Besuchen Sie uns auf LinkedIn
Samstag, 19. Juli 2025
„Handel profitiert"

Trefelik: „Ende des Online-Shopping-Booms in der EU“

Hintergrund | Julia Jamy | 14.06.2023 | |  
In Österreich nützen 66 Prozent der Konsumenten die Möglichkeit des Online-Shoppings. In Österreich nützen 66 Prozent der Konsumenten die Möglichkeit des Online-Shoppings. (© Pixabay) Der Online-Shopping-Boom scheint vorbei zu sein. Wie aktuelle Studien der Johannes Kepler Universität Linz (JKU) und der KMU Forschung Austria zeigen, sind die Online-Anteile am Gesamtumsatz des Einzelhandels sowohl in Österreich als auch in der EU rückläufig. „Beide Analysen kommen zu dem Schluss, dass das Pendel wieder mehr in Richtung stationärer Handel schlägt. Das beinhaltet große Chancen für die Ladengeschäfte, wobei am besten diejenigen fahren, die online und offline geschickt verknüpfen“, so Handelsobmann Rainer Trefelik.

Laut den beiden Studien kaufen EU-weit rund 68 Prozent der Konsumenten im Alter von 16 bis 74 Jahren zumindest gelegentlich online ein. In Österreich nützen 66 Prozent der Konsumenten die Möglichkeit des Online-Shoppings – damit ist der Anteil der Online-Shopper nach einem schwächeren Jahr 2021 wieder auf dem Niveau von 2020. „Dennoch liegt Österreich im internationalen Vergleich deutlich hinter den nordischen, aber auch hinter vielen anderen EU-Ländern zurück“, erklärt Ernst Gittenberger vom Institut für Handel, Absatz und Marketing (IHaM).

Paradoxe Entwicklung

„Fast paradox ist allerdings, dass trotz steigender Shopper-Zahlen die Online-Ausgaben gesunken sind“, sagt Christoph Teller, Vorstand des IHaM an der JKU. Das betreffe sowohl die EU-weiten Ausgaben als auch jene in Österreich: Im EU-27-Durchschnitt ist der Online-Anteil an den gesamten Einzelhandelsausgaben von 10,6 Prozent im Jahr 2021 auf 9,6 Prozent 2022 gesunken, in Österreich von 11,5 auf 10,4 Prozent. Davon habe vor allem der stationäre Handel profitiert. Denn die Online-Ausgaben sind in Österreich um 3 Prozent auf 8,6 Milliarden Euro zurückgegangen, offline wurden hingegen 73,9 Milliarden Euro ausgegeben, was einem nominellen Plus von 8 Prozent gegenüber 2021 entspricht.

In Summe gibt es laut Analyse der KMU Forschung Austria rund 12.000 Online-Shops in Österreich und 32 Prozent aller Einzelhändler verkaufen ihre Produkte entweder über eine eigene Online-Präsenz oder einen Online-Marktplatz. Sie haben 2022 Online-Umsätze von 5,5 Milliarden Euro erzielt, das entspricht gegenüber 2021 einer minimalen Steigerung (5,4 Mrd.). „Was rund zwei Drittel immer noch von einem digitalen Angebot abhält, sind vor allem organisatorische Hürden“, berichtet Wolfgang Ziniel von der KMU Forschung. So sagt die Hälfte der befragten Handelsunternehmen, die noch nicht online verkaufen, der Organisationsaufwand sei zu hoch, 40 Prozent halten ihr Produkt nicht für geeignet, es auch übers Internet anzubieten und mehr als jeder Fünfte gibt an, er  habe nicht genug Personal dafür.

Handel profitiert

In Summe zeigen die Ergebnisse der beiden Studien, dass „die Teuerungskrise zu höheren Offline- und sinkenden Online-Einnahmen führt und der Online-Handel in einer Phase des langsameren Wachstums angekommen ist“, so Iris Thalbauer, Geschäftsführerin und zugleich Online-Expertin der Bundessparte Handel. Das ändere aber nichts daran, dass Online im Einzelhandel nicht mehr wegzudenken ist. „Die Zukunft liegt wohl darin, online und offline entlang der gesamten Costumer Journey zu verbinden“, so Thalbauer.

In dieselbe Kerbe schlägt auch Trefelik. Für den Bundesspartenobmann beinhaltet diese immer wichtiger werdende Verknüpfung von Offline- und Online-Handel auch, dass „ein fairer Wettbewerb im In- und Ausland gewährleistet ist“. Hier sei durch die Abschaffung von Umsatzsteuer- und Zollfreigrenzen für Importe aus Drittstaaten EU-weit schon einiges geschehen oder zumindest in Planung. Wichtig sei aber auch das Thema Inflationsbekämpfung wirksam anzugehen und für eine Entkoppelung der Preisgestaltung von Strom und Gas zu sorgen.

Diesen Beitrag teilen
An einen Freund senden