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Dienstag, 23. April 2024
Gedanken zur kostenlosen Meisterprüfung und zu weiteren Maßnahmen

Die Macher von morgen

Über den Rand | Wolfgang Schalko | 26.03.2023 | Bilder | |  Meinung
(© www.helenesouza.com / pixelio.de) „Was nix kost' ist nix wert” sagt der Volksmund – und liegt damit oftmals richtig. Bezogen auf die Kosten für Meister- und Befähigungsprüfungen gilt aber wohl eher, dass eine Streichung deren (gesamtgesellschaftlichen) Wert sogar steigern könnte – wenn dadurch mehr Menschen dieses Qualifikationslevel erreichen und somit dem Fachkräftemangel entgegengewirkt wird. Ausgerechnet zwei HAK-Schüler lieferten mit ihrer Diplomarbeit einen Denkanstoß, was ein nächster (oder übernächster) Schritt sein könnte.

Kürzlich ließen Bundeskanzler Nehammer mit der Ankündigung sowie Arbeitsminister Kocher mit der angestrebten Umsetzung von kostenlosen Meister- und Befähigungsprüfungen aufhorchen. Rund 4.800 Personen absolvieren in Österreich pro Jahr eine Meister- bzw. Befähigungsprüfung, die als Qualifikationsnachweis für die selbständige gewerbliche Berufsausübung dient und Fachkräfte befähigt, einen Betrieb zu führen sowie Lehrlinge auszubilden.

Der Besuch von vorbereitenden Kursmaßnahmen für eine Meister- oder Befähigungsprüfung ist nicht verpflichtend. Angeboten werden diese von privatrechtliche Institutionen wie zB WiFi und bfi und sind oftmals mit hohen Kosten im vier- bzw. fünfstelligen Bereich verbunden. Laut Wirtschaftsministerium belaufen sich beispielsweise die Kosten für die Befähigungsprüfung zum Baumeister auf 11.450 Euro zuzüglich 1.906 Euro Prüfungsgebühr – somit auf Gesamtkosten von 13.356 Euro. Die Meisterprüfung für Elektrotechniker kommt insgesamt auf 6.281 Euro, jene für Frisöre auf 2.918 Euro. Für diese Kosten gibt es aktuell zwar einzelne Länderförderungen, aber keine bundesweite Unterstützung. Genau das soll sich nun ändern: Genau wie bei einem Studium soll auch die Prüfung zum Meister kostenlos sein – mit dem erklärten Ziel, die duale Ausbildung noch attraktiver machen.

Dass diese Bestrebungen bei Renate Scheichelbauer-Schuster, Obfrau der Bundessparte Gewerbe und Handwerk, ebenso wie bei Mario Derntl, Geschäftsführer der Lehrlingsinitiative zukunft.lehre.österreich. (z.l.ö.), volle Zustimmung finden, liegt auf der Hand – und ist natürlich gerechtfertigt, keine Frage.

Dennoch kann meines Erachtens eine solche Maßnahme nur ein bescheidener Beitrag dazu sein, die Qualifikation (und damit die Qualität) der heimischen Arbeitskräfte zu heben. Und damit meine ich jetzt nicht den Ansatz, dass ein (sehr?) großer Teil derer, die Meister ihres Faches werden wollten, dieses Vorhaben trotz der damit verbundenen Kosten auch schon bisher in Angriff genommen hat – mit der Aussicht, dass sich dieses Investment in weiterer Folge mehr als bezahlt machen würde. Ich möchte auf zwei andere Aspekte eingehen.

Erstens die Ausbildungspflicht, die seit dem Jahr 2017 alle Jugendlichen bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres betrifft, die die allgemeine Schulpflicht erfüllt haben. Die Ausbildungspflicht kann auf verschiedene Arten erfüllt werden, vom Besuch einer weiterführenden Schule über eine Lehr- oder Berufsausbildung bis hin zur Teilnahme an arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen. Hier kann die Aussicht auf eine kostenlose Meisterprüfung sicher einen zusätzlichen Ansporn darstellen, sich entsprechend ins Zeug zu legen. Dass der Weg auf die Stufe 6 des nationalen Qualifikationsrahmens (dort ist die Meisterprüfung ebenso wie der Bachelorabschluss eingeordnet) aus externer Sicht allerdings in völlig verschiedenen Bahnen verläuft, schreit förmlich nach einer Diskussion: Da der Schüler/Student, der seine Ausbildung kostenlos (da von der Allgemeinheit finanziert) erhält, dafür zwar nicht finanziell entschädigt wird, aber dessen erbrachte Leistungen auch oftmals ungenutzt bleiben. Dort der Lehrling/Geselle, für dessen Ausbildung der Lehrherr aufkommt – und dafür auch entsprechende Arbeitsleistungen erwarten darf. Die Frage, ob dieses System „fair” ist, wird nicht erst seit heute, aber jetzt gerade wieder vermehrt gestellt – zumal den eingangs erwähnten Meistern ja das Ausbilden weiterer Lehrlinge (und damit potenzieller Meister) schmackhaft gemacht werden sollte.

Zweitens das Bedingungslose Grundeinkommen (BGE), zu dem zwei HAK-Schüler im Rahmen ihrer Diplomarbeit etwas Erstaunliches zutage förderten: Das BGE macht Mut zum Unternehmertum. Mir persönlich ist die Idee des BGE ja ohnehin durchaus sympathisch, weil ich dieses für eine sehr gute Möglichkeit halte, einen sozialen Mindeststand zu sichern, ohne damit zu stigmatisieren und gleichzeitig auch nicht den Anreiz für persönliche Leistungsbereitschaft zu schmälern. Zurück zu den beiden HAK-Diplomanden: Diese befragten 656 OberstufenschülerInnen in Wien und Niederösterreich (nicht repräsentativ, aber dennoch bemerkenswert) und wollten u.a. wissen „Wie wahrscheinlich wirst du unter einem BGE deine Ziele für die Zukunft erreichen?“. 68% der Befragten waren überzeugt, dass sie mit einem BGE „sicher“ oder „wahrscheinlich“ darin erfolgreich sein werden. Die angesprochenen Ziele waren: für 63% „größtmögliche Unabhängigkeit“, fast 40% würden mit einem BGE ihr Hobby zum Beruf machen und knapp 33% würden mit einem BGE eher eine Unternehmensgründung wagen. Gefragt wurde auch nach einer möglichen Veränderung der Arbeitsmoral nach Einführung eines BGE: Demnach würde die überwiegende Mehrheit unter einem BGE mehr oder gleich viel arbeiten – jedoch glaubt diese zugleich, dass andere weniger arbeiten würden. Irgendwie erheiternd, dass sich das gemeinhin vermutlich am häufigsten geäußerte Gegenargument vom „Lotterleben der anderen in der sozialen Händematte” unter diesen Umständen quasi von selbst beseitigt. Wirklich erbaulich ist für mich – gerade als dreifacher Vater – in diesem Zusammenhang aber, dass ein BGE offensichtlich dazu ermutigen würde, das beruflich zu tun, was man gern macht (und meistens auch gut), und dabei den Schritt in die Selbständigkeit eher in Betracht kommen lässt. Auch das schreit förmlich nach einer Diskussion…

Bilder
(© www.helenesouza.com / pixelio.de)
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