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Freitag, 19. April 2024
Musterprozess der AKM gegen Canal+

EuGH bestätigt Sendestaat-Prinzip für Satellitenbouquetanbieters

Multimedia | Wolfgang Schalko | 09.06.2023 | |  Wissen
Nach Ansicht der Verwertungsgesellschaft AKM müsse ein Satellitenbouquetanbieter in jedem Empfangsstaat über eine (zusätzliche) Zustimmung der Rechteinhaber verfügen. Canal+ hingegen berief sich auf das sog. Sendestaat-Prinzip, wonach die Rechte sind nur in jenem Land zu klären sind, in dem der Uplink erfolgt. Der OGH hatte den Fall an den EuGH weitergereicht, der nun eine Entscheidung traf, die europaweite Bedeutung hat.

Beim Satellitenfernsehen findet der Uplink häufig in einem anderen EU-Mitgliedsstaat statt als der tatsächliche Empfang der Sendungen – so kann es vorkommen, dass das Signal in Belgien zum Satelliten übermittelt wird, aber Fernsehzuseher in Österreich dieses letztendlich empfangen. Insbesondere bei Pay-TV kommt dazu noch die Tätigkeit von Satellitenbouquetanbietern, die Programme verschiedener Sendeunternehmen bündeln und sie Endkunden als Programmpaket („Satellitenbouquet“) zur Verfügung stellen. Die Einspeisung des programmtragenden Signals erfolgt dabei nach wie vor durch das Sendeunternehmen. Die Programme werden aber mit einem Code verschlüsselt und müssen vor der Nutzung decodiert werden. Der Satellitenbouquetanbieter stellt seinen zahlenden Kunden mit Zustimmung der Sendeunternehmen entsprechende Zugangsschlüssel zur Verfügung, um das Programm sehen zu können.

Die österreichische Verwertungsgesellschaft AKM hat in einem Musterverfahren Klage gegen Canal+ als einen solchen Satellitenbouquetanbieter erhoben: Die AKM nimmt in Österreich die Rechte an Werken der Tonkunst (also Musikstücken) wahr, die Bestandteil der gesendeten Fernsehprogramme sind. Nach Ansicht der AKM muss ein Satellitenbouquetanbieter in jedem Empfangsstaat über eine (zusätzliche) Zustimmung der Rechteinhaber verfügen, um die von ihm vorgenommene Tätigkeit ausführen zu dürfen. Anderenfalls verletze er im Empfangsstaat Österreich die Rechte der AKM.

Seitens Canal+ wurde jedoch die Auffassung vertreten, dass das sogenannte Sendestaat-Prinzip gilt: Die Rechte sind nur in jenem Land zu klären, in dem der Uplink vorgenommen wird. Da dies im vorliegenden Fall immer außerhalb Österreichs ist, scheide eine Rechtsverletzung im Inland aus. Die AKM kann daher weder eine zusätzliche Rechteeinräumung für Österreich verlangen noch ist sie dazu berufen, etwaig fehlerhafte Lizensierungen im Uplink Staat zu verfolgen. Das würde sonst nämlich der vom Gesetzgeber intendierten gebündelten Rechtewahrnehmung in einem Mitgliedsstaat widersprechen.

Die erste und zweite Instanz im nationalen Rechtsstreit hatte die Argumentation von Canal+ noch abgelehnt; der OGH hat die Frage dem Europäischen Gerichtshof zur Entscheidung vorgelegt. Dieser bestätigte nun die Rechtsansicht, dass ein Satellitenbouquetanbieter nicht verpflichtet ist, für eine Satellitensendung, an der er mitwirkt, die Zustimmung der Rechteinhaber auch im Empfängerstaat einzuholen: Sowohl die direkte als auch die indirekte Übertragung von Fernsehprogrammen über Satellit sei nämlich als einheitliche öffentliche Wiedergabe zu beurteilen. Auf diese einheitliche öffentliche Wiedergabe sei das Sendestaat-Prinzip anzuwenden. Für die gesamte Wiedergabe gelte daher nur das Recht des Sendemitgliedstaats. Sowohl Sendeunternehmen als auch Satellitenbouquetanbieter haben daher eine allenfalls erforderliche Zustimmung der Rechteinhaber nur im Sendestaat einzuholen. Es liefe dem Vereinheitlichungsgedanken der Richtlinie zuwider, wenn ein Satellitenbouquetanbieter auch in anderen Mitgliedstaaten Rechteeinräumungen benötigen würde. Dies stützt die Rechtsansicht des Satellitenbouquetanbieters, im Empfangsstaat Österreich nicht zur Haftung herangezogen werden zu können.

Laut der DORDA Rechtsanwälte GmbH, die Canal+ in diesen Verfahren vertrat, hat die Entscheidung große, europaweite Bedeutung: Damit sei sichergestellt, dass eine effiziente, zentrale Rechteeinräumung in einem Mitgliedsstaat möglich ist und es zu keiner Rechtszersplitterung kommt. Im nächsten Schritt habe nun der OGH auf dieser Basis im nationalen Verfahren zu entscheiden.

RA Axel Anderl erklärte: „Der EuGH bestätigt die Geltung des Sendestaat-Prinzips bei grenzüberschreitenden Satellitensendungen nun auch für die Tätigkeit eines Satellitenbouquetanbieters. Der Bouquetanbieter hat die Rechte für seine Teilnahme an der Satellitensendung des Sendeunternehmens daher nur im Sendestaat zu klären und kann im Empfängerstaat nicht haftbar gemacht werden. Das bringt Klarheit und Rechtssicherheit für die gesamte Branche in Europa.“

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