„Sicher bleibt die Unsicherheit”
Bundesgremialobmann Robert Pfarrwaller will den Elektrohandel möglichst rasch von seiner Rolle als „Exekutivorgan der Behörden” befreien. Vor rund einem Jahr gestaltete sich der Ausblick düster – vor dem Hintergrund der Pandemie – und begleitet von einer Reihe „heißer” Themen aus Sicht des Elektrohandels, vom neuen Gewährleistungsrecht und der Batterien-VO bis hin zum Reparaturbonus und dem EAG. E&W hat bei Bundesgremialobmann Robert Pfarrwaller und Bundesgremial-GF Bianca Dvorak nachgefragt, was aus all dem geworden ist und worauf sich die Branche 2023 einstellen kann.2022 standen zahlreiche Themen auf der Agenda – wie fällt der Rückblick auf das heurige Jahr aus?
Bianca Dvorak: Ich finde es immer gut, wenn etwas besser läuft als gedacht – und bei den neuen Gewährleistungsbestiummungen war‘s definitiv so. Weiters hatten wir die Batterien-VO, wo wir die Info-Kampagne der EAK „Her mit leer” auch im nächsten Jahr unterstützen. Ein besonderes Thema war natürlich der Reparaturbonus, bei dem vor einem Jahr noch nicht sicher war, was auf uns zukommen wird, und als der Elektrohandel zum Start nicht dabei war, sind wir natürlich in Aktion getreten – und sehr stolz darauf, dass wir eine Klarstellung erreichen konnten, die dem EFH die Abrechnung des Reparaturbonus ermöglicht. Das war ein riesiger Erfolg für uns und wurde auch sehr positiv in der Banche aufgenommen. Beim „Fit for 55”-Paket hat sich ebenfalls einiges getan – in unterschiedlichen Ausbaustufen. Es hat sich sehr bewährt, dass wir mit Georgi Tenev nun einen Kollegen haben, der sich speziell um die internationalen Agenden kümmert und in der EU sehr gut vernetzt ist. Im Team bringt er die europäische Gesamtsicht ein, während sich Barbara Humer als Fachexpertin damit beschäftigt, wie sich gewisse Themen oder Vorhaben konkret auf die Branche auswirken. Rund um das EAG und die ökosoziale Steuerreform, die ja auf den Weg gebracht wurden, fehlt noch das Energieeffizienzgesetz als Spange. Um das Einsparungspotenzial im Gebäudesektor zu eruieren und wissenschaftlich zu hinterlegen, haben wir gemeinsam mit Bundesinnung, FEEI und OVE eine Gebäudestudie in Auftrag gegeben. Das Ergebnis sind mögliche Einsparungen von über 20% – das ist schon eine Ansage und auch im Klimaschutzministerium auf entsprechend großes Interesse gestoßen.
Robert Pfarrwaller: Die Studie ist deshalb so bedeutsam, weil sie neben den baulichen Maßnahmen das Potenzial einer elektrotechnisch-energetischen Sanierung beziffert – mit Steuerung; Automatisierung, Sensorik, Vernetzung etc. Kurzum: Alles, wo auch der EFH eine Rolle spielt. Nun arbeiten wir gemeinsam mit der Bundesinnung und der Industrie an einem Verein Smart Building, denn das Gebäude braucht eine Stimme.
Daneben gab es aber auch Problemfelder…
Pfarrwaller: Der positive Aspekt war, dass die Pandemie nicht zu weiteren Lockdowns geführt hat. Hinzugekommen ist dafür der Krieg in der Ukraine und damit einhergehend eine komplette Verunsicherung, breitflächig und verbunden mit massiv steigenden Energiekosten. Das hat auf der einen Seite zu einem enormen Schub beim Ausbau der Erneuerbaren sowie einer hohen Akzeptanz in der Bevölkerung bei diesem Thema und einem gesteigerten Bewusstsein, dass Energieeinsparung nicht von alleine passiert, sondern man etwas dafür tun muss. Auf der anderen Seite sind wir noch nicht ganz zufrieden mit der Abfederung der Energiekosten für die Unternehmen, denn die aktuelle Regelung bezieht sich im Wesentlichen auf die Großverbraucher – da sind wir dran, dass die Regelung breiter wird und es einen Gas- bzw. Strompreisdeckel auch für KMU gibt oder eben eine entsprechende Unterstützung. Die Produktteuerung hat 2022 massiv zugelegt und wird uns auch noch in 2023 begleiten, zusätzlich ist eine allgemeine Teuerung, getrieben von den Energiepreisen dazugekommen. Und wir haben auch gesehen, dass es nach fantastischen Jahren 2020 und 2021 heuer eine entsprechende Abkühlung gegeben hat, ebenso ganz deutlich bei TV sowie bei etlichen anderen Produkten, wo es aufgrund des Cocoonings einen regelrechten Boom gab.
Was wird uns 2023 weiter begleiten?
Pfarrwaller: Zunächst natürlich die Inflation, das Thema Energiepreise – hier ist nicht sicher, dass wir den Zenit schon überschritten haben. Zudem sehen wir uns weiter mit einer gewissen Dämpfung der Nachfrage konfrontiert, vor allem aufgrund der Situation bei den Banken – Stichwort schwierige Kreditbedingungen – sowie der schon heuer entsprechend unter Druck geratenen Kaufkraft als der gestiegenen Lebenshaltungskosten. Wir dürfen auch die Verwerfungen der Lieferketten nicht außer Acht lassen, denn wir sind noch nicht durch bei den Halbleitern und bei den smarten Komponenten – wir wissen hier ja um die Abhängigkeit Europas von Asien. Was sicher bleibt ist also die Unsicherheit. Auf der anderen Seite wird es unweigerlich zu einem Ausbau der Erneuerbaren sowie der E-Mobilität kommen und die generelle Elektrifizierung wird ebenfalls voranschreiten – und damit ist durchaus auch ein interessantes Umfeld für den Elektrohandel und natürlich für die Elektrotechnik gegeben.
Welche Maßnahmen kann man Inflation, Energiekosten, etc. entgegensetzen?
Pfarrwaller: Um dem entgegenzuwirken wollen wir eine Entlastung des Handels, indem man Gebühren vom Handel wegbekommt, die mit dem Handel bzw. dessen Produkten nichts zu tun haben. Beispielsweise die Urheberrechtsabgabe, zu der wir eine Studie gemacht haben, die zu folgendem Schluss kommt: „Speichermedien und Drucker sind durch die Abgaben in Österreich teurer als bei ausländischen Anbietern. Das bedeutet gerade in einer Zeit, in der die Endkunden ihren Konsum zurückfahren und verstärkt Preise vergleichen, einen massiven Wettbewerbsnachteil des heimischen Handels.” Und damit einhergehend natürlich auch einen Reputationsschaden, denn es ist den Kunden in Österreich ja nicht bewusst, dass sie hier beim Kauf eines betroffenen Produkts URA, KSVF etc, zahlen. Die Künstler haben ja ein Anrecht auf ihr Einkommen, aber der Markt und die Umgebung ändern sich, und gerade um dieses abzusichern brauchen wir ein neues Modell für die Zukunft. Wir zeigen – abgesehen vom Wettbewerbsnachteil für den Händler auf der Geräteachse – eigentlich nur auf, dass es auch ein latentes Problem mit der Finanzierung der Künstler geben wird. Und noch einmal die Gebühren auf die Geräte zu erhöhen ist dafür keine Lösung!
Wie soll das konkret funktionieren?
Pfarrwaller: Indem wir das Thema verstärkt dorthin spielen, wo es hin gehört: zu den Behörden, die diese Regelungen erlassen haben. Die sollen sich auch für die Zukunft etwas anderes überlegen. Wir haben dazu natürlich unsere Vorstellungen sowie Vorschläge und führen regelmäßig Gespräche
Mit welchen Veranstaltungen, Workshops, bzw. Schulungsangeboten wird das Bundesgremium den Elektrohandel 2023 unterstützen?
Dvorak: Wir führen unsere Erfolgsformate fort: Einerseits die Webinarreihe für Lehrlinge, andererseits haben wir im Herbst eine Social Media-Reihe für den EFH gestartet, die reges Interesse geweckt hat. Daran anknüpfend bieten wir im 1. Halbjahr 2023 vier vertiefende Workshops, die sich in jeweils eineinhalb Stunden speziell mit LinkedIn, Facebook, Videoformaten und Instagram befassen. Mit unserem neuen LinkedIn-Kanal gehen wir als Bundesgremium hier auch mit gutem Beispiel voran. Es ist uns sehr wichtig, dass wir am Puls der Zeit sind und haben auch schon viele positive Rückmeldungen bekommen – daher werden wir in Zukunft vermehrt über diesen Kanal kommunizieren.
Pfarrwaller: Wir sollten auch nicht aus den Augen verlieren, dass es 2023 wieder eine Ausphasung konventioneller Lichtquellen geben wird, die wir ebenfalls begleiten werden – u.a. Kompaktleuchtstofflampen, T5 und T8 Leuchtstofflampen, Hochvolt- und Niedervolt-Halogenlampen. Das ist ein riesiges Volumen – wir sprechen von ein paar Millionen Stück allein in Österreich – die sich einfach Plug&Play auf moderne, energiesparende LED-Leuchtmittel austauschen lassen. Dieses Thema wird 2023 auch in unserer Kommunikation eine Rolle spielen und den Elektrohandel positiv beschäftigen, da sich hier eine gewaltige Geschäftsmöglichkeit auftut, mit der sich gleichzeitig noch Energie einsparen und durch die längere Lebensdauer der LED-Produkte sogar Elektroschrott vermeiden lässt.
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