräsident Philipp Gady, Katherina Ulz, Gründerin und CEO von I AM INK, sowie Jürgen Schöls, Geschäftsführer und Eigentümer des heurigen Exportpreissiegers im Bereich Handel, der APV Technische Produkte GmbH.
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